Nach der Entlassung von Daniel Weber stieg die 38-Jährige von der Co- zur Interimscheftrainerin auf. Ihr erstes Spiel wird wegweisend.
FrauenfußballWie Jacqueline Dünker den 1. FC Köln vor dem Abstiegskrimi in Potsdam auf Kurs bringen will
Mit mehr Strenge und mehr Spaß zum Erfolg – so klingt stark vereinfacht der Plan von Jacqueline Dünker. Die 38-Jährige stieg nach der Entlassung von Daniel Weber von der Co- zur Chef-Trainerin auf – vorerst bis zum Jahresende. „Ich bin ein bisschen strenger, was den Spielerinnen aber jetzt nicht negativ auffällt, sondern sie in dieser Situation brauchen“, skizziert die 38-Jährige den größten Unterschied nach ihrer Übernahme.
Keller-Krimi bei Turbine Potsdam
Die gebürtige Euskirchenerin hat mit den beiden Spielen am Samstag (12 Uhr) in Potsdam sowie am 16. Dezember (18 Uhr) zu Hause gegen Leipzig die Chance, die Verantwortlichen zu überzeugen, dass aus der Übergangs- eine Dauerlösung wird. Dünker wäre offen dafür: „Ich bin bereit für die Aufgabe und freue mich darauf, sie so lange zu machen, wie es der Klub möchte.“
Als Hauptaufgabe sieht es Dünker an, „die Spielerinnen daran zu erinnern, was sie gut können, was sie gut gemacht haben und ihnen wieder die Freude an diesem Sport zu vermitteln. Denn nur wer Spaß hat, kann auch guten Fußball spielen und erfolgreich sein.“ Die Blockade im Kopf gelte es zu durchbrechen, macht Dünker diese doch als Ursache für den Negativtrend in dieser Saison an: „Es ist ganz schwierig, wenn man eine positive Vorbereitung hatte, wirklich gute Testspiele hatte, und damit positiv in die Saison gestartet ist. Dann kommt man auch durch unglückliche Spielverläufe in eine Abwärtsspirale hinein und da spielt dann der Kopf eine ganz große Rolle. Man verliert ein bisschen den Glauben an das, was man sich erarbeitet hat.“
Insbesondere in den vergangenen beiden Spielen in Frankfurt (0:8) und Bremen (1:4) „hat man extrem gemerkt, dass die Verunsicherung sehr groß war und dass man Angst hatte, etwas falsch zu machen“. Dünker setzt aber fortan auf einen positiven mentalen Ansatz: „Man braucht keine Angst zu haben auf dem Platz. Man muss sich wieder mehr an diese positiven Momente erinnern und sich auch darüber freuen, wenn etwas gelungen ist. Über jeden Zweikampf, den man gewinnt, darf man sich freuen, denn das ist nicht selbstverständlich und kann zusätzlich pushen.“
Das kommende Kellerduell am Samstag in Potsdam wird dabei eine besondere Belastungsprobe für die Kölner Nerven. Die Partie beim Tabellenletzten sollte unter keinen Umständen verloren werden, um kurz vor dem zweiten Advent nicht die Rote Laterne der Bundesliga zu übernehmen. „Von der Qualität und unserem Anspruch her sollten wir die bessere Mannschaft sein“, mutmaßt Dünker, „nichtsdestotrotz hat Potsdam weniger zu verlieren. Deswegen werden sie mutig agieren. Es wird mit Sicherheit kein einfaches Spiel und am Ende wird wahrscheinlich das Team gewinnen, das den Sieg mehr will.“
Keine ideale Vorbereitung beim 1. FC Köln
Die Vorbereitung auf die Partie ist dabei nicht alltäglich: Dünker standen vor der Länderspiel-Pause nur zwei Einheiten mit dem gesamten Kader zur Verfügung, ehe sich viele Spielerinnen zu ihren Nationalmannschaften verabschiedeten. Bei der ersten Einheit verabschiedete sich zunächst ihr Vorgänger Daniel Weber vom Team, berichtet Dünker. Auch der Geschäftsführer Christian Keller habe das Wort ergriffen.
Große Personal-Experimente wird Dünker beim Kampf für die Trendwende vorerst wohl nicht wagen. Zwar gibt es in der eigenen U20 einige vielversprechende Talente, Dünker betont jedoch: „Ich bin grundsätzlich absolut dafür, junge Spielerinnen aufzubauen. Ich glaube aber, dass es jetzt in der kurzen Zeit nicht so produktiv wäre, weil wir ohnehin schon in einer schwierigen Situation sind. Wir konzentrieren uns auf die, die wir aktuell zur Verfügung haben.“
Beim ersten Kellerduell in Aue (2:2) probierte Daniel Weber mit der 17-jährigen Julia Schiffarth die jugendliche Unbekümmertheit zu einem Vorteil nutzen zu können. Schiffarth hatte auch tatsächlich den 3:2-Siegtreffer auf dem Fuß. „In unserer Situation ist diese Unbekümmertheit aber nicht immer entscheidend. Wir müssen stattdessen unsere erfahrenen Spielerinnen mehr in die Pflicht nehmen, sie müssen noch mehr Verantwortung auf dem Platz übernehmen“, konstatiert die Interimstrainerin.
Reise ins Ungewisse für den 1. FC Köln
Im Laufe des am Geißbockheim trainingsfreien Mittwochs kehren die Nationalspielerinnen nach Köln zurück. Zuvor kämpfen zwei FC-Fraktionen im direkten Duell noch um die Qualifikation für die Europameisterschaft im kommenden Jahr in der Schweiz. Im Playoff-Hinspiel setzte sich Polen mit Martyna Wiankowska, Adriana Achcinska und Sylwia Matysik mit 1:0 gegen Österreich um Laura Feiersinger und Nicole Billa. Beim Rückspiel am Dienstagabend in Wien wird auch die Kölner Kapitänin Celina Degen zum österreichischen Aufgebot zählen.
Am Donnerstag und Freitag stehen die beiden finalen Einheiten in Köln mit dem gesamten Kader an, ehe sich der FC mit dem Flugzeug auf die Reise machen wird. Es wird auch für Dünker eine Reise ins Ungewisse.