Kommentar zur Super LeagueZerreißprobe für den Profifußball
Köln – Sollten die zwölf Großklubs tatsächlich ihre neue Super League gegen den Willen von Fifa und Uefa durchdrücken und exakt so an den Start bringen, wie es in ihrer in der Nacht zu Montag veröffentlichten Absichtserklärung steht, wäre das nicht weniger als das Ende des Profifußballs in seiner aktuellen Form. Die Champions League, das prestigeträchtigste Produkt des Sports, wäre ohne die meisten ihrer Topvereine auf einen Schlag quasi wertlos. Wenn die Verbände im Gegenzug dafür sorgen würden, dass die Super-League-Teilnehmer von ihren nationalen Wettbewerben ausgeschlossen werden, lägen auch diese in Trümmern. Ein Totalschaden also. Doch ist es bis dahin noch ein weiter Weg mit vielen Verhandlungen – zwischen Klubs und Verbänden sowie vor Gerichten. Dass es tatsächlich zum Worst-Case-Szenario kommt, ist aber unwahrscheinlich. Dafür haben alle Beteiligten zu viel zu verlieren.
Die Entwicklung hin zur koordinierten Verlautbarung der zwölf Vereine um 0.30 Uhr war hingegen absehbar. Schon lange drohen die Klubs der Uefa mit einem Alleingang. Auch der jüngste Vorstoß könnte nur eine Erpressung seitens der Klubs sein, um sich bei anstehenden TV-Geld-Verhandlungen ein noch größeres Stück des Champions-League-Kuchens zu sichern.
Die Heuchelei der Uefa
Die Aussage des zum Super-League-Boss gekrönten Real-Madrid-Chefs Florentino Pérez, man habe mit der Gründung auf die Begehrlichkeiten von vier Milliarden Fußballfans weltweit reagiert, ist in höchstem Maße unglaubwürdig. Allen Klubs geht es nur um mehr Geld. So drückt den FC Barcelona ein Schuldenberg von über einer Milliarde Euro. Der AC Mailand, Liverpool und Manchester United werden von US-Investoren geführt, die an einer Gewinnmaximierung interessiert sind. Die würden sie mit der Super League erreichen: 3,25 Milliarden Euro sollen unter den 15 Gründungsmitgliedern aufgeteilt werden. Anschließend soll es jede Saison pro Team 100 Millionen Euro Antrittsprämie geben. Zum Vergleich: Champions-League-Sieger Bayern München erhielt 2020 die Rekordsumme von „nur“ 135 Millionen Euro.
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Dass sich nun ausgerechnet die Uefa zum Verteidiger der Fußball-Tradition aufschwingt und die Super League mit allen Mitteln verhindern möchte, ist an Heuchelei nur schwer zu überbieten. Denn dem europäischen Verband geht es ebenfalls nur ums Geld – weshalb er seinerseits die Transformation der Champions League in Richtung einer Superliga vorangetrieben hat: Mehr Geld und Rechte für die Großen, weniger für die Kleinen. Das Projekt der zwölf Abtrünnigen torpediert nun das Vorhaben der Uefa – weshalb es für den Profifußball zu einer Zerreißprobe kommt.
Mit einem romantischen Einsatz für irgendwelche Fan-Interessen oder Klub-Traditionen hat all dies natürlich nichts zu tun.