Der mächtige Vorsitzende des Gesellschafterausschusses spricht über die Meisterschaft und die Arbeit von Trainer Xabi Alonso.
Seltenes Gespräch mit Bayer-04-Boss Wenning„Der größte Tag unserer Vereinsgeschichte“
Werner Wenning ist als Vorsitzender des Gesellschafterausschusses oberster Fußballfunktionär bei Bayer 04 Leverkusen. Ohne Zustimmung des ehemaligen Konzernchefs und Aufsichtsratsvorsitzenden der Bayer AG wird beim Werksklub keine wichtige Entscheidung getroffen.
Der 77-Jährige, geboren in Opladen, ist einer der mächtigsten Funktionäre Deutschlands, scheut aber die Öffentlichkeit. Ohne Wenning wäre die Entwicklung bei Bayer 04 der vergangenen Jahrzehnte nicht denkbar. Nach dem Titel-Triumph vom Sonntagabend stellte sich Wenning nach etwas gutem Zureden doch den Fragen einiger Journalisten in den Katakomben der Bay-Arena.
Werner Wenning: Ich habe immer etwas amüsiert von „Glück“ gelesen.
Herr Wenning, wie geht es Ihnen nach Bayer 04 Leverkusens Meisterschafts-Premiere?
Es ist ein großer Tag, es hat lange gedauert. Ich bin glücklich, dass wir es heute geschafft haben.
Sie sind Leverkusens oberster Fußballboss. Was bedeutet Ihnen dieser Tag?
Ich war damals dabei, in Unterhaching und in Glasgow. Oder bei Pokal-Endspielen in Berlin, als es nicht ganz so gut geklappt hat. Aber heute ist ein Traum für Bayer 04 und die Fans in Erfüllung gegangen. Ich kann nur der Mannschaft, dem Trainer, dem Management und den ganzen Mitarbeitern gratulieren. Vor allem auch zu der Art und Weise, wie die Meisterschaft zustande gekommen ist. Wir haben hervorragenden Fußball gespielt. Die letzten Monate sind wir mit einer inneren Haltung an die Sache gegangen. Niemand ist überheblich geworden, alle hatten die Füße auf dem Boden. Auf der anderen Seite sehnt sich natürlich jeder nach diesem Tag. Für alle, die mit Bayer 04 in Berührung sind, ist es ein wunderbarer Tag.
Wann war Ihnen klar, dass es dieses Jahr mit dem Titel klappen würde?
Ich hatte schon recht früh das Gefühl, dass wir eine außergewöhnliche Mannschaft haben. Aber im Fußball geht es mal auf und mal ab, wir hatten auch einige schwierigere Tage. Aber was die Mannschaft ausgezeichnet hat, war der Kampf bis zur letzten Minute. Ich habe immer etwas amüsiert von „Glück“ gelesen. Das war kein Glück. Das war ein Wille, die Spiele zu gewinnen. Dieser Wille hat dazu geführt, dass wir auch in den letzten Minuten Tore geschossen haben. Wir stehen hier und sind mit 16 Punkten Vorsprung Meister, das ist außergewöhnlich – aber sicher auch sehr, sehr verdient.
Wie schätzen Sie die Aussichten auf die noch zu vergebenen Titel im DFB-Pokal und der Europa League ein?
Ich bin davon überzeugt, dass die Haltung unseres Trainers Xabi Alonso die richtige ist: Wir gehen Schritt für Schritt. Ich hoffe, dass wir die Meisterschaft gut zu Ende spielen und unserem Anspruch entsprechend zu Ende führen. In der Europa League kommt das Rückspiel am Donnerstag in London gegen West Ham. Das wird sicherlich sehr schwer. Aber ich bin guten Mutes. Und dann sehen wir mal, wer auf uns wartet: AS Rom oder AC Mailand. Dann schauen wir mal, wie es weitergeht, auch im Pokalfinale. Man sollte niemanden unterschätzen. Kaiserslautern mit seiner ganzen Historie – ich komme ja aus der Generation, in der ich noch die Walter-Brüder habe spielen sehen, oder Werner Liebrich. Auch da müssen wir mit dem nötigen Respekt herangehen. Und dann gucken wir mal, was dabei herauskommt.
Wo rangiert dieser Tag in Ihrer persönlichen Rangliste der Tage bei Bayer?
Es ist natürlich der größte Tag in unserer Vereinsgeschichte. Das muss man erstmal sacken lassen. Zu Saisonbeginn hat niemand damit gerechnet, dass wir diesen Run durch die Bundesliga schaffen könnten. Jetzt sind wir das 43. Spiel ungeschlagen. Dann darf man mit Recht sagen: Das ist etwas Historisches.
Aufgezeichnet von Christian Krämer