AboAbonnieren

So abhängig ist Bayer 04 von Lars BenderLeverkusen leidet an Führungs-Vakuum

Lesezeit 3 Minuten
6E8A0859-3690-426D-9E93-920E1396C769

Lars Bender (links) und sein Bruder Sven fehlen Leverkusen aktuell verletzt.

Leverkusen – Still in der Kabine sei es gewesen, berichtete Nadiem Amiri. „Nichts. Ruhe, keiner hat geredet“, sagte Bayer 04 Leverkusens Offensivspieler nach dem peinlichen 1:2 gegen Arminia Bielefeld vom Sonntag, dem abermaligen Tiefschlag in der so schwachen Rückrunde. Nun muss Stille nach einer Enttäuschung erst einmal nichts Negatives sein. Tobsuchtsanfälle in der Kabine sind heutzutage im Gegensatz zu früheren Fußballer-Generationen ohnehin eine Ausnahme. Allerdings war es – wie auch in vielen vorherigen Spielen – schon auf dem Rasen auf Leverkusener Seite extrem ruhig.

Während sich die Bielefelder für jeden geblockten Ball und gewonnen Zweikampf feierten, war die Körpersprache der hochtalentierten Bayer-Profis wenig furchteinflößend. Erst in der Schlussphase, als das 1:2 gelungen war, gab es zumindest ein minimales Aufbäumen. Doch um die Niederlage gegen Aufsteiger Bielefeld zu verhindern, genügte das nicht. Bayer hat mit einem Führungs-Vakuum zu kämpfen. Die ohnehin schon große Herausforderung, doch noch irgendwie in die Champions League zu rutschen, wird dadurch weiter erschwert.

Das könnte Sie auch interessieren:

Seit Saisonbeginn ist Charles Aránguiz Kapitän von Bayer 04. Lars Bender hatte das Amt freiwillig abgegeben, zu oft fehlte er verletzt. Der eher stille Aránguiz funktioniert jedoch als Führungsfigur nur, wenn er seine Mannschaftskollegen durch sein herausragendes Können mitreißen kann. Doch der 31 Jahre alte Chilene ist seit seinem Comeback nach auskurierter Achillessehnen-Verletzung nur ein Schatten seiner selbst. In Normalform ist Aránguiz einer der stärksten Box-to-Box-Spieler der Liga. Nun hat er viel mit sich zu kämpfen, spielt unerklärliche Fehlpässe, hat kein gutes Timing im Zweikampf und versprüht keinerlei Torgefahr. Eine Alternative zu Aránguiz gibt allerdings selbst Leverkusens Luxus-Kader aktuell nicht her.

„Das alleine darf keine Entschuldigung sein“

Denn Trainer Peter Bosz musste zuletzt auf seine komplette Führungs-Achse verzichten. Lukas Hradecky (Achillessehnenprobleme), Lars Bender (Meniskusanriss), Julian Baumgartlinger (Kreuzbandanriss) und Sven Bender (Sprunggelenksprobleme) fehlten verletzt, lediglich Letzterer könnte Bayer 04 am Sonntag bei Hertha BSC (15.30 Uhr/Sky) wieder zur Verfügung stehen – im womöglich wegweisenden Spiel für Trainer Bosz. „Ja, sie fehlen uns“, sagte der Niederländer mit Blick auf das Quartett. „Aber das alleine darf keine Entschuldigung sein. Die Mannschaft muss besser spielen und darf vor allem nicht so schlecht verteidigen“, stellte Leverkusens Sport-Geschäftsführer Rudi Völler im Gespräch mit dieser Zeitung klar.

Rückkehr von Lars Bender nach der Länderpause?

Doch ist gerade die Abhängigkeit der Werkself von Lars Bender gut belegbar. Von den 19 Pflichtspielen, die der Ex-Nationalspieler in dieser Saison bislang absolvierte, verlor Leverkusen nur eines. In 13 Bundesliga-Spielen mit dem Rechtsverteidiger lag Bayers Punkteschnitt bei 2,15. In den zwölf Partien ohne Lars Bender holte Leverkusen insgesamt zwölf Zähler. So wird aus dem Schnitt eines sicheren Champions-League-Teilnehmers der eines Relegations-Kandidaten. Lars Bender fehlte der Werkself ebenfalls bei den peinlichen Niederlagen in der Europa League gegen die Young Boys Bern und im DFB-Pokal gegen Regionalligist Rot-Weiss Essen. Bayer 04 hofft auf eine Rückkehr des 31-Jährigen nach der Länderspielpause Ende März.

Simon Rolfes sucht nach Ersatz

Spätestens im Sommer muss Trainer Bosz – sollte er sich so lange im Amt halten – die Hierarchie der Mannschaft ohnehin neu konstruieren. Die Bender-Brüder werden ihre Karrieren beenden. Profis wie Amiri oder Kerem Demirbay waren als Führungskräfte eingeplant, müssen aber zunächst ihr eigenes Potenzial abrufen, ehe sie sich um Mitspieler kümmern können. Gleiches gilt für Jonathan Tah, dessen Entwicklung seit einigen Jahren stagniert.

Deshalb ist Sportdirektor Simon Rolfes bereits auf der Suche nach externen Lösungen, um die lähmende Stille in Leverkusen zu beenden.