Der JSV Köln Genclerbirligi vollzieht in der Kreisliga D einen kompletten Neustart. Der Amateurklub hofft auf die Hilfe der Stadt.
Neustart in der Kreisliga DKölner Fußballklub kämpft nach Betrug des Ex-Trainers ums Überleben
In Weidenpesch – zwischen Galopprennbahn, der Feuerwache 5 und vielen Schrebergärten – kämpft ein kleiner Fußballklub ums Überleben: der Jugend-Sport-Verein Köln Genclerbirligi. Ein Aschenplatz, etwas mehr als 100 Mitglieder, trotz des Namens keine Jugendabteilung und drei Senioren-Teams in drei Staffeln der Kreisliga D – der niedrigsten aller Fußballligen. Ohnehin sind die Rahmenbedingungen für den Folgeverein von Fatihspor Köln nie rosig gewesen. Durch eigenes Verschulden haben sie sich in den vergangenen Wochen noch einmal dramatisch verschlechtert.
Im Schlussspurt der letzten Saison hatte der damalige JSV-Trainer im Abstiegskampf einen gesperrten Spieler dazu gedrängt, unter falschem Spielerpass aufzulaufen – um den Abstieg aus der Kreisliga B zu verhindern. Der Betrug flog auf, die Mannschaft wurde vom Kreissportgericht aus dem Spielbetrieb verbannt und in die Kreisliga D strafversetzt. Der damalige Trainer wurde für ein Jahr für alle Trainer-, Betreuer- und Funktionärs-Posten gesperrt. „Mit dieser Aktion haben wir uns unser eigenes Grab geschaufelt“, sagt Fatih Yalcin, neuer Trainer der neuen ersten JSV-Mannschaft.
Trainer Fatih Yalcin war von einem Start in der Kreisliga B oder C ausgegangen
Yalcin und seine Spieler müssen nun ausbaden, was sein Vorgänger verschuldet hat. Denn der Klub hatte schon vor dem Betrug einen großen Umbruch geplant. Fast alle Kicker sollten den Verein verlassen, ebenso alle Trainer. Yalcin bastelte schon im Verlauf der Rückrunde im Hintergrund an neuen Teams, sicherte sich die Dienste von 70 Spielern. „Da ging es noch darum, ob der Klassenerhalt in der Kreisliga B gelingt oder wir in die C absteigen“, sagt der 31 Jahre alte Angestellte der Stadt Köln. „Im schlimmsten Fall wollten wir in der Kreisliga C starten und dann direkt um den Wiederaufstieg kämpfen.“
Nun erfolgt ein kompletter Neustart. Für Yalcin, zuvor sechs Jahre Trainer bei TPSK Köln II, stand ein Ausstieg allerdings nie zur Diskussion: „Ich stehe aber zu meinem Wort. Ich will zusammen mit Aydin versuchen, den Verein wieder aufzubauen und ihm Leben einzuhauchen.“
Gemeint ist Aydin Karaca, Präsident des JSV und 1996 Mitgründer von Fatihspor – ein Urgestein im Kölner Amateurfußball. Der Schlosser wurde von den Betrugs-Vorwürfen gegen seinen Klub in seiner türkischen Heimat überrascht, wo er immer wieder für mehrere Wochen am Stück seine schwer kranken Eltern pflegt. „Normalerweise ist er ein guter Junge, sehr diszipliniert“, sagt Karaca über den nun gesperrten Coach. „Er schämt sich, er hat geweint, als wir gesprochen haben. Er hat Mist gebaut. Aber jeder macht mal Fehler, er muss seine Strafe absitzen.“ Der Klubchef hat die Strafe gegen die Mannschaft ebenfalls akzeptiert – auch wenn er ein etwas milderes Urteil erhofft hatte.
Ziel des JSV Köln Genclerbirligi ist der Aufstieg in die Kreisliga C
So wurde in der Kreisliga D3 aus der vormals zweiten Mannschaft die neue erste. Und unter Trainer Yalcin beginnt der lange Weg zurück in höhere Gefilde. Zum Auftakt gab es einen 2:1-Sieg gegen Nippes 78 II, anschließend ein 3:5 gegen die DJK Südwest III. „Unser Ziel ist der Aufstieg. Aber der Fußball ist unberechenbar“, sagt der Coach, der zudem damit beschäftigt ist, den Ruf des Klubs wiederherzustellen. „Es gab schon ein paar böse Blicke: Seid ihr die Jungs, die da in der Zeitung standen?“, berichtet Yalcin. „Dann muss ich mich erst einmal erklären: Nein, von der damaligen Mannschaft ist ein Spieler geblieben, das Trainerteam ist auch neu. Wir baden quasi nur die Konsequenzen aus.“
Kurzfristig könnte dem JSV ein Aufstieg in die Kreisliga C helfen, mittel- und langfristig aber nur ein Umbau des Aschen- in einen Kunstrasenplatz. Von der Stadt Köln gibt es eine grundsätzliche Zusage, wann die Bauarbeiten beginnen, ist aber offen. Nach dem aktuellen Stand der Planung könnten der Bauantrag 2024 genehmigt und das Projekt anschließend ausgeschrieben werden, „wenn es gut läuft“, sagt Präsident Karaca. Vor 2025 oder 2026 rechnet er nicht mit dem für seinen Verein überlebenswichtigen neuen Spielfeld.
JSV Köln Genclerbirligi hofft auf einen neuen Kunstrasenplatz
Denn der JSV ist im näheren Umkreis der einzige Amateurverein, der noch auf Asche spielen muss – weshalb der Klub über keine aktive Jugendabteilung verfügt. „Ich würde meine Kinder auch nicht auf den Aschenplatz schicken“, sagt Karaca.
Für die Senioren-Abteilung konnte sich der JSV auf eine kurzfristige Kooperation mit dem SV Fühlingen-Chorweiler einigen, der bereit ist, den Weidenpeschern Trainingszeiten und die Möglichkeit für Heimspiele auf dem Kunstrasen am Kutzpfädchen abzutreten – gegen Gebühr. Auch mit dem benachbarten 1. FSV Köln gab es Gespräche über die Nutzung des Kunstrasens. „Die Spieler müssten wahrscheinlich doppelten Beitrag bezahlen“, sagt Trainer Yalcin. „Aber sie wären bereit dafür.“