Am Gewinn der ersten Meisterschaft von Bayer 04 Leverkusen gibt es kaum noch Zweifel mehr. Ein Fan erzählt von seiner über 40-jährigen Wartezeit bis zum ersehnten Titel.
Eingefleischter Leverkusen-Fan berichtetÜber 40 Jahre weinen und jubeln mit Bayer 04
Den Beginn seines Fan-Daseins beschreibt Frank Nawroczek selbst als klischeebehaftet. „Der Vater eines Klassenkameraden arbeitete beim Bayer und hatte Freikarten bekommen“, erinnert sich der 53-jährige Familienvater. „So war es damals halt. Und die Zuschauerzahlen waren ja insgesamt deutlich geringer als heutzutage. Nicht nur in Leverkusen.“
Zum Einstand im Ulrich-Haberland-Stadion, wie die Arena bis 1998 hieß, gab es am 13. Mai 1983 ein Unentschieden gegen Werder Bremen. Wolfgang Vöge hatte Leverkusen in Führung geschossen, ehe Benno Möhlmann kurz vor Schluss der Ausgleich für die Hanseaten gelang. Immerhin 17.000 Zuschauer sahen unter Flutlicht die Begegnung. Damals noch etwas Besonderes, da Abendspiele in der Bundesliga eher die Ausnahme waren.
Erstes Europapokal-Heimspiel von Bayer 04
„Das war schon ein guter Anfang“, fasst Nawroczek seine Fan-Werdung zusammen. Bis zum heutigen Tag hat der Leverkusener gut 800 Spiele seiner Mannschaft im Stadion miterlebt. Darunter viele große Momente der Vereinsgeschichte. Unter anderem das erste Europapokal-Heimspiel überhaupt gegen den schwedischen Verein Kalmar FF.
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Vor dem Rückspiel des Uefa-Pokal-Finales 1988 gegen Espanyol Barcelona erzählte er jedem, der es hören wollte, dass Bayer 04 das Ergebnis noch zu seinen Gunsten drehen werde. „Ob ich das wirklich selbst geglaubt habe, weiß ich aber nicht mehr“, zweifelt der langjährige Fan rückblickend. Er behielt jedenfalls recht.
Das DFB-Pokalfinale 1993
Das DFB-Pokalfinale 1993 ist Nawroczek ebenfalls präsent. „Neunzig Prozent der Zuschauer im Olympiastadion waren gegen uns“, erinnert er sich. Kein Wunder, war der Gegner doch die Amateurmannschaft von Hertha BSC.
Mit zunehmendem Erfolg veränderte sich das Publikum bei Bayer Leverkusen. „Es kam früher oft darauf an, wie viele Gästefans kamen. Köln oder Frankfurt, die waren immer klar vorne, was die Stimmung anging“, berichtet Nawroczek. „Das ist aber nach und nach besser geworden.“ Wegen der Pflege seiner an Demenz erkrankten Mutter hatte er vor der laufenden Spielzeit nach gut dreißig Jahren seine Dauerkarte abgegeben.
Mit Bayer 04 durch Europa
Zu den Stationen des Bayer-Fans gehören etliche Auswärtsfahrten zu internationalen Auftritten seiner Mannschaft. So ging es nach einem 5:4-Erfolg im Ulrich-Haberland-Stadion mit dem Zug nach Eindhoven. In dem dramatischen Hinspiel hatten sowohl Bayer-Legende Ulf Kirsten als auch der erst 17-jährige Ronaldo drei Tore erzielt.
Nach dem Tore-Festival in Leverkusen gelangen im Rückspiel weder dem PSV noch Bayer ein weiterer Treffer, was den Einzug in die 2. Runde des Uefa-Pokals für Bayer 04 bedeutete. Auf der Rückfahrt kam es im Hauptbahnhof von Eindhoven zu einer Gleisblockade und Steinwürfe durch niederländische Hooligans, die glücklicherweise keinen größeren Schaden anrichteten. Es folgten Reisen unter anderem zu den Glasgow Rangers, Sporting Lissabon und Real Madrid.
Aus dem Schwarzwald nach Unterhaching
In einem Fan-Leben gibt es aber nicht nur Sonnenschein. Im Gegenteil. „Wir waren zu einem Geburtstag in den Schwarzwald eingeladen und sind dann kurzerhand von dort aus ohne Eintrittskarte nach Unterhaching gefahren“, beginnt Nawroczek die Erzählung eines der bittersten Momente.
Mit Schwester Heike ergatterte er für 10 Deutsche Mark noch Tickets für das letzte Bundesliga-Spiel der Saison 1999/2000. Eingeleitet durch ein Eigentor von Michael Ballack entglitt Bayer die sicher geglaubte Meisterschaft im buchstäblich letzten Augenblick. „Ausgerechnet Michael Ballack, der zu den besten Spielern beim Bayer gehörte“, seufzt Naworczek. „Am Ende überwog bei mir aber der Stolz, überhaupt so weit gekommen zu sein.“
Beim Titel zur Bay-Arena
Zwei Jahre später sah das dann etwas anders aus. Am Ende der Saison 2001/02 stand Bayer mit leeren Händen. Dabei waren drei Titel zum Greifen nahe. Im Glasgower Hampden Park fiel dann der Vorhang nach einem Drama in drei Akten. „Das war schon hart, vor allem, weil es ja die beste Mannschaft war, die der Bayer je gehabt hatte“, sagt Nawroczek.
Ein erneutes Scheitern fürchtet er aber nicht. „Ein Sieg aus den letzten sechs Spielen sollte nach dieser Saison machbar sein“, ist sich Nawroczek sicher. Wegen eines für seine Kinder wichtigen Events wird er am Sonntag nicht im Stadion sein können. „Ich werde es aber über das Smartphone verfolgen“, ist der Leverkusener gespannt. „Mal sehen, was der Sonntag so bringt. Sollte es an diesem Wochenende nicht gelingen, dann halt in der Woche danach.“ Im Falle eines Falles will er aber ganz sicher an der Bay-Arena vorbeischauen. Dem Ort, in dem er 31 Jahre lang mitfieberte, litt und feierte – und von der Deutschen Meisterschaft träumte.