Köln – Mehr Lametta war nie in Müngersdorf, das stand bereits fest, als die Mannschaften am Donnerstagabend ins Rhein-Energie-Stadion einliefen. Der Großteil der 46 000 Zuschauer war der Aufforderung gefolgt, in Rot zum Spiel zu kommen. Wer nichts Passendes gefunden hatte, für den hielt die Kölner Fanszene am Stadion Shirts mit dem Aufdruck „Europa auffressen“ bereit, was das Motto sein soll für die anstehenden Reisen – und auch als glitzernde Choreografie auf der Südtribüne auftauchte.
Zwischen Köln und eine Europa-Tournee hat die Uefa allerdings die Playoffs gestellt. Eine direkte Qualifikation für die Conference League ist nicht möglich, der FC muss sich in Hin- und Rückspiel gegen den ungarischen Spitzenklub Fehervar FC durchsetzen. Und nach dem Hinspiel sind die Träume zwar nicht ausgeträumt. Doch wachten die FC-Fans am Freitag mit Sorgen auf. 1:2 (1:2) verloren die Kölner, die durch Florian Dietz (14.) früh geführt hatten, dann aber nach einer Roten Karte gegen Jeff Chabot 70 Minuten in Unterzahl spielen mussten.
Die Gegentreffer durch Zivzivadze (32.) und Palko Dardai (40.) noch vor der Pause konnte der FC vor 44 000 Zuschauern nicht mehr ausgleichen. Am kommenden Donnerstag im Rückspiel in Ungarn werden die Kölner einen schweren Stand haben. Immerhin werden sie mit zehn Feldspielern beginnen.
Thomas Kessler blieb zuversichtlich. „Die Rote Karte hat uns rausgebracht, dann wurden wir zweimal bitter bestraft. Es war kein gutes Spiel. Aber es ist erst Halbzeit. Ich bin guter Dinge, dass wir das Spiel in Ungarn noch drehen können.“
Baumgart wechselt in der Defensive
Steffen Baumgart hatte nach dem 2:2 in Leipzig drei Änderungen an seinem Kader vorgenommen. Chabot, Schmitz und Pedersen begannen für Kilian, Ehizibue und Martel. Pedersen begann auf der linken Abwehrseite, was Jonas Hector die Möglichkeit gab, gegen einen defensiv erwarteten Gegner im Mittelfeld gestalterisch tätig zu werden. In der Innenverteidigung ersetzte Jeff Chabot seinen Kollegen Luca Kilian, der gegen die schnellen Leipziger Angreifer den Vorzug erhalten und eigentlich überzeugt hatte. Rechts begann Schmitz für Ehizibue.
Fehervar begann tatsächlich defensiv; wenn Köln am Ball war, verteidigten die Ungarn zu fünft auf einer Linie. Der FC tastete sich langsam vor, probierte es mit den üblichen Flanken und hatte durch Ljubicic eine frühe erste Kopfballchance. Knapp eine Viertelstunde war gespielt, als Köln in Führung ging. Ljubicic passte steil auf Dietz, der im rechten Moment startete, aber auch davon profitierte, Shabanov eine verfrühte Verzweiflungsgrätsche zeigte. Der 24-Jährige, mit der Empfehlung von einem Tor in 46 Drittligaspielen in die Bundesliga gekommen und bereits am vergangenen Samstag in Leipzig erfolgreich, steuerte frei auf das Tor der Gäste zu, hob den Blick und versenkte kühl zum 1:0.
Die Party schien den erwarteten Lauf zu nehmen. Doch es dauerte nur Minuten bis zum Dämpfer: Nach einem langen Ball aus dem Strafraum der Ungarn sah sich Jeff Chabot plötzlich zwei Gegnern gegenüber und entschied sich, Palko Dardai rüde von den Beinen zu holen. Schiedsrichter Lopes Martins aus Portugal wertete die Aktion als Notbremse, was eine korrekte Entscheidung war, obwohl mit viel Fantasie der mitgesprintete Ellyes Skhiri vielleicht noch Chancen auf den Ball gehabt hätte. Köln stellte um, Pedersen rückte ins Zentrum, Hector übernahm die linke Abwehrseite. Die Struktur war erschüttert. In der 31. Minute vergab Funsho Bamgboye noch kläglich vor Schwäbe. Eine Minute später zog Loic Nego an Hector vorbei und flankte in den Strafraum, wo sich Zivzivadze gegen Timo Hübers durchsetzte und zum Ausgleich traf.
Der FC versuchte, sich ins Spiel zu kämpfen, doch Überzahl und Ausgleich gaben dem Gegner einen gewaltigen Schub. Als Köln in der 40. Minute das Zentrum weit öffnete, spielte Zivzivadze einen perfekt temperierten Ball in Dardais Lauf. Der Ex-Herthaner fasste allen frisch gefassten Mut zusammen und jagte den Ball mit links ins Tor, Schwäbe hatte keine Chance gegen Dardais Geschoss.
Ohne Zugriff in Unterzahl
Köln war in Schwierigkeiten, auch in der zweiten Hälfte. Mit neun Feldspielern funktionierte das Pressing nicht, zudem spielte der Gegner extrem hart – und mit jeder Minute mehr auf Zeit. Auf beides fand das Schiedsrichtergespann keine Antwort. Steffen Baumgart sah die Gelbe Karte, die Stimmung lag nun zwischen erster Pokalrunde und Relegationsspiel: Der vermeintliche Außenseiter führte, viel stand auf dem Spiel. Und Köln verzweifelte.Als der eingewechselte Linton Maina in der 70. Minute nach Hectors feinem Zuspiel den Pfosten traf, kam die Kulisse. Offensiv fand Fehervar nun offensiv nicht mehr statt, stemmte sich aber mit allen Mitteln gegen den in Unterzahl anrennenden Bundesligisten. Die Empörung auf den Rängen wuchs, beim Schlusspfiff ging ein Pfeifkonzert über Müngersdorf nieder. Die Kölner Rückkehr nach Europa, sie ist mit einem empfindlichen Dämpfer gestartet.