Zu Saudi-Arabien sagte Bernd Neuendorf «Ja, aber». Wenn es um Russland geht, kommt vom DFB-Chef ein klares «Nein.» Rund um zwei wichtige UEFA-Termine geht es im Fußball schon wieder um Politik.
SportpolitikRussland-Frage zurück auf der Fußball-Agenda

Die DFB- und DFL-Spitze sieht sich vor dem UEFA-Kongress mit dem Russland-Thema konfrontiert.
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Die Tagesordnung beim UEFA-Kongress haut Bernd Neuendorf nicht vom Hocker. Viele Formalien, viele Anträge, erwartet der DFB-Chef in Belgrad. Aber Neuendorf weiß auch, dass hinter den Kulissen brisante Themen verhandelt werden - inklusive der politisch heiklen Russland-Frage. Und der deutsche Top-Funktionär hat dazu eine klare Meinung.
Eine Rückkehr der russischen Fußball-Mannschaften in die internationalen Wettbewerbe ist für viele Funktionäre im Gegensatz zu Neuendorf kein Tabu mehr. Wenn Europas Fußball-Politiker am Mittwoch zur Sitzung des Exekutivkomitees und am Donnerstag zum Kongress der UEFA zusammenkommen, schwelt das Thema mit.
Die DFB-Delegation mit Neuendorf und DFL-Boss Hans-Joachim Watzke, der wieder ins Exekutivkomitee gewählt werden will, muss sich erneut im sportpolitischen Geflecht beweisen.
Worum geht es in der Russland-Frage?
Seit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine im Frühjahr 2022 sind russische Fußball-Mannschaften von internationalen Wettbewerben ausgeschlossen, durch die UEFA für Europa, durch die FIFA weltweit. Dabei sanktionierten die Verbände nicht den militärischen Überfall, sondern in einem sportpolitischen Kniff die daraus resultierende Gefährdung der „Integrität der Wettbewerbe“. Man sorgte sich um den „ordnungsgemäßen Ablauf“ der Spiele.
Das geschah zudem erst auf Druck einiger Nationalverbände wie Polen, Schweden und Tschechien. Diese drohten damals mit Boykott, sollte ein UEFA- und FIFA-Plan umgesetzt werden, der russischen Mannschaften ohne Flagge und Hymne das Weiterspielen erlauben sollte.
Warum ist das Thema jetzt akut?
Die Bemühungen um einen Waffenstillstand ermöglichen, über eine Rückkehr überhaupt reden zu können. US-Präsident Donald Trump sprach kürzlich mit Russlands Präsident Wladimir Putin sogar über gemeinsame Eishockey-Spiele. Das war im Gegensatz zu den hochkommerzialisierten Fußball-Wettbewerben sicherlich eher Effekthascherei. Aber natürlich nutzen die Kräfte, die den Ausschluss ablehnen, den kleinen Spalt, den die Weltpolitik jetzt bietet.

DFB-Chef Bernd Neuendorf (r), hier neben UEFA-Präsident Aleksander Ceferin, hat eine klare Haltung zur Russland-Frage im Fußball.
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Wie positioniert sich der deutsche Fußball?
Im Gegensatz zur Frage der WM-Vergabe an Saudi-Arabien 2034, der Neuendorf sprichwörtlich mit Bauchschmerzen zustimmen musste, ist diesmal (noch) kein sportpolitisches Kalkül notwendig. Eindeutig hat der DFB-Chef den deutschen Kurs vorgegeben. „Fakt ist, dass sich an der Ausgangslage, die zur Suspendierung russischer Mannschaften geführt hat, leider nichts geändert hat. Unvermindert setzt Russland den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen die Ukraine fort“, sagte der 63-Jährige.
Erst Frieden, dann Fußball, so ist die Haltung. „Insofern erübrigen sich derzeit Debatten über eine generelle Aufhebung der Sanktionen. Die Lage muss sich zunächst substanziell verändern“, sagte Neuendorf. Das ist wohl auch noch die Mehrheitsmeinung in der UEFA.
Was sagt die UEFA-Führung?
Präsident Aleksandar Ceferin ist auch nicht für eine sofortige Aufhebung des Banns oder kann es derzeit nicht sein. Der Slowene hatte sich aber immer differenziert geäußert. So tritt er auch jetzt für eine Startgenehmigung für Jugendmannschaften unter 18 Jahren ein.
Seine Motivation könnte vielschichtig sein. In manchen osteuropäischen Verbänden und auch in seiner Verwaltung ist die Russland-Kritik weniger laut. UEFA-Direktor Zoran Lakovic reiste zum Treffen des russischen Fußball-Verbandes nach Moskau und machte dort fast schon Versprechungen. Auch diesen Strömungen muss der UEFA-Boss genügen.
Generell versteckt sich der Fußball ohnehin gerne hinter der Leitfunktion des IOC. Solange von der olympischen Dachorganisation kein Signal kommt, kann man auf jenen verweisen. Die FIFA und mit ihr Präsident Gianni Infantino als ehemaliger Putin-Freund wird sich aber beim eigenen Kongress am 15. Mai in Asunción (Paraguay) auch mit der Frage konfrontiert sehen. Eine Teilnahme Russlands an der schon laufenden Qualifikation für die WM 2026 erscheint derzeit aber unrealistisch.

Der russische Verbandspräsident Alexander Djukow gibt seinen UEFA-Posten auf.
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Was passiert in Russland?
Nahezu täglich wird auf eine Rückkehr in den internationalen Sport, speziell im Fußball, in den nationalen Medien öffentlichkeitswirksam gedrängt. Mal ist es Nationaltrainer Waleri Karpin, der den Zeitpunkt für gekommen hält. Mal sieht Verbandschef Alexander Djukow eine positive Entwicklung in den internationalen Beziehungen. Im Februar wurde seine Wiederwahl in Russland - wenn auch kurz und knapp - auch auf der offiziellen UEFA-Homepage vermeldet.
Der Spitzenfunktionär sitzt auch noch mit Watzke im Exekutivkomitee des Kontinentalverbandes. 2021 vor Kriegsbeginn wurde er für vier Jahre gewählt. Er kandidiert jetzt aber nicht erneut. Vermutlich wegen geringer Chancen. Eine symbolträchtige Niederlage an der UEFA-Wahlurne würde das russische Rückkehr-Projekt eher beschädigen. (dpa)