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Kommentar zu TönniesEin einziger Satz mit mehr Dummheit und Ignoranz ist kaum möglich

Lesezeit 3 Minuten
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Clemens Tönnies

  1. Clemens Tönnies hat sich für seine rassistischen Bemerkungen entschuldigt.
  2. Dennoch müssen die Entgleisungen des Schalke-Chefs, in dessen Betrieben jährlich 20 Millionen Schweine getötet werden, gegen alle Afrikaner Folgen haben.
  3. Ein Sturm der Empörung unter den Schalke-Mitgliedern ist allerdings nur schwer vorstellbar.
  4. Unser Kommentar.

Köln – Der ostwestfälische Unternehmer Clemens Tönnies hat vor der Kreishandwerkerschaft in Paderborn-Lippe als Gastredner einen Einblick in sein Weltbild gegeben. Das wäre nicht weiter schlimm, wenn Tönnies als Chef des FC Schalke 04 und Lenker eines internationalen Schweine-Schlacht-Imperiums nicht eine Figur von öffentlichem Interesse wäre – und wenn er ein anderes Weltbild hätte. Sein Vorschlag, dem Klimawandel zu begegnen, lautete so: Verzicht auf die Erhebung von Steuern aller Art, stattdessen solle man 20 Kraftwerke in Afrika finanzieren. Begründung, so wörtlich: „Dann würden die Afrikaner aufhören, Bäume zu fällen, und sie hören auf, wenn's dunkel ist, Kinder zu produzieren."

Augenzeugen berichteten, dass es unter den 1600 Gästen Momente der Irritation gegeben habe, dann aber hätte man sich doch zu anerkennendem Beifall entschlossen. Schließlich hatte das nicht irgendwer gesagt, sondern der große Clemens Tönnies, der mit seinem Milliarden-Vermögen für den Kult-Verein FC Schalke 04 bürgt und die Regale der Discounter mit Billigfleisch füllt. Mehr als 20 Millionen Schweine werden jährlich weltweit in seinen Betrieben geschlachtet, davon über 16 Millionen in Deutschland. Und die allermeisten von uns, die nicht vegetarisch oder vegan leben, werden bewusst oder unbewusst schon das eine oder andere Stück Fleisch aus seiner Produktion gegessen haben.

So ein Denken ist nicht entschuldbar

Am Tag danach hat sich Tönnies für seine Aussagen entschuldigt. Das ist sein Recht. Unser Recht ist es allerdings, darauf zu antworten: Selbst mit der allergrößten Mühe wäre es kaum möglich, einen einzigen Satz zu bilden, in dem mehr Dummheit und Ignoranz steckt als in der Aussage mit den Afrikanern, Bäumen und den ausschließlich im Dunkeln gezeugten Kindern. Niemand, der so etwas sagt, kann den Nachweis erbringen, nicht auch so zu denken. Und so ein Denken ist nicht entschuldbar. Jeder Mensch, der ein hohes öffentliches oder politisches Amt bekleidet, hätte am Tag nach so einer Rede zurücktreten müssen. Dies ist kein Fall von bloßem Verlassen der Zone politischer Korrektheit. Solche Aussagen sind ohne einen Hang zu Rassismus und Menschenverachtung nur sehr schwer erklärbar.

Das Schlimme ist, dass dieser Vorgang für Clemens Tönnies vermutlich keine Folgen haben wird. Die Mehrzahl der Fans des FC Schalke 04 wird nicht die Kraft aufbringen, gegen den Aufsichtsratsvorsitzenden zu protestieren. Das würde die ohnehin vagen Erfolgsaussichten des sportlich angeschlagenen Großklubs womöglich mindern, und ein Fußball-Fan will so etwas nicht. Außerdem hat der Mann seine Rede als Fleischfabrikant und Großunternehmer gehalten. Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass er sich als Chef des Unternehmens, das er führt, selbst entlässt.

Sollte dieser Fall, wofür viel spricht, also folgenlos bleiben, bewiese das vor allem eines: Es ist möglich, im Jahr 2019 in Deutschland ungestraft so etwas zu sagen. Verwunderlich wäre das nicht. Der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika sagt täglich Dinge, die genau so schlimm sind. Und es kann gut sein, dass er nächstes Jahr wiedergewählt wird.