Verletzung am KnöchelEM-Aus von Moritz Wagner trifft die deutschen Basketballer hart
Köln – Wenn persönliche Träume platzen, sind die sportlichen Erfolge der Teamkollegen erst einmal ein schwacher Trost. Mit dieser für ihn sowohl physisch als auch psychisch schmerzhaften Erfahrung sah sich Moritz Wagner am Mittwoch konfrontiert, als der deutsche Basketball-Nationalspieler wegen einer Verletzung betrübt seine Teilnahme an der Europameisterschaft vom 1. Bis 18. September absagen musste.
„Ich sag wie’s ist. Der tut weh“, ließ der 25-jährige NBA-Profi der Orlando Magic in einer Mitteilung des DBB wissen. „Seit Jahren habe ich mich auf dieses Turnier und diese Möglichkeit gefreut: In Deutschland zu spielen, in Köln und meiner Stadt Berlin, mit meinem Bruder, bei einer Heim-Europameisterschaft, war etwas, dass ich mir schon länger erträumt hatte. Dass jetzt der Knöchel nicht mitspielt, ist erst einmal schwierig zu akzeptieren, aber gehört dazu.“
Dem deutschen Team fehlen vier NBA-Profis
Der 2,11 Meter große Center war längst nicht der einzige Spieler, der dem Team von Bundestrainer Gordon Herbert am Mittwochabend im ersten Test dieses Sommers fehlte. Beim 87:83 (46:50) in Belgien standen auch die NBA-Profis Maxi Kleber (Dallas Mavericks), Isaiah Hartenstein (New York Knicks) und Isaac Bonga (Toronto Raptors) aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Verfügung. Sie werden der DBB-Auswahl auch bei den EM-Vorrundenpartien in der Lanxess-Arena gegen Frankreich, Bosnien und Herzegowina, Slowenien, Litauen und Ungarn sowie der Finalrunde in Berlin fehlen – sofern sich Deutschland als einer der vier besten Gruppenvierten für diese qualifizieren sollte.
Sicher in den EM-Kader rücken dagegen Maodo Lo, Johannes Voigtmann und Johannes Thiemann, die Herbert in Belgien noch schonte. Hinzu wird definitiv auch der vor wenigen Tagen eingebürgerte Nick Weiler-Babb kommen, der sich aus privaten Gründen noch in den USA befindet.
Trotz der Ausfälle verfügt Deutschland nach wie vor über ein Aufgebot, dessen Qualitäten der Coach offenkundig sehr zu schätzen weiß. Immerhin hat Herbert noch zu Beginn der Woche im Trainingslager in Köln ehrgeizige Pläne formuliert: „Das Ziel bei der EM ist eine Medaille, wir wollen auf dem Podium sein.“
Starkes Länderspiel-Debüt von Franz Wagner
Ein gesundes Maß an Selbstvertrauen sollte ein Turnier-Gastgeber schon an den Tag legen dürfen, dieser Ansicht wird auch Dennis Schröder kaum widersprechen. Der 28-jährige Braunschweiger, der zuletzt bei den Houston Rockets unter Vertrag stand, steht als Aufbauspieler uneingeschränkt im Zentrum des deutschen Spiels, wie er mit 21 Punkten und sieben Assists gegen Belgien bewies. „Wir sind noch nicht bei 100 Prozent, das ist klar“, befand Schröder. „Am Ende war es wichtig, dass wir mit einem Sieg gestartet sind.“
In der Offensive übertroffen wurde der Aufbauspieler nur von Franz Wagner. Der 20-Jährige, der bereits in seiner ersten NBA-Saison in Orlando mit starken Leistungen für Furore gesorgt hatte, avancierte bei seinem Debüt für Deutschland mit 23 Punkten zum Top-Scorer. „Er hat das richtig gut gemacht und gezeigt, welche Qualität in ihm steckt“, lobte Herbert den Youngster. „Er ist ein einzigartiges Talent, das seine Rolle bei uns haben wird und auch haben will.“
Wagner wiederum gestand trotz seines unbekümmerten Auftritts ein, leichtes Lampenfieber verspürt zu haben: „Es ist eine Ehre, für Deutschland zu spielen und deshalb war ich am Anfang etwas nervös.“
Der jüngere der beiden Wagner-Brüder ist einer jener deutschen Talente, die die Fantasie der Fans beflügeln und sie auf die erste Medaille seit dem EM-Silber von 2005 in Serbien hoffen lässt. Als der 63-jähirige Kanadier Gordon Herbert seinen Job beim DBB antrat, blickte er auf ein verheißungsvolles Potenzial von insgesamt sieben deutschen NBA-Profis sowie weiteren gestandenen internationalen Profis, zu denen auch der Kölner Tibor Pleiß (32) gehört. Der 2,21 Meter große Center gewann im Mai mit Anadolu Istanbul zum zweiten Mal in Folge die Euroleague und steuerte zum 58:57 gegen Real Madrid im Finale 19 Punkte inklusive der entscheidenden Zähler bei. Doch auch er wird wegen Problemen mit dem Oberschenkel nicht dabei sein.
Die Absagen sind auch deshalb schmerzhaft, weil sie sich bei den großen Flügelspielern und Centern konzentrieren – Positionen, auf denen die DBB-Auswahl ein Luxusproblem zu haben glaubte, dem inzwischen aber der Luxus fehlt.
Erst im vergangenen Jahr bewies die Mannschaft allerdings, dass sie auch ohne eine Reihe von Leistungsträgern erfolgreich sein kann. Zunächst gewann sie das Olympia-Qualifikationsturnier in Split und erreicht in Tokio das Viertelfinale. Zum wertvollsten Spieler in Split wurde damals allerdings ein Mann gewählt, der diesmal fehlt: Moritz Wagner