Der DFB hat sein „Lagebild Amateurfußball“ vorgestellt. Die Zahlen sind nach wie vor deutlich höher als vor der Pandemie.
Amateurfußball961 Spielabbrüche wegen Gewalt oder Diskriminierung – Zahlen weiter auf hohem Niveau
Der DFB hat am Montag sein neuntes Lagebild des Amateurfußballs in Deutschland vorgestellt. Darin werden die Gewalt- und Diskriminierungs-Vorfälle auf den Fußballplätzen unterhalb der Dritten Liga erfasst. Die Zahl der Spielabbrüche wegen solcher Vorfälle liegt im Vergleich zu den Vor-Corona-Saisons weiterhin auf einem hohen Niveau. DFB-Vizepräsident Ronny Zimmermann fordert mehr Aufmerksamkeit und Prävention, um negative Entwicklungen frühzeitig zu stoppen.
Das Lagebild basiert auf den Spielberichten der rund 53.000 Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter, die in der Saison 2022/2023 insgesamt 1.428.657 Spiele geleitet haben. Davon wurden 961 Partien (0,08 Prozent) wegen eines Gewalt- oder Diskriminierungs-Vorfalls abgebrochen. Das ist genauso viel wie in der vorherigen Saison, als weniger Spiele stattfanden. Vor der Pandemie war es zu deutlich weniger Spielabbrüchen gekommen, 672 (2016/17) und 667 (2017/18).
961 Amateurfußball-Spiele wurden bundesweit abgebrochen, 62 davon am Mittelrhein
Laut des Lagebilds kam es in der vergangenen Saison bundesweit zu 6224 Vorkommnissen (0,5 Prozent aller Spiele mit einem abgeschlossenen Spielbericht), davon 3907 Gewalt- (0,31 Prozent) und 2679 Diskriminierungs-Vorfällen (0,21 Prozent).
Im Gebiet des Fußball-Verbands Mittelrhein (FVM) haben in der vergangenen Saison knapp 70.000 Spiele stattgefunden. Bei knapp 400 Partien wurde ein „Störungs- oder Diskriminierungs-Fall“ erfasst. Das entspricht einer Quote von 0,56 Prozent. In 62 Fällen hat dies am Mittelrhein zu einem Spielabbruch geführt.
Tod des 15-jährigen Paul bei Turnier in Frankfurt schockierte Fußball-Deutschland
DFB-Vize Zimmermann betont, dass hinter jeder Zahl ein Mensch stehe, der unter Gewalt oder Diskriminierung leide. Er erinnert an den tragischen Tod des 15-jährigen Paul aus Berlin, der im Mai bei einem Jugendturnier in Frankfurt angegriffen wurde und seinen Hirnverletzungen erlag. Tatverdächtig ist ein 16-jähriger französischer Fußballer.
„Wir brauchen dringend eine andere Umgangskultur auf unseren Fußballplätzen. Ich wünsche mir für unseren Fußball am Mittelrhein, dass wir zum Gentleman-Fußball kommen. Ich möchte, dass der Fußball wieder zu einem Sport mit Vorbildcharakter wird und wir nicht immer wieder über Negativ-Fälle diskutieren müssen. Wir wollen, dass sich alle auf dem Platz wohl fühlen“, sagte FVM-Präsident Christos Katzidis.
Schiedsrichter sind als Geschädigte massiv überrepräsentiert
Die meisten Beschuldigten waren Spielerinnen und Spieler (4116), gefolgt von Zuschauenden (2200) und Betreuerinnen und Betreuern (1191). Die meisten Geschädigten waren Schiedsrichterinnen und Schiedsrichter (2680), gefolgt von Spielerinnen und Spielern (3496). Bedenkt man, dass auf dem Feld in den unteren Klassen nur ein Referee auf dem steht, sind die Schiris in der Geschädigten-Gruppe massiv überrepräsentiert.
„Das Lagebild hat sich zu einem wichtigen Indikator für die Stimmung auf den Plätzen entwickelt“, sagt DFB-Vize Zimmermann. „Es ermöglicht einen Überblick jenseits der Einzelfälle und Sachlichkeit statt verständlicher Emotionen.“
Wann liegt eine Gewalthandlung auf dem Fußballplatz vor?
Eine Gewalthandlung liegt vor, wenn eine beschuldigte Person eine geschädigte Person körperlich angreift, beispielsweise durch Schlagen, Bewerfen, Bespucken oder Treten. Zudem ist auch eine Bedrohung als Gewalthandlung zu werten. Auch Versuche sind zu melden.
Wann liegt eine Diskriminierung auf dem Fußballplatz vor?
Eine Diskriminierung liegt vor, wenn jemand die Würde einer anderen Person oder einer Gruppe von Personen verletzt. Dies geschieht durch eine herabwürdigende Äußerung, Geste oder Handlung in Bezug auf Herkunft, Hautfarbe, Sprache, Religion, Behinderung, Alter, geschlechtliche oder sexuelle Identität. Auch eine sonstige Schlechterbehandlung aufgrund eines dieser Merkmale stellt eine Diskriminierung dar.