FC-Mitglied Jörg Heyer„Nein sagen, wenn es sein muss“

Jörg Heyer (48), Rechtsanwalt, FC-Mitglied seit 1992
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Köln – Herr Heyer, was erwarten Sie von der Mitgliederversammlung?
Jörg Heyer: Ich erwarte einen ruhigen Verlauf, weil die formal wichtigste Frage, die Wahl des Vorstandes, völlig gesichert ist. Das Thema Mitgliederrat wird einen großen Raum einnehmen, denn es gibt 25 Kandidaten für 15 Plätze. Jeder darf sich zwei Minuten lang präsentieren. Ich erwarte, dass die Mitglieder mit der neuen Konstellation für dieses Gremium verantwortungsvoll umgehen. Dass sie aus dem breiten Personalangebot diejenigen auswählen, die den Vorstand auf Augenhöhe beraten können, aber auch bereit sind, aufzustehen, wenn es nötig ist.
Der Mitgliederrat, beziehungsweise das Wahlverfahren dafür, ist eine der wesentlichen Neuerungen in der Satzung. Auch Sie bewerben sich für einen Sitz. Welche Rolle kann dieses Gremium künftig spielen?
Heyer: Unsere Satzung war früher praktisch ein geschlossenes System. Wenn Du einmal im Vorstand warst, konntest Du gegen Deinen Willen eigentlich nicht mehr rausfliegen. Das ist jetzt anders. Das Hauptziel der Satzungsänderung war, dafür zu sorgen, dass das geschlossene System aufgebrochen wird, dass auch Mitglieder ohne den ausdrücklichen Willen des Vorstandes in so ein Gremium hineinkönnen. Jedes Mitglied, das 100 Unterstützer findet, kann zur Wahl in den Mitgliederrat antreten. Dieser schickt zwei Mitglieder in den Gemeinsamen Ausschuss, ein wichtiges Gremium, wo zum Beispiel über Transferfragen entschieden wird, wo die Musik spielt. Die neue Satzung gibt außerdem dem Verein die Chance, sich von einem Vorstand wieder zu lösen, wenn dieser seine Aufgaben nicht gut erfüllt. Davon kann im Moment keine Rede sein. Aber es kann ja wieder kommen. Und dann wäre es eine wesentliche Qualität, auch mal nein zu sagen, wenn nein gesagt werden muss.
Sie kommen aus der Initiative FC reloaded. Die hat sich zuletzt sehr moderat geäußert. Braucht der Klub keine Opposition mehr?
Heyer: Das vorrangige Ziel ist mit der neuen Satzung erreicht. Im Augenblick wird der Klub aus Sicht von FC reloaded, aber auch vieler anderer, gut geführt. Deswegen braucht es niemand, der irgend jemanden auf den Pfad der Tugend zwingt. Ich glaube aber, jeder Klub braucht Mitglieder, die sich eine kritische Meinung bilden und bereit sind, diese, wenn nötig, auch zu sagen.
Ist das nicht auch ein Beleg dafür, dass sportlicher Erfolg letztlich alle Brüche heilt?
Heyer: Nein. Ich denke, die Geschichte aus der Saison 2010/11 und 11/12 zeigt, dass das nicht so ist. 2010, als die Unruhe losging, stand der Klub sportlich schlecht da. Er hat sich dann 2011 mit der Serie von Heimsiegen unter Frank Schaefer befreit. Im Herbst 2011 standen wir unter Stale Solbakken zunächst im Mittelfeld der ersten Liga. Das ist ja für den FC eine Errungenschaft. Trotzdem war die Unzufriedenheit bei vielen Mitgliedern da. Und andersherum: Wenn es jetzt sportlich nicht mehr liefe, dann würde niemand sagen: Der Fisch stinkt vom Kopf. Ich denke schon, der Klub hat einen Reifeprozess durchlaufen.
Wie steht der Verein aus Ihrer Sicht unter dem Präsidium Werner Spinner da? Sportlich, finanziell, bei dem problematischen Teil der Fans?
Heyer: Sportlich sehr gut. Finanziell war und ist es besorgniserregend. Der Verein hat Verbindlichkeiten, die er sich mit dem, was er in der zweiten Liga erwirtschaften kann, nicht gut leisten kann. Aber die kritischen Situationen sind gut gemeistert worden. Das Präsidium hat den Riss im Verein zwischen der Opposition und jenen, die Wolfgang Overath die Treue gehalten haben, gut gemanagt. Und was die Ultras angeht: Der neue Vorstand hat direkt nach seinem Amtsantritt den Arbeitskreis Fankultur eingerichtet, und da wird erfolgreich gearbeitet. Es gab die Vorfälle in Trier, das war ein kleiner Rückfall. Aber den kann man nie ganz auschließen.
Berühren diese Fragen den Bereich des Mitgliederrats?
Heyer: Der Mitgliederrat soll auch eine Rolle spielen bei der rechtsstaatlichen Ausgestaltung der Stadionverbotsverfahren. Im Anschluss an die Wahl sollte es eine Initiative geben, dass man vor das Stadionverbot ein geordnetes Verfahren schaltet. Das Mindeste wäre doch, dass derjenige, dem etwas vorgeworfen wird, sich dazu äußern darf.
Das Gespräch führte Christian Oeynhausen