Am 20. Mai beginnt die neue GFL-Saison. Bis dahin wartet auf den neuen Coach Martin Hanselmann viel Arbeit.
Chaos bei Kölner Football-TeamSpielerflucht bei den Cologne Crocodiles – Nur ein Rumpfkader ist noch da
Martin Hanselmann (59) ist nicht zu beneiden. Der Football-Trainer aus Franken hat in der vergangenen Woche die Nachfolge des entlassenen David Odenthal als Headcoach bei den Cologne Crocodiles angetreten und steht vor einer Herkulesaufgabe. Bis zum Saisonstart der German Football League (GFL) am 20. Mai in Straubing soll der neue Trainer eine wettbewerbsfähige Mannschaft auf die Beine stellen, die aller Voraussicht nach vom ersten Spieltag an um den Klassenerhalt kämpfen muss. Ein Teil der Aktiven und des Trainerstabes haben den Traditionsverein nach den jüngsten Querelen verlassen. Obendrein hat Odenthal juristische Schritte gegen die Crocodiles eingeleitet.
Juristischer Streit mit David Odenthal
Mit der Aufforderung einer Unterlassungserklärung ist der Anwalt des ehemaligen Headcoaches gegen den Vorwurf vorgegangen, David Odenthal hätte sich vereinsschädigend verhalten. Dass der Verein seine ursprüngliche Meldung zur Trennung vom Cheftrainer inzwischen von der Homepage und aus den Einträgen in den sozialen Medien genommen hat, will man allerdings nicht als Schuldeingeständnis verstanden wissen, man habe sich bei der Wortwahl vergriffen. Der Vereinsanwalt habe bis zur finalen Prüfung des Sachverhalts vorsorglich zu diesem Schritt geraten.
Nach der unschönen Trennung vom bisherigen Cheftrainer drohen neben der juristischen Auseinandersetzung auch schwere Zeiten für die GFL-Mannschaft. Zwar hat der neue Headcoach Hanselmann die Kölner Spieler und den verbliebenen Trainerstab schon aus der Ferne um „eine Chance“ gebeten, doch den Neuanfang wollen nicht alle mitmachen.
Schon vor einem Treffen mit der Vereinsführung hatte sich rund ein Dutzend Spieler dazu entschlossen, den Verein zu verlassen. Nach dem Meeting folgten weitere Abgänge. Selbst die drohende Sperre von drei Spielen bei einem Wechsel zu einem anderen GFL-Team schreckt einige Akteure nicht. Zehn Spieler wollen bei den Cologne Centurions in der ELF anheuern – in der nicht dem Verband angeschlossenen Liga sind die Neuzugänge ohne Sperre direkt spielberechtigt.
Nur 20 Spieler bei den ersten Trainingseinheiten
Am Freitag und Samstag erschienen nur rund 20 Akteure zu den ersten Trainingseinheiten unter dem neuen Headcoach. „Die Trainingseinheiten waren sehr gut, aber es waren nicht so viele Spieler da, wie ich erhofft hatte“, erklärt Martin Hanselmann. Mit etwa 50 bis 60 Spielern des ehemals 106 Akteure starken Kaders hatten die Verantwortlichen gerechnet. Und wurden enttäuscht.
Beim Auftakt noch nicht dabei waren die erst am 1. Mai beginnenden Importspieler. Nicht alle neun Akteure, deren Verpflichtung im Winter verkündet wurde, werden ihr Engagement in Köln antreten. Die Vereinbarungen mit den US-Profis waren ein zentraler Kritikpunkt am entlassenen Trainer Odenthal, dem dabei Kompetenzüberschreitungen und Alleingänge vorgeworfen wurden. Auch gegen diesen Vorwurf wehrt sich der Ex-Coach.
Martin Hanselmann hofft aus Spieler aus Köln und der Region
Mit dem Zwist um die Verträge mit den Importspielern will sich der neue Cheftrainer aber nicht befassen: „Ich werde mich zu den Vorgängen nicht äußern, denn ich bin als Trainer da und zu den Dingen aus der Vergangenheit fehlt mir der Einblick“, so Hanselmann. Die Importspieler seien aber nicht das Problem, meint der Coach. Für die Akteure, mit denen man sich nicht einigen konnte, habe er bereits adäquaten Ersatz gefunden. „Viel wichtiger ist die Basis, also die Spieler aus Köln und der Region. Wir hoffen darauf, dass sich noch einige dazu entschließen, sich in der kommenden Saison der Herausforderung GFL zu stellen und für die Crocodiles in der höchsten deutschen Spielklasse spielen“, sagt Hanselmann.
Den Kölnern läuft jedoch die Zeit davon, um weiter den Kader aufzufüllen, der derzeit aus rund 30 Spielern (inklusive Importspieler) besteht und somit nur über rund die Hälfte des notwendigen Personals verfügt. Bis wann können sich Verein oder Headcoach noch Zeit lassen, um im schlechtesten Fall die Notbremse zu ziehen und die erste Mannschaft womöglich vom Spielbetrieb abzumelden, weil man keine wettbewerbsfähige Mannschaft stellen kann? „Ganz ehrlich: Ich bin kein großer Fan von Ultimaten. Wir wollen jetzt weiter alles daran setzen, ein Team auf die Beine zu stellen, das in der Liga bestehen kann“, gibt sich Hanselmann kämpferisch.
Vorstand um Jan Stecker kandidiert nicht erneut
Auch die Führungsriege der Crocodiles steht vor einem personellen Umbruch. Die ursprünglich für Oktober 2022 anberaumte Mitgliederversammlung und die dabei anstehende Neuwahl des Vorstands habe immer noch nicht stattfinden können, weil noch Unterlagen eines Steuerberaters fehlen. Der bisherige Vorstand um Präsident Jan Stecker wird indes nicht mehr kandidieren.
Der ehemalige Kölner Quarterback und heutige Football-Moderator hatte hauptsächlich repräsentative Aufgaben wahrgenommen und war nicht in das operative Geschäft des Klubs eingebunden, den die Krise zweifellos mehr getroffen hat, als die 2022 wegen Corona komplett ausgefallene Saison. „Um die aktuelle Situation sind wir wirklich nicht zu beneiden. Wir werden alles aufarbeiten, aber jetzt muss der Blick auch nach vorne gehen“, sagt Stecker.