Der langjährige Chef der Kölner Haie soll Geschäftsführer Simon Rolfes soll das Kabinen-Problem von Bayer 04 Leverkusen beheben.
Neuer Bayer-04-DirektorThomas Eichin hat die Lizenz zum Durchgreifen
Simon Rolfes hat in seiner persönlichen Saisonbilanz einen Satz geäußert, der alle ein wenig stutzig gemacht hat. „Wir müssen professioneller werden, in der und um die Kabine herum“, lautete die selbstkritische Botschaft des Sport-Geschäftsführers von Bayer 04 Leverkusen nach dem glücklichen Erreichen des sechsten Platzes. Das mag Außenstehende überrascht haben.
Bayer 04 Leverkusen: Probleme in der Kabine
Der sogenannte „Staff“, wie man den im Profi-Fußball immer größer werdenden Spieler-Betreuungsstab nennt, schien über jeden Zweifel erhaben. Gerardo Seoane, im September 2022 als Chefcoach entlassen und mittlerweile von Borussia Mönchengladbach verpflichtet, vergaß ihn in keiner Rede zu erwähnen.
Unter Weltstar Xabi Alonso schien alles andere als strikte Ordnung im direkten Mannschaftsumfeld ohnehin nicht denkbar. Die Realität in der Kabine sah aber doch ein wenig anders aus.
Zwischen Sprachbarrieren, Grüppchenbildung, Organisationsmängeln und punktuell schleichender Illoyalität schien sich offenbar ein Problem entwickelt zu haben, das der Werksklub beheben will.
Thomas Eichin als Mann für alle Fälle
Vergangene Woche hat Bayer 04 deshalb Thomas Eichin als „Direktor Lizenz“ vorgestellt. Hinter diesem blumigen Titel könnte sich alles Mögliche verbergen. Bei Bayer 04 ist eine Art „Chef vom Dienst“ gemeint, der Abläufe überwachen, perfektionieren und bei Zuwiderhandlungen einschreiten soll.
Bayer 04 definierte Eichins Verantwortungsraum offiziell so: „Die Bereiche Staff, Ernährung, Organisation, Infrastruktur und Logistik. Darüber hinaus wird der neue ‚Direktor Lizenz‘ die Schnittstelle von der Lizenz- zur medizinischen Abteilung, aber auch zu anderen Bereichen im Klub bilden.“ Mit anderen Worten: Ein Mann für alle Fälle.
„Die Räumlichkeiten der Profiabteilung werden ab sofort mein Zuhause sein“, sagt Thomas Eichin im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, „ich werde bei allen Spielen dabei sein. Ob auf der Bank oder der Tribüne, das werden wir noch gemeinsam entscheiden.“
Simon Rolfes konzentriert sich auf die sportliche Entwicklung
Bislang war der ehemalige Geschäftsführer der Kölner Haie sowie von Werder Bremen und 1860 München bei Bayer 04 für den Leistungsnachwuchs und die Bundesliga-Frauen zuständig. Diesen Titel behält der 56-Jährige, für A- und B-Junioren wird ein neuer Chef gesucht.
In seinen drei Jahren am Leistungszentrum Kurtekotten hat der ehemalige Fußball-Profi viel Modernisierungsarbeit betrieben. Er hat zumindest die U 17 wieder höchst wettbewerbsfähig gemacht. Und er hat die U 16 wieder eingeführt, um Spätentwicklern nach der C-Jugend bei Bayer 04 eine Chance zu geben. Deshalb, meint Thomas Eichin, könne keine Rede davon sein, dass man ihn von der Jugend weggelobt habe.
Dafür ist die vor ihm liegende Aufgabe zu bedeutend. Dank seines neu geschaffenen Jobs kann sich, wenn alles wie geplant funktioniert, Simon Rolfes als Geschäftsführer darauf konzentrieren, einen mehr als 400 Millionen Euro teuren Kader im ganz großen Manager-Spiel des Weltfußballs zu erneuern, weiterzuentwickeln und durch Wertsteigerung als Herz des Unternehmens Bayer 04 am Leben zu erhalten.
Disziplinfanatiker mit Hang zum Austausch
Thomas Eichin soll Simon Rolfes dafür als Problemlöser im Alltag den Rücken frei halten. „In meiner neuen Funktion braucht man kommunikative Fähigkeiten, aber auch Durchsetzungsvermögen. Ich glaube, die habe ich mir durch meine jahrzehntelange Erfahrung im Profi-Sport erworben“, glaubt Eichin. „Ich bin ein Mensch, der ein gewisses Verständnis von Disziplin hat und klar seine Meinungen vertritt. Aber für ein funktionierendes Gebilde braucht es Austausch, Dialog und eine selbstkritische Haltung von allen Beteiligten – nur mit einer harten Hand kommst du heutzutage nicht mehr zum Erfolg.“
Dass er in der Kaderplanung formal nicht dem Chefscout Kim Falkenberg – offizieller Titel: „Head of Recruitment“ – vorsteht, sieht der selbstbewusste Eichin nicht als Kompetenzbeschneidung. „Das war von Beginn an völlig klar und ist überhaupt kein Problem. Wir arbeiten in einem großen Team, jeder hat seine Rolle, aber alles läuft am Ende zusammen. “, erklärt er, „Ich werde daher über alle für meine Position wichtigen Vorgänge informiert sein.“
Eichin plant die Rückkehr einer Regionalliga-Mannschaft
Die Pläne für eine Rückkehr der zweiten Herren-Mannschaft, alias U 21, beweisen, dass der Werksklub keine Angst davor hat, dem Routinier Eichin Verantwortung zu übertragen. Unter ihm plant Bayer 04 die Wiederbelebung dieser in Leverkusen 2014 abgeschafften Institution, an der fast alle deutschen Profi-Klubs festgehalten haben.
„Wir brauchen für unsere Talente die Möglichkeit des Spielbetriebs, sonst verlieren wir sie“, sagt der gebürtige Freiburger. „Das kann eine zweite Mannschaft sein, die ich selbst ehrlich gesagt immer favorisiert habe – aber man kann das auch anders lösen. Das ist ein komplexes Thema. Wir sind uns dieser Herausforderung bewusst und arbeiten gemeinsam an einer zukunftsträchtigen Lösung.“
Wie das organisatorisch gestemmt wird, ob durch eine enge Kooperation mit einem existierenden Viertligateam oder die Übernahme einer nicht in Anspruch genommenen Lizenz, ist noch nicht entschieden. Hier wird der blumige Titel des erfahrenen Sport-Funktionärs plötzlich sehr konkret. Thomas Eichin, Direktor Lizenz. Mit der Lizenz zum Durchgreifen.