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Frankreich-Wunder bei Handball-EMElohim Prandi gelingt das Tor des Turniers

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Unglaublich: Der Wurf von Elohim Prandi findet an der schwedischen Maier vorbei noch den Weg ins Tor.

Unglaublich: Der Wurf von Elohim Prandi findet noch den Weg ins Tor.

Franzose trifft spektakulär zum Ausgleich gegen Schweden. Frankreich steht damit im EM-Finale.

Das Spiel scheint für Frankreich verloren, denn die Uhr ist abgelaufen und Schweden führt im ersten Halbfinale dieser Handball-EM mit 27:26. Doch einen Freiwurf gibt es noch für die Franzosen, den Olympiasieger von Tokio vor drei Jahren. Den Ball bekommt der Mann mit dem kräftigsten Wurf, Elohim Prandi von Paris Saint-Germain. Und obwohl die Chancen auf einen Treffer in einer solchen Situation außergewöhnlich gering sind, traf Prandi im Fallen an der Mauer der Schweden und ihrem am Freitagabend ausgezeichnenten Torhüter Andreas Palicka vorbei zum nicht mehr erwarteten 27:27. Es war die bisherige Szene des Turniers. Frankreich nutzte in der anschließenden Verlängerung dieses Momentum aus und gewann mit 34:30.

„Wir standen mit einem Bein schon im Grab“, sagte Frankreichs Trainer Guillaume Gille nach der Partie. „So ein Ding wie es Prandi geschafft hat, gelingt dir einmal in einer Million Fällen.“ Prandi wiederum, wie Palicka ein Spieler von Paris Saint-Germain, sah das ein bisschen anders: „Ich habe mich an der Mauer vorbeigelegt, plötzlich hatte ich freie Bahn.“ Und getroffen – faszinierend.

Tatsächlich, der Ball war drin: Elohim Prandi wird gefeiert.

Tatsächlich, der Ball war drin: Elohim Prandi wird gefeiert.

In der Verlängerung machte ein weiterer Joker der Franzosen auf sich aufmerksam: Dylan Nahi, ein Linksaußen, der für Kielce in Polen spielt. Nahi traf zwischen der 61. und 65. Minute drei Mal in Folge mit spektakulären Würfen von der Außenposition. Frankreich führte plötzlich mit 30:27, damit war eine Vorentscheidung gefallen. „Les Experts“ blieben bis zum Schluss vorne und stellten schließlich noch auf 34:30. Die Schweden hatten nichts mehr zuzusetzen. Frankreich, der dreimalige Europameister, erreichte schließlich zum vierten Mal ein Finale dieser Turnierform.

Protest der Schweden wird abgewiesen

Noch am Freitagabend protestierten die Schweden gegen die Wertung des Spiels. Nach Ansicht der Delegation aus Skandinavien war Prandis Treffer nicht regelkonform erzielt worden. Sie monierten, dass die Schiedsrichter auf einen möglichen Videobeweis zur Klärung der Szene verzichtet hatten. Die EHF teilte am Samstag mit, „dass es im Ermessen der EHF-Schiedsrichter liegt und nicht verpflichtend ist, die VR-Technologie einzusetzen“.

Der Videobeweis komme nur zum Einsatz, „wenn die Schiedsrichter ernsthafte Zweifel an der richtigen Entscheidung haben oder die Situation nicht richtig sehen können“. Die Technik nicht zu nutzen, entspreche den Regeln „und gilt als sachliche und somit endgültige Entscheidung, gegen die kein Widerspruch möglich ist“. EHF-Präsident Michael Wiederer kritisierte dagegen, dass die Schiedsrichter den Videobeweis nicht genutzt hatten. „Das war ein Fehler“, sagte Wiederer am Samstag auf der EM-Abschlusspressekonferenz. Gleichzeitig aber wies die EHF den Einspruch zurück. Es handele sich um eine Tatsachenentscheidung. Die werde nicht zurückgenommen.

Frankreich setzte wie schon so oft zuvor in diesem Turnier erneut seine Spezialität um: den energischen Zwischensprint. „Das beherrschen wir, es ist eines unserer Stilmittel“, sagt dazu Spielmacher Kentin Mahé, der von 2011 bis 2013 in Gummersbach spielte und nun in Vezprem, Ungarn, sein Geld verdient. Ihren ersten Zwischensprint setzten die Franzosen Mitte der ersten Hälfte an, als sie auf 13:6 stellten (17.). Doch die Schweden kamen zurück und glichen zum 18:18 kurz vor der Pause aus. Erstmals in Führung gingen sie in der 32. Minute, nach 55 Minuten und dem fünften Treffer des überzeugenden Hampus Wanne stand es sogar 25:23. Zwei Tore Vorsprung hatten die Schweden auch noch mit Anbruch der letzten Spielminute, ehe Prandi seinen großen Auftritt und verrückten Moment hatte.

Spieler des Spiels wurde allerdings kein Franzose, sondern Schwedens überragender Torhüter Andreas Palicka, der 15 Paraden zeigt und sogar drei Siebenmeter abwehrte. Doch am Ende war auch das zu wenig, weil ihn sein Vereinskollege Prandi doch noch überlisten konnte. Ein solches Kunststück, sagte er hinterher, sei ihm im Dress von PSG schon einmal gelungen. Am Freitag in der ausverkauften Lanxess-Arena jedoch war sein Ausgleichstreffer zum 27:27 in der Nachspielzeit aus französischer Sicht deutlich wichtiger.