KommentarWarum Frankreich reif für den WM-Titel ist
Köln – Es ist vollbracht. Frankreich steht im Finale. Zwar hatten vor der Weltmeisterschaft die Équipe Tricolore einige auf dem Zettel, doch bei diesem untippbaren Turnier ist etwas Erwartbares doch nicht alltäglich. Nicht alltäglich ist auch, was Trainer Didier Deschamps aus seiner Mannschaft gemacht hat: Einen verschworenen Haufen, der sich trotz aller individuellen Klasse dem Kollektiv unterordnet und sich in diesem nicht verlieren muss.
Raphael Varane, Samuel Umtiti, Kylian Mbappé, Paul Pogba und Antoine Griezmann zaubern, glänzen – und taktieren. Die Ausnahmespieler können auch Taktik – Erinnerungen 1998 werden wach. Auch dank Deschamps, der als Spieler Teil des großen Triumphs im eigenen Land war. Deschamps hat das geschafft, was seinem deutschen Kollegen Joachim Löw diesmal gründlich misslungen ist: Er hat die richtige Mischung aus erfahrenen und ambitionierten jungen Spielern gefunden, denen eins gemeinsam ist: der Hunger nach Erfolg. Egal, ob der Finalgegner am Sonntag England oder Kroatien heißt – die Équipe Tricolore läuft als Favorit auf. Sie ist einfach reif für den Titel.
Die Seifenoper der WM in Südafrika
Auch, weil der Turnierverlauf schon jetzt weltmeisterlich ist. Von glücklich (2:1-Zittersieg gegen Australien) über hochgradig spektakulär (4:3 gegen Argentinien) bis souverän (2:0 gegen Uruguay), die Mannschaft hat alles im Repertoire. Was die französische Nationalmannschaft nicht mehr im Repertoire hat, sind persönliche Eitelkeiten. Vor acht Jahren war das noch ganz anders. Kein Tag verging bei der WM in Südafrika ohne eine Seifenoper, ohne einen neuen Akt im Schauspiel Trainer Raymond Domenech und die zauberhafte Welt der Untrainierbaren. Das Team enttäuschte sportlich, menschlich und entwickelte sich sogar zum nationalen Drama. Aus der kitschigen Seifenoper ist längst eine gefühlvolle, eine weltmeisterliche Liebesgeschichte geworden.