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Bayer 04Als Totti den Rücken von Ramelow als Trampolin benutzte

Lesezeit 4 Minuten
Francesco Totti und Carsten Ramelow kommen sich im Olympiastadion zu Rom näher. Totti berührt dabei Ramelows Gesicht.

Francesco Totti und Carsten Ramelow kommen sich im Olympiastadion zu Rom näher.

Bayer 04 Leverkusen gastiert am Donnerstag im Halbfinale der Europa Liga bei der AS Rom. Das lässt Erinnerungen an zwei kuriose Spiele beider Klubs aus dem Jahr 2004 wach werden.

Gleich nach den beiden Halbfinal-Duellen der Champions League steht die kleine Schwester der Königsklasse im Mittelpunkt, ebenfalls mit der Vorschlussrunde. Und in jener Europa Liga ist am Donnerstag auch Bayer 04 Leverkusen gesetzt, das Team von Trainer Xabi Alonso gastiert im Olympiastadion zu Rom und stellt sich dort der AS Rom.

Duelle mit der Roma hat es in der Historie von Bayer 04 schon vorher gegeben, eine Partie der beiden Teams jedoch war eine ganz besondere 90-Minuten-Einheit auf europäischem Rasen. Sie wurde am 3. November 2004 angepfiffen, es war Partie Nummer vier der damaligen Champions-League-Gruppenphase.

Francesco Totti hat nach dem Spiel Hose und Trikot verschenkt. Derart entkleidet eilt er in die Umkleidekabine.

Francesco Totti hat nach dem Spiel Hose und Trikot verschenkt.

Das Hinspiel am 19. Oktober 2004 in der BayArena hatte zuvor schon eine Wirkung hinterlassen. Zunächst einmal gewann Leverkusen, damals von Klaus Augenthaler trainiert, mit 3:1. Für Rom traf Francesco Totti, damals Kapitän und Kopf eines kopflos wirkenden Teams, von dem zwei Spieler des Feldes verwiesen wurden. Wegen übertriebener Härte, ein Attribut, das sich die Spieler der Gäste an jenem Abend verdient hatten, und zwar alle zusammen.

Totti entledigte sich im Anschluss an die Partie nicht nur seines Trikots, sondern gleich auch noch seiner Sporthose, beides flog in den Gästeblock. Gewandet in Unterhemd und Unterhose verließ der Spielmacher arg gerupft den Platz und verschwand im Umkleidetrakt. Dieses bizarre Finale war wiederum das Vorspiel für ein noch viel ereignisreicheres Re-Match im Stadio Olimpico. Die Spieler der Roma hatten in jenen Tagen ein enormes Misserfolgs- und Disziplinproblem und einen hohen Verschleiß an Trainern, die an diesem Team verzweifelten.

Rudi Völler war 2004 kurz Trainer der Roma

Einer von ihnen war die Leverkusener Klub-Ikone Rudi Völler. Der hatte bei der AS Rom einst als viel treffender Stürmer so sehr reüssiert, dass er sich bei deren Fans den Status eines Klubheiligen erworben hatte. Das mag der Grund dafür gewesen sein, dass der Verein Völler am 30. August 2004 als neuen Trainer vorstellte. Doch die internen Probleme und der ausbleibende Erfolg veranlassten Völler schon 26 Tage später, seinen Rücktritt zu erklären. Womit er beide Spiele gegen Bayer 04 verpasste.

Die Leverkusener Partie im Stadio Olimpico war infolge eines weiteren Roma-Skandals ein Geisterspiel, damals eine absolute Rarität. Im Champions-League-Spiel gegen Kiew hatte ein römischer Zuschauer von der Ehrentribüne aus den schwedischen Schiedsrichter Anders Frisk mit einem Münzwurf so sehr verletzt, dass dieser die Begegnung abbrach. Die Uefa sprach zwei Spiele unter Ausschluss der Öffentlichkeit als Sanktion aus. Draußen vor dem Stadion versammelten sich daher gut 500 Fans, sangen laut und zündeten ein paar bedrohlich knallende Kanonenschläge.

Im Spiel setzte es dann keine besonders knalligen Schläge, dafür aber einen Tritt des Grauens, in einer Szene, deren Brutalität die Zeitlupe offenlegte. In den Hauptrollen auf römischer Seite, na klar: Totti und im Leverkusener Dress der defensive Mittelfeldspieler Carsten Ramelow. Letzterer hatte Ersteren während der Partie so sehr mit Grätschen und gewonnenen Zweikämpfen getriezt, dass es in der 72. Minute zum Ausbruch des Totti-Vulkas kam: Ramelow rutschte auf der Balljagd in Tottis unmittelbare Nähe, der hob ab und landete sehr bewusst mit den Stollen auf Ramelows Rücken.

Leverkusens Physiotherapeut Dieter Trzolek behandelt die Rückenblessuren von Carsten Ramelow. Sie sind das Ergebnis von Tottis Tritt.

Leverkusens Physiotherapeut Dieter Trzolek behandelt die Rückenblessuren von Carsten Ramelow. Sie sind das Ergebnis von Tottis Tritt.

Ramelow war enorm aufgebracht. Er konnte trotz der Attacke allerdings weiterspielen. Beide Spieler erhielten die Gelbe Karte. Einen Video-Schiedsrichter gab es noch nicht, der Unparteiische Portugiese Batista hatte Tottis Attentat übersehen. Nach dem Spiel rief Ramelow, auf dessen Rücken sich viele Stollenspuren fanden, aus: „Das ist unfassbar.“

Ich war nicht zimperlich und bei Totti baute sich die Wut regelrecht auf. Als ich dann grätschte, nutzte er die Situation, sprang hoch und obwohl er neben mich hätten springen können, nutzte er mich als Trampolin und haute mir beide Füße ins Kreuz.
Carsten Ramelow

Jahre später sagte Ramelow dazu: „Ich war nicht zimperlich und bei Totti baute sich die Wut regelrecht auf. Als ich dann grätschte, nutzte er die Situation, sprang hoch und obwohl er neben mich hätten springen können, nutzte er mich als Trampolin und haute mir beide Füße ins Kreuz. Die Szene ist ein Renner auf Youtube.“

Anschließend lieferten sich auch die Trainer ein Duell. Augenthaler sagte: „Das war eine knallrote Karte.“ Seinem römischen Kollegen Luigi del Neri wurde übermittelt, Augenthaler habe gesagt, der AS Rom sei „eine Schlägertruppe“. Del Neri antwortete: „Augenthaler redet Unsinn.“ Der wiederum sagte: „Ich kann verstehen, warum Rudi Völler nach 26 Tagen als Roma-Trainer zurückgetreten ist.“

Ach ja, die Partie endete 1:1. Del Neris Team schied als Letzter der Gruppe B mit einem gewonnenen Punkt aus. Leverkusen sicherte sich Rang eins vor Real Madrid, scheiterte aber im Achtelfinale am FC Liverpool. In dessen Kader stand damals Xabi Alonso, der allerdings nicht zum Einsatz kam. Wie klein doch die Fußballwelt ist.