Die Schweiz ist erfolgreich in die Europameisterschaft gestartet. In Köln feierten die Eidgenossen einen verdienten 3:1-Sieg gegen die Ungarn, die nun gegen Deutschland schon unter Druck stehen.
„Deutschland-Gruppe“EM 2024: Schweiz schlägt Ungarn in Köln mit 3:1
Die Schweiz ist in der „Deutschland“-Gruppe erfolgreich in die EM gestartet. Die Eidgenossen bezwangen am Samstagnachmittag beim Euro-Auftakt in Köln Ungarn verdient mit 3:1. Die Magyaren, die zu spät aufgewacht waren, stehen somit im zweiten Gruppenspiel am kommenden Mittwoch (18 Uhr, Stuttgart) gegen Gastgeber Deutschland schon gehörig unter Druck.
Die DFB-Auswahl muss gegen ein über weites Strecken enttäuschendes Team von Trainer Marco Rossi keine große Angst haben. Allerdings werden voraussichtlich sowohl die Schweizer als auch die Ungarn die deutsche Mannschaft mehr fordern als die beim 5:1-Sieg harmlosen Schotten.
Schweiz schlägt Ungarn mit 3:1: Frühe Führung für die Eidgenossen
Das erste EM-Tor in Köln fiel in der 14. Minute, und es war die Schweiz, die sehenswert in Führung ging. Michel Aebischer spielte einen traumhaften und punktgenauen Steckpass auf Stürmer Kwadwo Duah, der von Leipzig-Profi Willi Orban nicht mehr entscheidend gestört werden konnte. Aus wenigen Metern verwandelte Duah mit rechts, musste aber erst einmal wegen einer möglichen Abseitsstellung um seinen Treffer bangen. Der Videoschiedsrichter schaltete sich ein und gab den Treffer schließlich. Ungarns Milos Kerkez hatte das Abseits aufgehoben.
In der letzten Spielminute des ersten Durchgangs bauten die Schweizer die Führung aus. Ungarns Defensivspieler konnten den Ball erneut nicht aus dem Strafraum klären. Remo Feuler legte quer auf den halblinks postierten Aebischer, der das Leder platziert mit rechts ins rechte untere Toreck zum 2:0 schlenzte.
Ungarns Anschluss kommt zu spät: Schweiz gewinnt ihr ersten Gruppenspiel in Köln
In der 66. Minute kamen die Ungarn zurück und verkürzten auf 1:2. Barnabas Vargas, der bereits drei Minuten zuvor schon freistehend eine Großchance per Kopf vergeben hatte, machte es im zweiten Anlauf besser. Die Schweizer griffen die Ungarn nicht an und ließen dann Dominik Szoboszlai zu viel Platz. Die butterweiche Flanke des Liverpool-Stars nickte Vargas im Fallen aus kurzer Distanz ein. Durch den Anschluss kam noch einmal Spannung auf.
Für die Entscheidung sorgten die Schweizer in der dritten Minute der Nachspielzeit. Nach einem weiten Abschlag von Torhüter Yann Sommer legte Orban unfreiwillig für den in der 74. Minute eingewechselte Breel Embolo auf. Der frühere Schalker und Gladbacher Stürmer behielt die Nerven, lupfte den Ball sehenswert über Torwart Peter Gulasci hinweg zum 3:1 in die Maschen.
Das war gut
Schweiz-Trainer Murat Yakin bewies mit den Startelf-Nominierungen der Torschützen Duah und Aebischer ein Goldenes Händchen. Für Duah, der 2022/23 für den 1. FC Nürnberg aufgelaufen war und jetzt in Rasgrad sein Geld verdient, war es erst sein zweites Länderspiel. Zuletzt hatten sich die Eidgenossen in der Offensive oft schwergetan, doch als es gegen Ungarn wichtig wurde, waren sie im Angriff da.
Das war schlecht
Offiziell war das Kölner Stadion ausverkauft, doch als der Ball dann rollte, blieben erstaunlich viele Plätze verwaist und wurden später teilweise mit Volunteers aufgefüllt.
