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Havertz und Füllkrug treffenNagelsmanns Heimpremiere misslingt – DFB-Team verliert 2:3 gegen die Türkei

Lesezeit 4 Minuten
Kai Havertz und Zeki Celik kämpfen um den Ball.

Kai Havertz (rechts) im Duell mit dem türkischen Nationalspieler Zeki Celik.

In einem wilden Spiel gegen die Türkei nährt die Nationalmannschaft wieder die EM-Sorgen der deutschen Fans.

Julian Nagelsmann hat zu viel gewagt: Nach ganz viel Offensivpower und haarsträubenden Abwehrfehlern hat die deutsche Fußball-Nationalmannschaft ausgerechnet bei der emotionalen Heimpremiere die erste Niederlage unter dem neuen Bundestrainer kassiert.

Das 2:3 (1:2) gegen die Türkei im mit 72 592 Zuschauern ausverkauften Berliner Olympiastadion war ein bitterer Stimmungsdämpfer sieben Monate vor dem Anpfiff der Heim-EM. Um am 14. Juli 2024 zum Finale wieder in die Hauptstadt zu kommen, muss Nagelsmann noch ganz viel Arbeit leisten.

Deutschland empfängt die Türkei in Berlin: Havertz startet als Linksverteidiger und trifft

Der überraschend als linker Verteidiger aufgebotene Kai Havertz (5. Minute) und Niclas Füllkrug (48.) sorgten in einer extrem angriffslustig ausgerichteten DFB-Elf für die Tore. Die Türken deckten aber nicht nur bei den Treffern von Ferdi Kadioglu (38.) und Kenan Yildiz (45.+2) die Defizite in der Rückwärtsbewegung auf. Das Tor per Strafstoß von Yusuf Sari (71.) nach Handspiel von Havertz besiegelte schließlich die Niederlage.

Schon am Dienstag (20.45 Uhr/ZDF) bietet sich die Chance zur Wiedergutmachung. Dann geht es in Wien gegen Österreich gegen einen weiteren EM-Teilnehmer. Kleiner historischer Hoffnungsschimmer: Als Deutschland 2005 zum letzten Mal gegen die Türkei (1:2) verlor, gab es wenige Monate später das WM-Sommermärchen.

Länderspiel in Berlin: Pfiffe gegen Gündogan und Co.

Mit Pfiffen und Buh-Rufen wurde die Mannschaft um Kapitän Ilkay Gündogan schon beim Aufwärmen von den Zehntausenden türkischen Fans in der Arena empfangen. Gündogan spielte erstmals gegen das Heimatland seiner Eltern und erlebte so etwas wie ein Auswärtsspiel. Das soll bei der EM im nächsten Sommer ganz anders werden.

Bis dahin bleiben Nagelsmann und seiner Auswahl nur noch wenige Gelegenheiten, sich in die richtige Form und wieder mehr in die Herzen der deutschen Fans zu spielen. Gegen die Türken versuchte es der Nachfolger des glücklosen Hansi Flick mit einem unerwarteten Experiment: Havertz startete links in der Viererkette vor Torwart Kevin Trapp, der den mit Rückenbeschwerden abgereisten Marc-André ter Stegen ersetzte.

„Generell habe ich für ihn eine große Fantasie, weil er ein außergewöhnlich guter Fußballer ist“, sagte Nagelsmann vor der Partie bei RTL. Wie offensiv der Profi des FC Arsenal seine ungewohnte Rolle interpretieren sollte, bewies Havertz schon nach vier Minuten, als er am Fünfmeterraum der Türken einen tollen Angriff mit dem Führungstor veredelte. Benjamin Henrichs hatte Leroy Sané mit einem feinen Steilpass in den Rücken der Gäste-Abwehr bedient, der Münchner dann für Havertz aufgelegt.

Türkische Fans zünden Pyrotechnik.

Zahlreiche türkische Fans besuchten am Samstagabend das Olympiastadion in Berlin.

„Auswärtssieg“, riefen die deutschen Fans ironisch nach dem Treffer. Die schrillen Pfiffe der türkischen Anhänger verstummten nun, ohnehin blieb die Stimmung auf den Rängen friedlich. Auch beim Marsch der türkischen Fans zum Olympiastadion hatte es bis auf das Abbrennen einiger Pyro-Fackeln laut Polizei keine besonderen Zwischenfälle gegeben.

Auf dem Rasen zeigten beide Teams ein munteres Spiel, das die deutsche Mannschaft zunächst kontrollierte. Sané hätte in der 16. Minute erhöhen können, schoss aber aus 18 Metern sowohl am weit heraus geeilten Keeper Altay Bayindir wie auch am Tor vorbei.

Nach einer starken Anfangsphase schlichen sich bei Nagelsmanns Schützlingen allerdings immer mehr die schon aus den vergangenen Monaten bekannten Wackler in der Defensive ein. Gerade an diesen Schwächen wollte der Bundestrainer beim aktuellen Lehrgang eigentlich arbeiten, um die Zahl der Gegentreffer zu verringern.

Nagelsmann-Heimpremiere in Berlin: Türkei dreht Spiel vor der Pause

Fast schon folgerichtig fiel der Ausgleich für die nun immer stärker werdenden Türken. Henrichs und Sané ließen Kadioglu in ihrem Rücken entwischen, der türkische Wirbelwind vollstreckte eiskalt ins kurze Eck. Wieder also gelang der deutschen Mannschaft nicht das erhoffte Zu-Null-Spiel.

Und es kam noch schlimmer: Kurz vor der Pause flog ein Diagonalball von Kaan Ayhan über den eingerückten Henrichs hinweg, dahinter war Yildiz ganz allein. Der in Regensburg geborene und beim FC Bayern ausgebildete 18-Jährige drosch die Kugel herrlich in den rechten Torwinkel, Trapp war wieder chancenlos.

Deutschlands Niclas Füllkrug bejubelt sein Tor zum 2:2 mit Florian Wirtz.

Florian Wirtz (links) bereitete das zwischenzeitliche 2:2 durch Niclas Füllkrug (rechts) vor.

Wütend stapfte Nagelsmann als Erster in die Kabine. Auf der Tribüne staunte Ex-Bundestrainer Joachim Löw über den zunehmend bedenklichen Auftritt der Gastgeber. Die Pausen-Ansprache von Nagelsmann zeigte dann aber schnell Wirkung. Schon mit dem ersten Angriff stellte seine Elf auf 2:2. Wirtz fand nach schönem Solo den bis dahin komplett abgemeldeten Füllkrug, der mit einem trockenen Flachschuss sein zehntes Tor im zwölften Länderspiel erzielte.

Doch kurz darauf folgte der nächste Schreckmoment, als Dortmunds Salih Özcan aus 18 Metern den Außenpfosten des deutschen Tores traf (52.). Die DFB-Auswahl bekam die Partie einfach nicht mehr in den Griff, weil die Türken mit großer Leidenschaft dagegen hielten und ihnen auch der Videobeweis half.

Ein diskutables Handspiel von Havertz ahndete der polnische Schiedsrichter Bartosz Frankowski mit einem Elfmeter. Sari überwand Trapp, der noch mit den Fingern am Ball war.

Nagelsmann schickte nun Leon Goretzka und Serge Gnabry für Wirtz und den nicht überzeugenden Joshua Kimmich aufs Feld. Auch der für Julian Brandt eingewechselte Bremer Marvin Ducksch kam in den Schlussminuten noch zu seinem Debüt in der Nationalmannschaft. Gnabry hatte noch die Chance zum Ausgleich, rutschte aber knapp an einer Flanke von Henrichs vorbei (86.). (dpa)