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Kommentar

Kommentar zum Debakel in Leipzig
Der 1. FC Köln stellt sich die Glaubensfrage

Ein Kommentar von
Lesezeit 3 Minuten
Steffen Baumgart wird sein Engagement nicht herunterfahren, seine Mannschaft allerdings verzagte beim 0:6 in Leipzig.

Steffen Baumgart wird sein Engagement nicht herunterfahren, seine Mannschaft allerdings verzagte beim 0:6 in Leipzig.

Der 1. FC Köln steht vor einer Saison im unteren Tabellendrittel. Doch das heißt nicht, dass die Mannschaft auch absteigt.

In seinen ersten beiden Jahren mit dem 1. FC Köln ist es Steffen Baumgart immer wieder geglückt, auch gegen stärker besetzte Gegner Achtungserfolge zu landen. Die Auftritte gegen München, Leverkusen, Dortmund – auch gegen Leipzig: Immer wieder präsentierte sich Köln wettbewerbsfähig, landete überraschende Punkte, vertiefte den Glauben ans System.

Doch in dieser Saison scheinen die Kölner an die Grenzen ihrer Zuversicht zu geraten. Das zeigte sich schon in Leverkusen, als Baumgarts Mannschaft der Klasse der Werkself nichts entgegenzusetzen hatte. Am Samstagabend in Leipzig ging Köln dann dramatisch unter. RB spielte klug, löste auf Kölner Seite Fehler aus. Und hatte auch die Qualität, die sich ergebenden Situationen mit größter Präzision zu Ende zu spielen und Tore zu erzielen. Dass sich die Offensivkünstler dann in einen Rausch spielten, verdeutlichte den Eindruck noch. Das 0:6, darin waren sich alle einig in der Leipziger Arena, war ein schmeichelhaftes Resultat für die überforderten Gäste.

Der FC hat Substanz verloren, während die Topteams aufrüsten

Die schweren individuellen Fehler hätten gegen einen schwächeren Kontrahenten womöglich nicht derart unmittelbar in den Untergang geführt, und womöglich hätten die Kölner gegen eine weniger starke Mannschaft die Fehler erst gar nicht begangen. Grundsätzlich verfestigte sich aber die Erkenntnis aus dem Spiel in Leverkusen: Während sich die Top-Mannschaften der Liga weiter verstärkt haben, hat Köln Substanz verloren. Die Schere geht weiter auseinander, das zeigt schon der Blick auf die Tabelle: Bereits nach neun Spieltagen ist die obere Hälfte des Tableaus für die Klubs aus der unteren praktisch außer Reichweite. Eine Wende ist nicht vorstellbar.

FC-Geschäftsführer Christian Keller muss eine schwierige Phase moderieren. Seine Sommertransfers haben die Erwartungen noch nicht erfüllen können.

FC-Geschäftsführer Christian Keller muss eine schwierige Phase moderieren. Seine Sommertransfers haben die Erwartungen noch nicht erfüllen können.

Die Kölner Verantwortlichen scheuen zwar grundsätzlich die Qualitätsfrage. Doch trat in Leipzig deutlich zutage, dass der FC gegen die Topklubs der Branche derzeit nichts zu bestellen hat.

Das bedeutet bei weitem nicht, dass Baumgarts Mannschaft in dieser Saison nun zwingend absteigt oder am Dienstag auf dem Betzenberg sicher aus dem Pokal fliegt.

Allerdings geht von Auftritten wie dem in Leipzig die Gefahr aus, in eine Glaubenskrise zu stürzen. Die Mannschaft lebte bislang nicht nur von Baumgarts Fußball, sondern auch von ihrer Überzeugung, auf dem richtigen Weg zu sein. Diese Überzeugung ist schwer erschüttert.

Dass die Verantwortlichen am Samstag so deutlich die Mentalitätsfrage stellten, dokumentiert den Ernst der Lage. Der Trainer zeigte sich in Leipzig tief getroffen. Nach vier Punkten aus neun Spielen ist die Kölner Mannschaft ein fragiles Gebilde geworden, dem man nicht mal eben Mut und Überzeugung verordnen kann.

Aufbauarbeit ist gefragt, denn Köln steht nach dem Fehlstart weiter unter größtem Ergebnisdruck. Dass Christian Keller mitteilte, er sei überzeugt, dass das Trainerteam die Moral der Mannschaft wieder herstellen könne, bedeutete einen Vertrauensbeweis an Baumgart und seine Leute. Zeigte aber auch, wen der Sportchef nun in der Pflicht sieht.