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Von Bourani bis ShakiraDie schlimmsten und besten WM-Songs

Lesezeit 6 Minuten

Andreas Bourani

1: Andreas Bourani - Auf uns

Der offizielle ARD-Song. Klingt, als ob sich der Profi-Wimmerschinken Xavier Naidoo und die diplomierte Coldplay-Heulsuse Chris Martin auf eine Rhabarberschorle getroffen und das Softgetränk auch noch durch einen Strohhalm gesüffelt haben. Peinliche Selbstabfeierei –„Ein Hoch auf uns“ – kombiniert mit abgegriffenen Kalenderspruchweisheiten: Im Regen steh’n, durchs Feuer geh’n, Freude und Tränen teilen, Herzen steuern“. Andreas Bourani, das singende Reihenhaus. Für die Tapfersten schwer auszuhalten, für alle anderen: gruselig.

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2: OneRepublic - Love Runs Out

Never change a winning team: Mit “Marchin’ On” steuerten OneRepublic schon den ZDF-Song zur WM in Südafrika bei. Mit „Love Runs Out“ haben sie ihr „Mit dem Zweiten wiederholt es sich besser“-Erfolgsrezept noch einmal überarbeitet und – was viele für unmöglich hielten – tatsächlich simplifiziert. Stumpfe Handclaps, schlichte Drums, ein einziger Beat reicht für dreieinhalb Minuten. Besser kann man Kartoffelstampf-Pop nicht herstellen. Der Kevin Großkreutz unter den WM-Liedern.

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3: Jennifer Lopez feat. Pitbull & Claudia Leitte - We Are One (Ole Ola)

Eine nach allen Regeln der Kunst durchgebratene Klischeewurst. Im Video des offiziellen FIFA-Songs zu bestaunen: Kinder, die auf staubigen Hartplätzen kicken, exzessive Fahnenschwenker, popowackelnde Samba-Girls, Capoeira-Tänzer. Mittendrin im inflationären Getrommel der Wellness-Version von Brasilien: Jennifer Lopez aka „The Butt“, mit 44 immer noch der offensivste singende Hintern des Popbiz und – was leider mehr als nur ein bisschen stört – Armando Christian Pérez alias Pitbull. Was die Kirmes-Rap-Einlage des Amerikaners angeht: Schwämmchen drüber. Aber dass er so tanzt wie Carsten Ramelow und Jens Jeremies spielten: Dafür gibt’s, ganz ohne Hinter(n)gedanken, glatt Rot.

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4: Mister Santos - Das dicke, dicke Ding

Von einer gewissen Relevanz bei WM-Songs: Man muss sie auch mit 1,4 Promille noch textsicher mitgrölen können. Das fluppt bei dem hier. Das Lied von Mister Santos, im Erstjob Rapper bei Massive Töne, hat Mut zu simplen Binnenreimen – „Der Kader tanzt Lambada“, „Bengalos, was’n da los?“–, besticht durch gute Beats, einen schön verdribbelten Rhythmus und wartet mit einem simplen Refrain auf. Im Clip zu sehen: Allerlei gesichtsbekannte Menschen wie Joko Winterscheidt, Palina Rojinski, Fernanda Brandao (das inoffizielle WM-Maskottchen des deutschen Farbfernsehens), Old Lederhaut Uschi Glas. Und der Mann, der sich in einem Satz mit zwei Nebensätzen bis zu siebenmal selbst widersprechen darf – der Kaiser himself, Firlefranz Beckenbauer.

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5: Stefan Raab - Wir kommen, um ihn zu holen

Neues vom passionierten Mettbrötchenliebhaber und ehrgeizigstem Ü40-Gebissträger Kölns. Damit auch alle merken, dass Stefan Raab mit im WM-Boot sitzt, gibt’s seinen Song gleich in der drei Versionen: als Rammstein-Verarsche, als schmierlappige Strohhütchen-Casanova-Variante und als – durchaus gelungene – Zwergenrock-Version. Deutscher Vorgarten-Chic erobert die Welt und holt trotzdem oder gerade deswegen – hier ist grenzenlos optimistisches Wunschdenken Vater des Liedgedankens – den Weltpokal nach Deutschland. Übrigens: Egal, welche Spielart Raab wählt, alle klingen solide. Und in etwa so aufregend wie ein Siemens-Staubsauger bei mittlerer Saugleistung.

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(Raabstein-Version)

http://www.youtube.com/watch?v=kvm0N6HvcJU

(Raabinho Samba Version)

http://www.youtube.com/watch?v=50jpdYM4KVc

6: Shakira - La La La (Brazil 2014)

Hat sich in Sachen Fußballsongs eindeutig weiterentwickelt, die Frau. Zumindest, was die Konsonantenauswahl angeht. War’s bei der WM 2010 in Südafrika bei „Waka Waka“ noch das „W“ und das „K“, so steht jetzt das „L“ im Fokus. Sicherheitshalber bringt Shakira, die kolumbianische Zuckerpuppe aus der Bauchfrei-Tanzgruppe, den neuen Konsonanten aber mit einem bewährten Vokal ins Spiel: „La La La“ heißt ihr Lied zur WM 2014. Serienmäßig eingebaut: Globalisierte 4-to-the-floor-Beats, die selbstverständlich rund um die Welt funktionieren. Your Großraum-Disko needs you, Shakira. Ganz gleich, ob im Gewerbegebiet Frechen oder am Strand von Ipanema.