Mann des Spiels
Michel Aebischer. Der Mittelfeldspieler machte teilweise mit den Ungarn, was er wollte. Überragend seine Vorarbeit zum 1:0, herausragend auch sein Abschluss zum 2:0. Für sein 21. Länderspiel hatte sich der 27-Jährige sein erstes Tor im Nati-Dress aufgehoben. Aebischer spielt beim FC Bologna in Italien, beim Überraschungs-Fünften der Serie A war er Stammspieler.
Moment des Spiels
Breel Embolo sorgte in der 93. Minute auf eine durchaus kuriose Art und Weise für die Entscheidung. Unmittelbar vor seinem Tor hatte der Angreifer auf dem Weg zum Tor seine Kompressionsbandage verloren, ließ sich davon aber nicht beirren und traf cool zum 3:1-Endstand. Embolo erlitt im vergangenen August einen Kreuzbandriss und bestritt in der abgelaufenen Saison nur fünf Spiele für seinen neuen Klub Monaco. „Wegen meiner Verletzung trug ich die Kompressionstulpen. Ich bin froh, dass ich auf dem Platz stehen konnte. Der Dank geht an die Ärzte und Physios. Mein Tor ist für die Familie, für die Fans und Mitspieler. Es war ein spezielles Jahr für mich, aber das gehört zum Leben dazu.“
Das sagen die Spieler/Trainer
Schweiz-Torschütze Kwadwo Duah: „Ich träume immer noch! Ich explodiere innerlich, ich kann es noch gar nicht glauben. Es wird wohl noch ein paar Tage dauern, bis ich das realisiere.“
Granit Xhaka (Schweiz, Bayer 04 Leverkusen). „Es war brutal wichtig, mit einem Sieg zu starten. Wir hatten eine sehr gute erste Halbzeit. In der zweiten Hälfte waren wir nicht schlechter, die Ungarn mussten aber mehr machen. Wir haben den Sieg verdient!“
Das sagen wir
Der nächste deutsche Gegner Ungarn (Mittwoch, 18 Uhr, Stuttgart) präsentierte sich insbesondere in der ersten Halbzeit in der Defensive erstaunlich schwach, ungeordnet, mehrfach sogar überfordert. Die Magyaren ließen den Schweizern viel zu viele Räume, griffen zu spät an und leisteten sich wiederholt Missverständnisse. Treten sie gegen Deutschland ähnlich abwehrschwach auf, dürften Musiala, Wirtz und Co. recht leichtes Spiel haben.
Die mit fünf Bundesliga-Spielern angetretenen Ungarn, die wie die Schweizer in der 3:4:2:1-Grundordnung agierten, wurden – wenn überhaupt – nur über Standards gefährlich. Auch der vielfach gelobte Liverpool-Star und frühere Leipziger Dominik Szoboszlai konnte dem Spiel lange nicht seinen Stempel aufdrücken, steigerte sich allerdings in der zweiten Halbzeit und bereitete den Anschlusstreffer gekonnt vor. Überhaupt zeigten die Ungarn nach rund einer Stunde eine deutlich bessere Körpersprache und kampfstärker. So, wie man sie eigentlich zu Beginn bereits erwartet hätte. Doch letztlich waren die Ungarn zu spät aufgewacht.
Die Schweiz dagegen, der letzte deutsche Gruppengegner (23. Juni, 21 Uhr, Frankfurt) konnte über weite Strecken überzeugen und hatte eine Stunde lang fast alles im Griff. Die Eidgenossen hatten deutlich mehr Ballbesitz, eine bessere Passquote und mit Leverkusens Granit Xhaka wieder den omnipräsenten Strippenzieher in ihren Reihen. Doch im zweiten Durchgang schalteten sie zu sehr in den Verwaltungsmodus und nahmen das Tempo aus dem Spiel. Das rächte sich indes nicht mehr. Ungarn war zu harmlos, am Ende setzten die Schweizer wieder mehr zu und belohnten sich mit dem verdienten Sieg.
Und noch eine Erkenntnis: Im Kölner Stadion wurde der Beweis erbracht, dass man dort auch guten Fußball sehen kann. Zumindest teilweise. Auch der oft gescholtene und mehrfach ausgewechselte Rasen im Rhein-Energie-Stadion präsentierte sich EM-reif.