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Trainer hört im Sommer aufWird Baumgart Teil des Kölner Projekts?

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Steffen Baumgart steht für bedingungslosen Angriffsfußball. 

Köln – Der SC Paderborn hat einen schmerzhaften Donnerstag erlebt. Steffen Baumgart, innerhalb von vier Jahren zur Vereinslegende der Ostwestfalen aufgestiegen und anerkannt für intensiven und emotionalen Fußball, wird seine Arbeit beim SCP nicht über diese Saison hinaus fortsetzen. In den vergangenen Wochen hatte Baumgart mehrere Angebote zur Verlängerung seines Vertrags abgelehnt, in dieser Woche hatte der „Kölner Stadt-Anzeiger“ zudem öffentlich gemacht, dass der 1. FC Köln Informationen über den 49-Jährigen Trainer eingeholt hat, um Alternativen vorzubereiten, sollte man nicht mit Markus Gisdol in die nächste Saison gehen.

„Unglaublich spannende Zeit“

Am Donnerstag dann die Bekanntgabe: „Ich hatte und habe in Paderborn eine unglaublich spannende und intensive Zeit. In den vergangenen Wochen bin ich zu dem Schluss gekommen, dass es Zeit ist für eine Veränderung“, teilte der gebürtige Rostocker mit. Er werde sich „voll auf die Endphase der laufenden Saison“ konzentrieren, ließ Baumgart weiter wissen, und wer den ehemaligen Stürmer einmal bei der Arbeit gesehen hat, der dürfte keinen Zweifel daran haben, dass es ungebremst weitergehen wird bis zum letzten Abpfiff.

Durchmarsch bis in die Bundesliga

Baumgart übernahm die Paderborner im April 2017, damals konnte er den sportlichen Absturz jedoch nicht mehr stoppen. Dem Abstieg in die Regionalliga entging der SCP nur, weil 1860 München als Zweitliga-Absteiger keine Lizenz für die Dritte Liga erhielt. In der Folgesaison schafften Baumgart und die Paderborner den direkten Aufstieg in die Zweite Liga und stellten dabei mit 90 Treffern einen Torrekord auf.

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In der Zweiten Liga traf Baumgart dann auf den abgestiegenen 1. FC Köln mit dem damaligen Trainer Markus Anfang, ebenfalls ein Mann mit großem Offensivdrang. Es wurde interessant. Der FC und Paderborn lieferten sich zwei denkwürdige Partien: Erst schlug Paderborn die Kölner in Müngersdorf 5:2, auch das Rückspiel gewannen die Westfalen, 3:2. Und weil man es offenbar nicht darauf beruhen lassen konnte, verabredeten sich Köln und Paderborn wenige Wochen später noch zu einem Testspiel – wieder gewann Baumgart, erneut hieß es 5:3.

Im Mai stiegen Köln und Paderborn gemeinsam auf, Baumgarts Durchmarsch vom sportlichen Absteiger aus der Dritten zum Aufsteiger in die Erste Liga gilt als eine der größten Taten der jüngeren Bundesligageschichte.

Überforderte Mannschaft

Am 2. Spieltag der folgenden Bundesligasaison sah Baumgart als erster Trainer in der Bundesliga nach Neueinführung der Regelung eine Gelbe Karte, ein verdienter Eintrag in die Geschichtsbücher für den knorrigen Trainer, der selten schweigt, wenn ihm etwas nicht passt. Nach dem Aufstieg mit 76 Treffern stieg Paderborn ein Jahr später mit 74 Gegentoren ab – Baumgarts Stil hatte der Liga zwar einige interessante Schlachten beschert, seine Mannschaft jedoch zeitweise überfordert. Ähnlich war es den Kölnern ergangen, die mit ungleich größeren Möglichkeiten bereits im Aufstiegsjahr derart unausgewogen zu Werke gegangen waren, dass man Markus Anfang nach dem 31. Spieltag auf Platz eins stehend freigestellt hatte. Das Kölner Interesse an Baumgart hat einen gewissen Charme. Es wäre interessant zu sehen, was er mit den Mitteln eines Großvereins anzufangen wüsste. Paderborn stieg damals mit Personalkosten von rund 13 Millionen Euro auf, die Kölner gaben für ihren Kader 31 Millionen aus.

„Glauben fest an den Klassenerhalt“

Am Sonntag (18 Uhr) hat der FC im Heimspiel gegen Mainz 05 zwar alle Möglichkeiten, die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Abstiegs deutlich zu reduzieren. Dennoch planen die Kölner auch für den Fall eines Abstiegs, und dann wäre der FC in der Lage, die sofortige Rückkehr in die Bundesliga als Ziel auszugeben. „Unsere Struktur ist so, dass wir die Umsatzverluste insbesondere durch gute Vertragsgestaltung unserer Lizenzspieler auffangen würden. Wir könnten mit der klaren Zielsetzung in die Zweite Liga gehen, mit einem starken Kader direkt den Wiederaufstieg anzustreben. Wir glauben weiterhin fest an den Klassenerhalt, sind aber auf alles vorbereitet“, sagt FC-Geschäftsführer Alexander Wehrle. Was die Kölner allerdings in den Folgejahren selbst nach einer Rückkehr erheblich treffen würde, wären die dann sinkenden TV-Einnahmen. Im Frühjahr 2018 stiegen die Kölner auf dem neunten Platz des TV-Rankings ab. Als sie nur ein Jahr später zurückkehrten, waren sie nur noch 15., allein das kostete die Kölner damals 15 Millionen Euro Substanz, die sie ausgleichen mussten, indem sie einen Teil ihres Eigenkapitals investierten – was zwar im Ergebnis und nach Wintertransfers tatsächlich den Klassenerhalt brachte. Wegen der Folgen der Corona-Krise nun aber dazu führt, dass die Kölner wohl auf Transfer-Erlöse angewiesen sein werden.