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Beim Haas-TeamErste Renningenieurin: Laura Müller sorgt für Formel-1-Novum

Lesezeit 4 Minuten
Über die DTM schaffte Laura Müller es in die Formel 1.

Über die DTM schaffte Laura Müller es in die Formel 1.

Laura Müller ist die Stimme im Ohr von Esteban Ocon. Die Deutsche ist die erste Renningenieurin in der Motorsport-Königsklasse. Einen Auftakt nach Maß erlebt sie aber nicht.

Schon als Kind wollte sie in die Formel 1. Als Fahrerin. Und dann auch noch gegen Michael Schumacher antreten. Ganz hat sich dieser Traum nicht erfüllt. Und dennoch schreibt Laura Müller, 33 Jahre alt, aus der Nähe von Konstanz am Bodensee, Geschichte in der Königsklasse des Motorsports. 

Es sind ungefähr zehn Minuten gefahren im ersten Freien Training der neuen Saison. Der Funk ist an, Esteban Ocon ist dran. Einer der beiden neuen Fahrer beim amerikanischen Haas-Team. Alles laufe gut, sagt er. „Copy“, kommt es vom anderen Ende. Es ist die Stimme von Laura Müller.

Laura Müller ist die Renningenieurin von Esteban Ocon.

Laura Müller ist die Renningenieurin von Esteban Ocon.

Seit dieser Saison ist die Ingenieurin für Fahrzeugtechnik die Stimme im Ohr von Ocon. Sie ist die erste Frau, die es zur Renningenieurin in der Formel 1 geschafft hat. Ein bisschen sitzt sie nun also irgendwie doch mit im Cockpit. 

Lob vorab vom Fahrer

Dass sie dabei für ein Novum als erste Frau sorgt, findet sie selbst recht schade. „Aber wenn Mädchen und Frauen mich im TV sehen und denken, dass sie das auch erreichen können, macht mich das ziemlich happy“, sagte sie in einem Interview des Rennstalls. Persönlich wolle sie sich aber nur darauf konzentrieren, „einen guten Job zu machen und das Beste für das Team und aus dem Auto rauszuholen“.

Fernab der deutschen Heimat war sie in Melbourne am Freitag in ihrer neuen Rolle zum ersten Mal im Einsatz an einem Grand-Prix-Wochenende. „Laura ist super motiviert vom ersten Tag an“, lobt Ocon sie im Fahrerlager von Melbourne. Lange überlegen musste der Franzose auch nicht, als er gefragt wurde, ob es einen Unterschied mache, nun eine Frauenstimme am Funk zu haben. „Nein, das macht keinen Unterschied.“ 

Das neue Duo erlebte allerdings keinen Start nach Maß: In beiden Trainingseinheiten belegte Ocon den vorletzten Platz, schlechter war nur Teamkollege Oliver Bearman. 

Gleich also die Gelegenheit, ihre Stärken auszuspielen. Laura Müller sei entschlossen und sehr fleißig. „Und was sie wirklich gut kann, ist weiter tief graben, wenn es ein Problem gibt. Sie hört nicht nach der ersten Antwort auf“, betonte Teamchef Ayao Komatsu bereits. 

Bedeutung für Frauen in der Formel 1

Müllers Beförderung sei ein Meilenstein in der Geschichte von Frauen in der Formel 1, schrieb in dieser Woche die Rennserie selbst auf ihrer Homepage. Eine Geschichte, die trotz spürbarer Bemühungen in den vergangenen Jahren immer noch überschaubar ist. Nur zwei Frauen schafften es jemals in die Startaufstellung: Maria Teresa de Filippis 1958 und Lella Lombardi in den 1970er-Jahren. 

Aktuell ist vor allem die Britin Hannah Schmitz als Strategin bei Red Bull in einer hohen verantwortlichen Position. Von einer Fahrerin bleibt die Formel 1 ungeachtet der F1 Academy nur für Nachwuchsfahrerinnen mit der ehemaligen Rennfahrerin Susie Wolff als Geschäftsführerin aber weit entfernt.

So wichtig ist eine Renningenieurin

Mit Laura Müller kommt eine weitere Frau auf einem bedeutenden Posten aber hinzu. Denn niemand ist erst einmal wichtiger für einen Fahrer als der Renningenieur oder eben die Renningenieurin. Absolutes Vertrauen, absolute Verlässlichkeit - und das in höchsten Stresssituationen.

„Wir kennen uns einfach, und wir haben ein ehrliches Verhältnis zueinander“, sagte beispielsweise Vizeweltmeister Lando Norris in Melbourne über seinen Renningenieur Will Joseph. So ein Vertrauensverhältnis aufzubauen, brauche immer ein bisschen Zeit, betonte der 25 Jahre alte britische McLaren-Pilot: „Er ist immer für mich da und ich bin es für ihn.“ 

Ein Renningenieur sei fast wie ein Familienmitglied für einen Fahrer, betont Ex-Formel-1-Pilot Ralf Schumacher: „Man hat einen sehr starken, engen und noch privateren Kontakt, auch neben der Rennstrecke.“ Zum besseren Kennenlernen absolvierten Müller und Ocon vor der Saison gemeinsam ein Trainingscamp in Genf. 

Müllers früherer Traum: Gegen Michael Schumacher antreten

Laura Müllers PS-Leidenschaft fing schon früh an. Als Kind sei sie ein paar Mal an der Rennstrecke gewesen. „Ich bin zudem groß geworden, als Michael Schumacher in der Formel 1 groß geworden ist. Ich habe also jedes Wochenende Formel 1 geschaut und davon geträumt, die erste Frau in der Formel 1 zu werden“, erzählte sie einmal in einem Interview der „Auto Bild“. 

Über ein Praktikum kam Laura Müller in die DTM, von dort in die Formel 1. 2022 heuerte sie bei Haas an, zunächst als Simulator-Ingenieurin, danach als Performance-Ingenieurin. Und nun ist sie die erste Renningenieurin in der Rennserie, von der sie als Kind schon geträumt hat. (dpa)