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Deutschland gegen ArgentinienPöbler stört Schweigeminute bei DFB-Länderspiel

Lesezeit 4 Minuten
Gnabry_Tor

Serge Gnabry erzielt das 1:0 gegen Argentinien.

Dortmund – Joachim Löw verzog keine Miene und klatschte halbherzig mit seinem Trainerteam ab, seine aus der Not geborene Bubi-Elf machte sich gequält zur Ehrenrunde auf. Zwar hat die nach dem Ausfall von 15 Nationalspielern völlig neuformierte DFB-Elf beim 2:2 (2:0) im Prestigeduell gegen Argentinien lange Zeit mit überfallartigem Konterfußball verblüfft - am Ende aber Lehrgeld bezahlt.

„Die erste Halbzeit haben wir sehr mutig und beherzt nach vorne gespielt und viele gute Aktionen gehabt. In der zweiten Halbzeit war Argentinien stark“, sagte Löw bei RTL. „Wir haben ein paar Ballverluste gehabt und sind ins Schwimmen gekommen.“ Eine Führung zu verspielen, sei „leider schon öfter“ passiert, sagte der als Kapitän aufgelaufene Münchner Joshua Kimmich ebenfalls bei RTL.

Gnabry immer gefährlich

Der Treffer des immer gefährlichen Bayern-Angreifers Serge Gnabry (15. Minute), der in seinem elften Länderspiel zum zehnten Mal traf, und das erste DFB-Tor des Leverkuseners Kai Havertz (22.) reichten nicht für die junge Mannschaft von Löw, der die Freiburger Neulinge Robin Koch und Luca Waldschmidt in der Startelf aufgeboten hatte. Die eingewechselten Lucas Alario (66.) und Lucas Ocampos (85.) sorgten für den Ausgleich.

Nach der grundsätzlich dennoch überzeugenden Vorstellung kann die DFB-Auswahl mit viel Energie nach Tallinn zum EM-Qualifikationsspiel beim punktlosen Tabellenletzten Estland an diesem Sonntag (20.45 Uhr/RTL) reisen.

Löws Notelf, die zum ersten Mal seit fünf Jahren ohne Weltmeister auflief, agierte im inzwischen bewährten 3-4-3-System von Beginn an erstaunlich eingespielt. Das Umschaltspiel meist über Havertz funktionierte vor allem in der ersten Halbzeit trotz der vielen Ausfälle.

Die junge DFB-Elf stellte die überforderten und oftmals überrumpelten Gäste immer wieder vor Probleme. Marc-André ter Stegen, der im deutschen Tor seine Chance bekam, war kaum gefordert.

Gnabry vollendete eine Flanke des auffälligen Lukas Klostermann technisch stark, kurz vor der Pause scheiterte er knapp (45.). Den Treffer durch Havertz, der seine Qualitäten als Spielmacher aufblitzen ließ, bereitete der Münchner Vierfach-Torschütze aus der Champions League lehrbuchhaft vor.

An der Entstehung war wieder Klostermann beteiligt. Der Außenverteidiger von RB Leipzig konnte sich auf der rechten Seite immer wieder energisch ins Angriffsspiel einschalten.

Extrem viele Ausfälle

Löw stand zwischenzeitlich hoch zufrieden an der Seitenlinie, die Sorgen der vergangenen Tage schienen plötzlich weit weg – schließlich hätte er allein mit den verletzt oder krank fehlenden Spielern eine überaus konkurrenzfähige Mannschaft aufstellen können. Unter anderem Langzeitpatient Leroy Sané, Ilkay Gündogan, Leon Goretzka und Toni Kroos hatten absagen müssen. Timo Werner plagt eine Grippe, Marco Reus saß „ein bisschen angeschlagen“ (Löw) auf der Bank.

Von dem kurzfristigen Ausfall des eigentlich für die Startelf eingeplanten Berliners Niklas Stark (Magen-Darm-Infekt) profitierte Koch als zentraler Innenverteidiger neben Niklas Süle und Emre Can, der in der 55. Minute an Argentiniens Torwart Agustin Marchesin scheiterte. Der 23 Jahre alte Koch erledigte seine Aufgabe unaufgeregt und umsichtig – beim Gegentor durch den Leverkusener Alario zahlte der SC-Profi allerdings Lehrgeld und kam im Zweikampf zu spät.

Waldschmidt konnte sich neben seinen schnellen Sturmpartnern Gnabry und Julian Brandt nicht oft in Szene setzen. Kurz nach dem Wiederanpfiff traf er das Außennetz (47.).

„Sie sind motiviert und haben keine Angst“, sagte Löw über die Neulinge 102 und 103 seiner Amtszeit. Der Leverkusener Nadiem Amiri kam in der 66. Minute als Debütant Nummer 104, auch der ebenfalls nachnominierte Schalker Suat Serdar kam zu seinem ersten Einsatz (72.).

Auf der Ehrentribüne feierte der neue DFB-Präsident Fritz Keller als dritter Freiburger sein Debüt bei der Nationalmannschaft. Er sah in der 31. Minute des bis dahin unterhaltsamen Spiels einen Freistoßknaller von Marcel Halstenberg, der aber nur die Latte traf.

Anschlusstreffer_Argentinien

Lucas Alario erzielt freistehend per Kopf den 2:1-Anschlusstreffer für Argentinien.

Auf der Gegenseite scheiterte Rodrigo de Paul am linken Pfosten (33.). Nach dem Anschlusstreffer wurden die Gäste, die sich unter Trainer Lionel Scaloni fast noch mehr als die deutsche Mannschaft im Umbruch befinden, besser.

Ohne Superstar Messi fehlte aber die ganz große Durchschlagskraft. Die Starspieler Paulo Dybala, der ohne Torschuss nach gut einer Stunde ausgewechselt wurde, und Lautaro Martinez kamen fast überhaupt nicht zur Geltung. Alario verfehlte das Tor von ter Stegen knapp (78.), Ocampos machte es besser.

Vor dem Spiel hatte es eine Schweigeminute in Gedenken an die Opfer der Angriffe in Halle (Saale) gegeben. Für Unmut sorgte dabei ein Pöbler, der währenddessen deutlich hörbar „Einigkeit und Recht und Freiheit“ in die Stille hinein rief, von einem Zuschauer aber zurechtgewiesen wurde. Dieser erntete Applaus für sein schnelles Eingreifen. (dpa, red)