Am Donnerstag startet die 71. Vierschanzentournee mit der Qualifikation Oberstdorf in ihre nächste Auflage. Deutsche Springer sind Außenseiter.
71. VierschanzentourneeEine Reise mit vier Chancen
Mit der Tournee habe die Tradition in seinem Sport die Regie übernommen, erzählt Markus Eisenbichler vor dem Start der diesjährigen Sause über vier Schanzen in Bayern und Österreich. Und: „Beim Gedanken daran leuchten schon meine Augen.“ Am Mittwoch startet die Tradition von Neuem – mit der Qualifikation an der Schattenbergschanze zu Oberstdorf.
Eisenbichler, der vor dieser Saison den Fokus auf Krafttraining gelegt hat, sucht allerdings noch nach seiner Sprungform. Ein neunter Platz in Titisee-Neustadt vor knapp zwei Wochen ist das bisher beste Resultat aus den acht Weltcup-Veranstaltungen dieser Saison für den sechsmaligen Skisprung-Weltmeister aus Bayern. Absprung und der Übergang in den Flug sind seine Problemfelder, er hat daran zuletzt vor Weihnachten zwei Tage beim Sondertraining des deutschen Teams im Tournee-Startort Oberstdorf gearbeitet, eine Schanze, die er sehr mag.
22 Jahre liegt nunmehr der letzte deutsche Gesamtsieg zurück, Sven Hannawald gelang damals als Erstem der Grand Slam mit vier Einzelsiegen bei den vier Stationen. Eisenbichler weiß, dass er allenfalls partiell für eine Überraschung sorgen kann. Und er sagt auch: „Es wird mal wieder Zeit, dass es einer von uns schafft. Wenn man die Tournee gewinnt, hat man Legendenstatus.“ Favoriten jedoch sind diesmal Springer aus anderen Nationen – ein Überblick.
Wie ist die Weltcup-Saison bisher verlaufen?
Ganz klar zugunsten des polnischen Absprung-Experten Dawid Kubacki. Vier von acht Weltcup-Wettbewerben hat er gewonnen, zum Teil mit riesigem Vorsprung, hinzu kommen zwei zweite Plätze. Kubacki kennt die Herausforderung Tournee, im Winter 2019/2020 gewann der Springer aus Nowy Targ, gelegen 80 Kilometer südlich von Krakau, die Veranstaltung.
Kubacki war bereits im Sommer überragend (drei Siege in sechs Springen der Sommer Grand-Prix-Serie), offenbar hat er mit seinem neuen Nationaltrainer Thomas Thurnbichler, einem Österreicher mit unkonventionellen Methoden, eine Schwäche beim Absprung behoben. Schon immer war Kubacki dank seiner explosiven Kraft am Schanzentisch der Springer mit der größten Höhe in der Flugphase, nun ist er offensichtlich in der Lage, diesen Vorteil in entsprechende Weite umzusetzen.
In herausragender Form präsentiert sich derzeit außerdem der Slowene Anze Lanisek, ein Flugästhet und -künstler, der die Fähigkeit besitzt, in der Luft unwiderstehlich den Hang entlangzugleiten und auch bei sehr großen Weiten enorm elegant zu landen, was ihm in dieser Saison schon mehrfach die Wertungs-Traumnote 20,0 beschert hat. Auf diese Weise gelangen Lanisek drei Siege und zwei zweite Plätze in dieser Saison.
Ebenfalls sehr stark sind derzeit drei weitere Springer: Stefan Kraft aus Österreich, Dritter der Weltcup-Gesamtwertung. Dazu der stets siegverdächtige Norweger Halvor Egner Granerud und Kubackis wieder erstarkter Teamkollege Piotr Zyla. Ein Weiterjäger mit zittrigem Flugstil.
Ist in diesem Winter auch mit deutschen Skispringern zu rechnen?
Tendenziell eher nicht. Karl Geiger aus Oberstdorf, immerhin Siebter der Weltcup-Gesamtwertung, hat als beste Platzierung einen dritten Platz in Titisee-Neustadt erreicht, aber auch schon die Erfahrung gemacht, einen zweiten Durchgang verpasst zu haben. „Hakelig“ sei seine Saison bisher verlaufen, gleichwohl zeige „der Trend in die richtige Richtung“.
In Engelberg, bei der Tournee-Generalprobe, gelang Geiger tatsächlich sein bester Saisonsprung, allerdings konnte er die Landung nicht stehen, belegte aber dennoch Rang zehn. Er sagt nun: „Ich weiß, dass meine Sprünge grundsätzlich funktionieren.“ Bundestrainer Stefan Horngacher hält sogar eine Geiger-Überraschung bei der Tournee für möglich: „Er muss sich schon steigern, im Skispringen kann es aber Gott sei Dank sehr schnell gehen.“
Eisenbichler hingegen sucht seine Form, Andreas Wellinger, Olympiasieger von der Normalschanze 2018, fahndet vor allem nach der Konstanz. Horngacher sagt: „Die Formkurve unserer Aktiven zeigt grundsätzlich nach oben.“
Wer ist der Titelverteidiger?
Das ist der Japaner Ryoyu Kobayashi, der im Vorjahr drei von vier Springen gewann. Heraus kam dabei sein zweiter Gesamtsieg nach 2019, als Kobayashi sogar alle vier Springen gewann. Kurz darauf feierte er bei den Spielen von Peking den Olympiasieg von der Normalschanze. In dieser Saison ist Kobayashi derzeit nur Mittelmaß, er musste auf allen Winterstationen bisher viele Enttäuschungen hinnehmen. Im Gesamtweltcup belegt Kobayashi Rang 16.
Wie sieht der Zeitplan aus?
Am Donnerstag beginnt die Tournee mit der Qualifikation in Oberstdorf (16 Uhr, live im ZDF und bei Eurosport). Am 29. Dezember steigt dort der erste Wettkampf (ab 16.05 Uhr, live im ZDF und bei Eurosport). Der Springer-Tross zieht dann weiter zum Neujahrsspringen nach Garmisch-Partenkirchen (ab 13.45 Uhr live in der ARD und bei Eurosport). Am 4. Januar ist Innsbruck die nächste Station (ab 13.05 Uhr, live in der ARD und bei Eurosport). Das Tournee-Finale steigt am 6. Januar in Bischofshofen (ab 16.15 Uhr, live im ZDF und bei Eurosport).
Um welches Preisgeld geht es?
Wie im vergangenen Jahr liegt das Preisgeld für den Gesamtsieg bei 100.000 Franken (101.000 Euro). Insgesamt werden 400.000 Franken (404.000 Euro) ausgeschüttet.