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Fokus auf das PositiveBayer 04 Leverkusen ignoriert Tabellenstand und betont eigene Stärken

Lesezeit 4 Minuten
Leverkusens Victor Boniface und Atakan Karazor vom VfB Stuttgart

Leverkusens Victor Boniface und Atakan Karazor vom VfB Stuttgart

Bayer Leverkusen ignoriert Tabellenstand und schaut positiv auf die eigenen Stärken nach 0:0 gegen VfB Stuttgart. Xhaka und Rolfes sind optimistisch.

Granit Xhaka wiegelte direkt ab, als er das Wort Tabelle nur hörte: „Lass die Frage!“ Schließlich antwortete er aber doch. „Nach neun Spieltagen, ist noch niemand Meister geworden“, sagte der Schweizer Führungsspieler von Bayer 04 Leverkusen. „Wir haben auch vergangenes Jahr nicht auf die Tabelle geschaut, obwohl wir viele Punkte Vorsprung hatten. Wir werden es auch jetzt nicht machen.“ Auch Sportgeschäftsführer Simon Rolfes sah keinen Grund für einen näheren Blick aufs Tableau: „Die Tabelle beschäftigt mich nicht, sondern es kommt darauf an, dass wir an unser Top-Level kommen.“

Womöglich ist diese Maßnahme ein guter Selbstschutz, um nicht zu früh in einer Saison in eine Art Hektik zu verfallen. Zur ganzen Wahrheit gehört aber auch, dass bereits mehr als ein Viertel der Spiele gespielt sind und der Rückstand auf die Spitze und Rekordmeister FC Bayern München am vergangenen Wochenende auf sieben Punkte angewachsen ist. Zudem hat das Team von Trainer Vincent Kompany bereits ein um 20 (!) Treffer besseres Torverhältnis. Das Projekt Titelverteidigung ist also erst einmal in etwas weitere Ferne gerückt.

Deshalb konzentrieren sie sich in Leverkusen lieber auf die kleinen Schritte – und vor allem auf das Wiederentdecken der eigenen Stärken. Und davon war beim 0:0 am Freitagabend gegen Vizemeister VfB Stuttgart viel zu sehen. „Was wir anschauen müssen, ist, wie wir Spiele wieder gewinnen können. Und mit diesem Spiel heute können wir auf sehr viele Sachen aufbauen“, sagte Xhaka. Im Prinzip machte die Werkself nahezu alles richtig: Zweikampfstärke, hohe Ballgewinne, schönes und zielstrebiges Kombinationsspiel. Im gegnerischen Strafraum verließen die Leverkusener dann aber Entschlossenheit und Konzentration.

Bei 19:4 Torschüssen, von denen einige aus mehr als aussichtsreichen Positionen abgegeben wurden, darf schon mal ein Ball im Netz landen. „Wenn man die vergangenen Stuttgart-Spiele nimmt, war es das mit Abstand dominanteste“, sagte Bayers Sportgeschäftsführer Simon Rolfes. „Wir hatten eine Vielzahl von Chancen und guten Situationen, haben den Spielrhythmus bestimmt und auch defensiv extrem gut gestanden. So ist es dann manchmal, wenn er nicht reingeht, aber trotzdem war es eine Mannschaftsleistung auf hohem Niveau. Das war heute ein großer Schritt in die richtige Richtung, das kleine Quäntchen mit dem Tor hat gefehlt, aber das Entscheidende ist, dass wir unser Top-Level erreichen und dann haben wir noch viele Spiele vor uns, von denen wir auch viele gewinnen können.“

Erstmals steht die Null hinten

Alle Leverkusener Protagonisten waren sich darin einig, die positiven Aspekte der Partie in den Vordergrund zu stellen. In den vergangenen Wochen hatte der Doublesieger immer wieder Probleme, vor allem in der Defensive. Nun stand erstmals in der Bundesliga in dieser Saison die Null. Dass sie dann auch vorne stand, wollten alle bei Bayer 04 nicht zu hoch hängen. „Es ist schade, dass wir heute nur mit einem Punkt jetzt hier stehen“, betonte Xhaka. „Aber dieser Punkt wird uns auf jeden Fall weiterhelfen, weil wir heute ein gutes Spiel gezeigt haben. Und das hat uns so ein bisschen die vergangenen Wochen gefehlt, dass man wieder mal ein Spiel über 90 Minuten überzeugt.“

Xabi Alonso konnte aus diesem Spiel zudem mitnehmen, dass auch sein Abrücken von der Dreierkette zu keinem Abreißen der Automatismen geführt hatte. Bayer 04 dominierte im 4-4-2. Eine Option mehr für die kommenden Wochen. Alonso rechnet stets in Blöcken. Vor der nächsten Länderspielphase stehen für Leverkusen noch zwei Aufgaben an, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Bevor es am Samstag (15.30 Uhr, Sky) zum abgeschlagenen Tabellenletzten VfL Bochum geht, der gerade sieben Tore in Frankfurt kassierte, steht am Dienstag beim FC Liverpool (21 Uhr, Amazon) in der Königsklasse ein absolutes Topspiel an. „Champions League zu spielen, an der Anfield Road zu spielen, dort besser zu sein, das wird schwer“, sagt Alonso. „Die Stimmung ist super. Sie sind gerade im Moment eine der besten Mannschaften in Europa. Es ist eine große, aber auch eine schöne Herausforderung für uns.“

Für den Spanier wird es eine emotionale Rückkehr. Von 2004 bis 2009 lief Alonso für die Reds auf, kehrte als Spieler dann auch mit anderen Klubs an seine alte Wirkungsstätte zurück. Doch am Dienstag trifft er erstmals als Trainer auf den FC Liverpool, mit dem er 2005 die Champions League gewann.