Verteidiger rettete Köln in die RelegationBornauws Tor ins Glück
Köln – Spätestens bei der Ankunft am Stadion hatte Sebastiaan Bornauw ein Gefühl dafür entwickelt, wie sich dieser Samstag in Müngersdorf entwickeln würde. „Wenn da 10.000 Fans stehen, musst du zum Krieg gehen“, sagte der Belgier nach dem 1:0-Sieg des 1. FC Köln über Schalke 04, mit dem die Kölner im letzten Spiel der Saison noch das Ticket für die Relegation gelöst hatten. Durch einen Treffer Bornauws, erzielt per Kopf in der 86. Spielminute.
Bornauw hat eine Geschichte als Torjäger, seine Jugend verbrachte er als Mittelstürmer, erst als Profi wurde er zum Verteidiger. Doch seine Qualitäten vor dem Tor behielt er, er kommt nur nicht mehr so oft im gegnerischen Strafraum vorbei. „Ich mache noch immer gern Tore, aber ich bin lieber Innenverteidiger. Aus der Abwehr hat man die bessere Übersicht und kann Kommandos geben“, sagt Bornauw.
Starke erste Saison in Köln
In seiner Auftaktsaison mit dem FC erzielte er in 24 Spielen sechs Tore. Nun, in seinem zweiten Kölner Jahr, brach die Quote zusammen: Der 22-Jährige fand schwer in die Saison, mehrmals thematisierte Trainer Markus Gisdol die durchwachsene Vorbereitung des Verteidigers. Bornauw trug außerdem ein Geheimnis durch die erste Saisonhälfte: Rückenschmerzen. Als Tabletten nicht mehr halfen, entschied sich Bornauw zur Operation, sein letztes Spiel absolvierte er Ende Januar, erst zweieinhalb Monate später sollte er zurückkehren: Ein gutartiger Tumor hatte die Schmerzen verursacht, ein harmloser Eingriff eigentlich. Doch Bornauw reagierte allergisch auf die Narkose, das berichtete er später in einer Folge der Kölner Vereins-Dokumentation. „Die Ärzte mussten mich für 24 Stunden in ein künstliches Koma versetzen. Vor 20 Jahren wäre ich daran zu 90 Prozent gestorben“, berichtete Bornauw. Seine Körpertemperatur sei damals um ein Grad pro Minute gestiegen: „Wenn man nicht sofort reagiert hätte, wäre ich explodiert.“
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Erst zur Partie gegen Mainz kehrte Bornauw in die Kölner Mannschaft zurück, eingewechselt in der 78. Minute. Die Partie endete 2:3, Markus Gisdol war Geschichte beim 1. FC Köln. Es war relativ klar, dass ein Trainer wie Friedhelm Funkel auf einen Verteidiger wie Bornauw setzen würde, schon allein wegen der Zuverlässigkeit des jungen Belgiers. Zumal Bornauw seinem Trainer am Samstag eine letzte taktische Option gab. „Ich habe ihn nach vorn beordert, weil ich seine Stärke kenne. Dass das belohnt worden ist, freut mich. Aber er selbst war natürlich am glücklichsten“, sagte der Trainer nach der Partie.
In der 86. Minute hatte der am Samstag überragend auftretende Jonas Hector einen Ball aus dem Gewühl auf den Flügel zu Jan Thielmann gespielt, dessen Flanke Bornauw zum 1:0 ins Tor geköpft hatte. „Mein Ball, mein Ball“, hatte der Belgier gebrüllt, als die Flanke in seine Richtung geflogen war, dabei war weit und breit niemand, der ihn hätte stören können – auch kein Schalker.
Anderssons Treffer annulliert
Der Treffer zählte, es war Bornauws erstes Saisontor im letzten Spiel, er hatte es sich gut eingeteilt. Zuvor war Anderssons vermeintliches 1:0 zwar regelkonform, aber extrem kleinlich annulliert worden. Doch angesichts der sich abspielenden Dramen im Abstiegskampf dieser Saison gab es keinen Spielraum. Hätte eine nicht hundertprozentige Auslegung der Regeln den Abstieg entschieden, wäre der Protest in Bremen berechtigter gewesen als das Klagen aus Köln, hätte Bornauw nicht doch noch getroffen.
Für die Kölner war es dennoch bitter, doch erholte sich die Mannschaft vom Rückschlag in der 71. Minute, selbst wenn es bis kurz vor Schluss dauerte. „Die Mannschaft hatte die Nerven im Griff, hat immer an sich geglaubt. Das gibt einen weiteren Schub“, kommentierte Friedhelm Funkel.
Der nervliche Zustand des 1. FC Köln darf also als intakt gelten, Bornauw bestätigte das zum Ende der zwölftägigen Isolation mit der Mannschaft. „Wir haben gut gearbeitet, uns aber nicht zu viel Stress gemacht“, beschrieb er die Tage im einsamen Bensberger Schlosshotel, aus dem die Mannschaft am Samstag auszog. Am Montagnachmittag steht das nächste Training an, den Sonntag gab Funkel der Mannschaft frei. „Wir waren zwölf Tage zusammen und sind froh, wenn wir uns mal 24 Stunden nicht sehen“, befand der Coach.
Der Kölner Keller hatte also seinen Beitrag dazu geleistet, dass sich niemand über einen anderen beschweren konnte als über sich selbst am Ende dieses aufreibenden Samstagnachmittags. Hinzu kam, dass sich auch die Schalker am Ende einer beschämenden Saison offenbar nicht auch noch vorwerfen lassen wollten, in den Abstiegskampf eingegriffen zu haben. Zunächst beorderten sie Salif Sané aus der Abwehr in den Sturm, wo er so gut wie jedes Kopfballduell gewann und auf Seiten des Kölner Anhangs für Schreckensmomente sorgte. Dann rückte auch noch Torhüter Fährmann auf und hätte beinahe in der Nachspielzeit per Kopf das Tor erzielt, das die Kölner auf direktem Weg in die Zweite Liga geschickt hätte. Doch so weit kam es nicht mehr.
Dass sich die Kölner nicht mehr beschwerten, lag an Bornauw und seinem späten Tor, das angesichts der Folgen eines Abstiegs in diesen Zeiten wohl eines der wichtigsten der Kölner Vereinsgeschichte war. „Wir haben jetzt noch zwei Endspiele Ich glaube, das war das wichtigste Tor meiner Karriere“, sagte er nach dem Abpfiff. „Es ist wichtig für den FC, wichtig für uns alle. Wir haben jetzt noch zwei Endspiele, in denen wir alles geben werden.“