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7: Matze Knop - Goldene Generation

Der Mann war nie lustig, ist nicht lustig und wird nie lustig sein. Erstaunlichweise verdient Matze Knop sein Geld trotzdem seit vielen Jahren mit flauen Witzchen und halbgaren Parodien; vorzugsweise macht er Fußballer und Fußballtrainer nach und arbeitet dabei eng mit der BILD-Zeitung zusammen. Berüchtigt ist er in seinen Rollen als Franz Beckenbauer und Loddaaa Maddäus; von ausgeprägter Einfallslosigkeit und großer Einfaltspinselei ist sein WM-Liedchen: „Stark wie nie-hiee, let’s go Dschööör-männieh“. Mallorca ist gerade damit beschäftigt, vom Image des Billig-Tourismus’ wegzukommen; Matze Knop ist und bleibt die Mensch gewordene Schinkenstraße.

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8: Vengaboys - 2 Brazil!

Zu blöde, dass Alice Schwarzer gerade andere Sachen am Hals hat und sich nicht kümmern kann. Trotzdem: Ein klarer Fall für die Frau, die für Deutschland den Feminismus erfunden hat, dieser WM-Beitrag von den Vengaboys. „2 Brazil!“ kickt die Begrifflichkeit der „bouncing balls“ in eine neue sexistische Dimension und schafft es gleichzeitig, die sozialkritische Komponente im Auge zu behalten: „The beat don’t stop in every villa and favela“. Liebe niederländische Eurotrash-Formation, zwei Fragen. Erstens: Bedeutet das übersetzt: „Arm und reich – unite, unite!?“ Zweitens: Definiert bitte den Begriff „Amöbenkultur!“ Bedankt.

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9: Melanie Müller - Deutschland schießt ein Tor

Kann sein, dass Melanie Müller nach dem Gewinn der RTL-Dschungelkrone in der Version 2014 ihr Image als blondiertes Etwas und mediale Wanderhure korrigieren wollte. Diverse Auftritte und Ereignisse nach dem australischen Telezoo – beim Nacktrodeln, bei Lanz, dieses Lied zur WM – lassen aber leider nur einen Schluss zu: Es bleibt beim Versuch, die Image-Korrektur ist komplett ins knappe Höschen gegangen. Immerhin, eine Utopie steckt in Melanie Müllers Machwerk: „Fußball, das heißt Freundschaft auf der ganzen Welt“. Schön wär’s.

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10: Joachim Deutschland - Eier, so groß wie Deutschland

Ein WM-Song als Drama eines sozialen Aufstiegs, im Titel kombiniert mit einem Zitat des kickenden Wutwürgers Oliver Kahn. „Steht man zusammen auf engsten Raum, ist das Ziel zum Greifen nah“, singt Joachim Deutschland, gibt den Klaus Lage in der Version 2.0 und kündet von Jungen, die nicht satt wurden und es durch den Fußball ganz nach oben geschafft haben. „Das Herz schlägt den Verstand/ wir spielen geil am Strand von Rio/ nur Deutschland spielt so braziliant“. Joachim Deutschland ist der Utopist unter den WM-Sängern 2014, und er schreckt auch vor einer ausgemachten Phantasterei nicht zurück: „Und wenn du denkst, es geht nichts mehr, kommt von irgendwo Mesut Özil her“. Kann aber nur passieren, wenn Özil – wie zuletzt so oft – nicht zwischen Mittelkreis und Elfmeterpunkt immer wieder kurz wegnickt.

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11: Udo Alexander - Eventuell vielleicht bestimmt

Spät kommt er, aber er kommt: Unser Liebling unter den WM-Songs 2014. Arnd Zeigler huldigt den großen Fußballlieder-Sängern Udo Jürgens und Peter Alexander, nennt sich folgerichtig Udo Alexander und feiert ein Festival der Eventualitäten. Unterstützt von Erdmöbel-Bassspieler Ekki Maas dreht Zeigler – pardon: Udo Alexander – zum schlageresken Tanztee-Sound die ganz große Fußballfloskeln-Philosophie-Runde; ein Text als Bekenntnis zum potenziellen Glücklichsein. „Gegebenenfalls hau’n wir sie weg“ … „Wenn wir das Endspiel gewinnen, kann alles passieren“… „Wenn alles klappt, dann wird uns alles gelingen“. Die besten Bildsequenzen finden sich in den Sekunden ab Minute 1:44 Minute – und über die Frisur, die Udo Alexander im Video trägt, sollte Arnd Zeigler auch mal privat nachdenken. Nicht eventuell oder vielleicht, sondern ganz bestimmt.

12: Deichkind feat. Das Bo - Ich habe eine Fahne

Alle fiebern dem WM-Start entgegen und die Musiker von Deichkind und Das Bo machen sich darüber lustig. In ihrem neuen Video zur WM "Ich habe eine Fahne" lassen sie berühmte und vergessene Fußballer in Panini-Alben zu ihrem Song mitsingen.

Auch Merkel hat eine kurze Szene im dreiminütigen Clip. Der Beat und der Elektrosound machen das Lied schon jetzt zu einer guten Alternative zu den üblichen WM-Songs.