Kommentar zu Jonas HectorDer Held, der keiner sein wollte
- Bei der EM 2016 wurde Jonas Hector im Elfmeterschießen gegen Italien zum Helden.
- Noch als Abiturient spielte er in der Heimat, zum Profifußball musste er überredet werden.
- Seinen Rücktritt vollzog er zunächst außerhalb der öffentlichen Wahrnehmung, das passt zu Hector.
Köln – Wenn die Laufbahn eines Nationalspielers in einem Spiel zu erzählen ist, dann ist das im Fall von Jonas Hector das Viertelfinale der EM 2016 gegen Italien im wundervollen Stadion Matmut Atlantique von Bordeaux. Es war schon Nacht, als Hector nach 120 Minuten Abnutzungskampf im längsten Elfmeterschießen in der Geschichte der deutschen Elf den 18. und entscheidenden Versuch vom Punkt verwandelte. Gianluigi Buffon tauchte ins richtige Eck, der Ball war ziemlich fad geschossen, doch irgendwie trudelte er unter Italiens Torwartstolz hindurch, was Jonas Hector zum Helden machte. Buffon wirkte entsetzt. Und Hector irgendwie auch.
Sechs EM-Spiele 2016
Nach der Partie stand Hector mit tief in den Hosentaschen vergrabenen Händen am Mannschaftsbus, am liebsten hätte er sich wohl versteckt, doch er schuldete der Nation einen Bericht. Und selbstverständlich wurde er dann gefragt, ob er sich nicht ein bisschen mehr freuen könne. „Ich muss doch hier vor den Mikrofonen stehen. Es würde Ihnen ja nichts bringen, wenn ich jetzt hier rumspringe“, sagte er. Alle sechs Spiele bei der EM in Frankreich absolvierte Hector über die volle Distanz, im Halbfinale von Marseille war dann Schluss. Dennoch war die EM 2016 ein Erfolg.
Nur eine Einwechslung
43 Mal hat Hector für Deutschland gespielt, nur bei seinem Debüt am 14. November 2014 wurde der Mann, der beim FC die Rückennummer 14 trägt, eingewechselt. Nach seiner EM-Teilnahme 2016 gewann er mit der DFB-Auswahl den Confed Cup und nahm im Jahr darauf an der WM in Russland teil. Die wurde zwar zum Debakel, aber drei Turnierteilnahmen – das wäre auch ohne den Elfmeter von Bordeaux eine sehr herzeigbare Karriere für einen, der nie ein Leistungszentrum durchlief, bis in den Erwachsenenbereich für seinen Heimatverein im Saarland spielte und noch als Abiturient im Alter von 18 Jahren nicht davon ausging, je Profi werden zu wollen. Manchmal wirkt Jonas Hector, als habe er sich zu seiner eigenen Karriere überreden müssen – als sei das mit dem Fußball irgendwann außer Kontrolle geraten, immer weiter nach oben.
Die Zeit mit der Nationalelf ist nun zu Ende gegangen – zunächst unbemerkt, und es ist denkbar, dass Hector beim Bundestrainer hinterlegt hat, ihn einfach nicht mehr einzuladen. Sollten die Leute doch denken, er sei nicht mehr gut genug, damit hätte Hector gut leben können. Dabei hätte er der deutschen Elf noch helfen können – menschlich, aber auch sportlich.