Kommentar zu RonaldoLieber Cristiano, deine Zeit ist vorbei

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Portugals Cristiano Ronaldo reagiert beim Spiel gegen Slowenien.

Portugals Cristiano Ronaldo reagiert beim Spiel gegen Slowenien.

Cristiano Ronaldos Alter zeigt sich bei dieser EM: Tempo, Timing und Kaltschnäuzigkeit fehlen. Er schadet seiner Mannschaft mehr, als er hilft. Eine Ära geht zu Ende.

Seit Montagabend kursiert ein Video in den Sozialen Netzwerken. Es zeigt irgendeinen Familienvater, der mit aller Macht versucht, seinem Kind dabei zu helfen, ein Tor zu erzielen. Die Beschreibung zum Video lautet: Wie Portugals Mannschaft versucht, Cristiano Ronaldo ein Tor zu ermöglichen. Nur noch treffender wäre gewesen, wäre in der Szene kein Kind, sondern ein Opa zu sehen. Klingt böse, ist aber Realität.

Wie Cristiano Ronaldo beim Sieg seiner Portugiesen im Elfmeterschießen gegen Slowenien agierte, führte schonungslos vor Augen, dass seine Zeit vorbei ist. Das womöglich Tragischste daran: Alles spricht dafür, dass er seiner Mannschaft nicht nur nicht mehr hilft, nein, er schadet ihr sogar. Nicht nur in Portugal mehren sich die Stimmen, die sagen, die Seleção wäre ohne die antiquierte Spielweise des 39-Jährigen viel stärker.

Wer Ronaldo bei dieser EM verfolgt, erkennt schnell, vom magischen CR7 ist nicht mehr viel übrig. Tempo weg, Timing bei Kopfbällen weg, Kaltschnäuzigkeit weg. Dennoch sucht die gesamte Mannschaft ihn immer wieder, will ihm diesen einen Treffer bei seiner sechsten EM unbedingt ermöglichen. Er darf auch weiterhin jeden Freistoß treten, obwohl er von rund 60 Versuchen bei großen Turnieren nur ein einziges Mal traf. Das große Problem: Ronaldo funktioniert nicht mehr, sein Hang zur Selbstdarstellung ist aber unverändert.

Fußball nie als Teamsport verstanden

Dass seine Mitspieler die Pause vor der Verlängerung einzig damit verbrachten, einen heulenden Ronaldo zu trösten, der kurz zuvor einen Elfmeter vergeben hatte, zeigt das ganze Dilemma. Ronaldo hat Fußball nie komplett als Mannschaftssportart verstanden. In der Vergangenheit war das nicht weiter schlimm. Sein Narzissmus wurde durch seine außergewöhnlichen Leistungen ausgeglichen. Diese Gleichung geht nun aber nicht mehr auf.

Weggefährten beschreiben ihn immer wieder als sehr umgänglichen Menschen mit unbändigem Ehrgeiz. Er war und ist ein Getriebener. Egal, wie seine letzte EM ausgehen wird, Cristiano Ronaldo wird als einer der größten Fußballer aller Zeiten in die Geschichte eingehen. Seine fußballerischen Qualitäten vergangener Tage werden wir vermissen, sein egozentrisches Gehabe sicher nicht.

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