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Nachruf auf Bobby CharltonEngland trauert um seinen großartigsten Spieler

Lesezeit 4 Minuten
1972: Treffen zweier Helden des legendären WM-Finales von 1966 in Wembley: Bobby Charlton (England/li.) und Uwe Seeler.

1972: Treffen zweier Helden des legendären WM-Finales von 1966 in Wembley: Bobby Charlton (England/li.) und Uwe Seeler.

Bobby Charlton, eine Ikone von Manchester United und Weltmeister 1966, verstarb am Samstag.

Gegen Ende des zweiten Teils der großartigen Beckham-Dokumentation auf Netflix sprechen auch David und Vater Ted über das große Idol des Vereins, den sie beide lieben. Es geht um Manchester United und den größten Spieler dieses großen Klubs, und beide, der fanatischen Anhänger Ted Beckham und David Beckham überlegen nicht lange, sondern sagen: „Bobby Charlton.“ Begründung von David Beckham: „Wenn man sieht, wie Sir Bobby gespielt hat, sagenhaft. Wie er sich mit dem Ball bewegte und was er drauf hatte. Er war unglaublich“, sagt David Beckham, selbst einer der unglaublichen United-Spieler.

Es wird nicht den Hauch von Widerspruch gegen diese Aussage geben in England, dessen herausragendster Fußballer dieser 1,73 Meter kleine Mann mit dem Klappscheitel war, der ihm bisweilen bei Kopfbällen oder rasanten Dribblings fliegen ging wie seine Gegenspieler. Charlton, im Jargon seiner Zeit, den 1960ern und frühen 1970ern, ein Halbstürmer und Regisseur mit akuter Treffsicherheit, hob Englands damals ja weiterhin von Hünen in der Abwehr im Box-to-Box-Stil mit hohen, weiten Bällen betriebenen Fußball auf eine dort zu jener Zeit selten gesehene Stufe voller Eleganz, technischer Brillanz und Grandezza. Was ihn zur Legende in zwei Teams machte, dem von Manchester United und der englischen Nationalelf. Denn mit beiden gewann er, und gewannen sie dank ihm, große Titel.

Bobby Charlton

Bobby Charlton

Am Samstagabend nun jedoch verbreitete sich die Nachricht, dass Sir Bobby, der eigentlich Robert Charlton hieß, im Alter von 86 Jahren verstorben ist. Was England in laute Trauer stürzte. Seit drei Jahren litt er an Demenz. Viele Menschen äußerten sich zur Todesnachricht, vom Premierminister bis zum Fan in der Kurve, alle eint in ihren Gedanken der Respekt vor der sportlichen Leistung und der menschlichen Größe, die diesen Mann aus Ashington in Northumberland im Norden des Landes zu eigen war.

Schon 1957, Charlton war noch 18, wurde er erstmals Meister mit United, dem Klub, für den er sich entschieden hatte, weil ihn der Talentscout Joe Armstrong von ManU überzeugen konnte. Da war Charlton 15 und hatte noch viele andere Angebote. Der junge Mann war Teil einer mit vielen Talenten und von Matt Busby trainierten Mannschaft, die den Rufnamen „Busby Babes“ erhielt. Doch viele dieser Babys starben früh, eine Tragödie war die Ursache, die Teil der Geschichte von Manchester United ist. Am 6. Februar 1958 sollte die Maschine von Flug 609 der Bristish-European-Airways auf dem Weg von Belgrad nach Manchester in München zwischenlanden, doch der Start in Richtung Manchester mündete nach dem dritten Versuch in einer Katastrophe: Die Maschine kam von der Startbahn ab und explodierte. Charlton war an Bord und überlebte wie auch Busby. Doch es blieben seelische Narben, ein Leben lang. Charton fragte sich: „Warum habe gerade ich überlebt? Es waren doch meine Freunde.“

Europapokalsieg 1968 gegen Lissabon

Sieben United-Spieler starben sofort, ein achter später in einem Krankenhaus, zwei Profis verletzten sich so schwer, dass sie nie mehr spielen konnten. Charlton jedoch führte später die Mannschaft an, die mit Busby eine Wiederauferstehung erlebte: Meister 1965 und 1967, dazu Europapokalsieger 1968 nach einem 4:1 gegen Benfica Lissabon, Charlton traf zum 1:0 und zum 4:1. Zwei Jahre zuvor hatte er schon mal zwei Tore gegen eine portugiesische Mannschaft erzielt, beim 2:1 in WM-Halbfinale gegen die von Eusebio angeführten Portugiesen. England stand im Finale, das es mit Charlton mit 4:2 nach Verlängerung gegen Deutschland gewann.

Zwischen 1956 und 1973 lief Charlton, dessen Bruder Jack von Leeds United 1966 ebenfalls im WM-Finale stand, in 758 Pflichtspielen für United auf und erzielte dabei 249 Tore. Gemeinsam mit George Best und Dennis Law ist ihm vor dem Old Trafford, dem Stadion der Träume, ein Denkmal erichtet worden. 1994 schlug ihn die Queen zum Ritter. Bobby Charlton, für den englischen Journalisten James Lawton „eine berauschende Mischung aus Grazie und Gewalt“, wegen seines phänomenalen Schusses, wurde 1966 auch zu Europas Fußballer des Jahres gekürt. In Englands Nationalteam spielte er 106 Mal und erzielt 49 Tore.

Für Ted Beckham waren das genug Argumente, um seinem Sohn David noch einen zweiten Vornamen zu geben. Er lautet, na klar: Robert.