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„Nicht kleines Kind vorangehen lassen“Keane geht mit England-Routiniers ins Gericht

Lesezeit 3 Minuten
Saka allein

Bukayo Saka nach seinem verschossenen Elfmeter

Berlin – TV-Experte Roy Keane hat nach dem im Elfmeterschießen gegen Italien verlorenen EM-Finale die englischen Fußball-Nationalspieler Raheem Sterling und Jack Grealish kritisiert. „Wenn sie Raheem Sterling oder Jack Grealish sind, können sie nicht da sitzen und ein kleines Kind mit 19 Jahren vor sich vorbeilaufen lassen, das geht nicht“, sagte der frühere Star von Manchester United am Sonntag bei ITV Sport.

Damit bezog Keane sich auf Bukayo Sako, der aus seiner Sicht im Elfmeterschießen vor der großen Verantwortung hätte geschützt werden müssen. „Beide haben viel mehr Erfahrung, Sterling hat Titel gewonnen. Du siehst dieses kleine Kind und sagst „Hör zu, ich trete für dich an““, sagte der für seine schonungslosen Analysen bekannte Keane.

Statt der routinierteren Grealish (25) oder Sterling (26) hatte Coach Gareth Southgate dem erst 19-jährigen Bukayo Saka die große Bürde des letzten englischen Elfmeterschützen aufgetragen. Saka scheiterte genauso wie die erst kurz vor Spielende eingewechselten Jadon Sancho (21) und Marcus Rashford (23). Beide Offensivkräfte hatten während des gesamten EM-Turniers so gut wie nicht gespielt.

Grealish konterte die Kritik von Keane. „Ich habe gesagt, dass ich schießen will“, twitterte der 25-Jährige am Montag. „Der Trainer hat so viele richtige Entscheidungen in diesem Turnier getroffen, und das hat er auch heute Abend getan! Aber ich will nicht, dass die Leute sagen, dass ich keinen Elfmeter schießen wollte, wenn ich gesagt habe, dass ich einen schießen will.“

Deutsche Experten kritisieren Southgate-Entscheidung

Auch die früheren Weltmeister Per Mertesacker und Christoph Kramer kritisierten die Auswahl der englischen Schützen. Vor allem die Entscheidung für die kurz vor Ende der Verlängerung eingewechselten Marcus Rashford und Jadon Sancho sei „sehr fahrlässig“ von Southgate gewesen, befand Mertesacker im ZDF. Beide hatten verschossen, ehe dann auch der erst 19 Jahre alte Bukayo Sako scheiterte und die Three Lions 2:3 gegen Italien verloren.

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Rashford und Sancho seien „in der Konstellation bei diesem Turnier nicht die richtige Wahl“, sagte auch ZDF-Experte Kramer. Coach Southgate habe sie während der EM weitgehend „links liegen lassen“, zudem seien sie „blutjung“. Sie dann sehr spät in die Partie zu bringen mit dem Auftrag, einen Elfmeter zu verwandeln, sei „psychologisch einfach nicht gut. Sie haben sowieso kein gutes Gefühl, weil sie das ganze Turnier der Mannschaft nicht wirklich helfen konnten, weil sie nicht wichtig waren“, sagte Kramer.

Southgate verschoss 1996 selbst Elfmeter gegen Deutschland

Ähnlich sah es der ehemalige Nationalmannschaftskapitän Michael Ballack. „Die Auswahl war nicht besonders glücklich von Southgate. Mich stört so ein bisschen die Balance zwischen Erfahrung und Jugendlichkeit“, erklärte der 44-Jährige bei Magenta TV. Nach Kapitän Harry Kane (27) und Abwehrchef Harry Maguire (28), die beide trafen, hatten drei der jüngsten Engländer ihre Versuche vergeben. „Puh, da hat er sich auch ein bisschen verpokert bei den Einwechslungen am Ende“, meinte Ex-Nationalspieler Fredi Bobic. Der jetzige Hertha-Sportchef betonte: „Dass als Letzter ein 19-Jähriger schießen muss, als fünfter Schütze. Das hat mich schon erstaunt.“

Southgate übernahm die Verantwortung. „Wir wussten, dass sie die besten Schützen waren, die noch auf dem Platz standen. Das wird ihnen das Herz zerreißen, aber sie trifft keine Schuld daran, es war meine Entscheidung als Trainer“, sagte der Coach. 1996 im EM-Halbfinale gegen Deutschland hatte er selbst den entscheidenden Elfmeter verschossen. „Er weiß, wie man sich fühlt, jetzt weiß er, wie sich die anderen fühlen. Er wird sie hoffentlich begleiten bei der Trauer“, sagte TV-Experte Kramer. (dpa)