Ein Fußball-Nationalspieler sollte dieselbe Professionalität haben wie ein Hobby-Marathonläufer, sonst ist er eine Provokation für alle anderen. Hansi Flicks Entscheidung ist konsequent.
KommentarNiklas Süles Fitness ist im DFB-Dress keine Privatsache
Wir leben im Jahr 2023, und das Körpergewicht sollte Privatsache eines jeden Menschen sein bis zu dem Punkt, an dem die Medizin massiv Einspruch erhebt. Es gibt jedoch auch hier Ausnahmen. Zum Beispiel liegt eine vor, wenn ein Fußballer Teil der Nationalmannschaft sein will und nicht über die beste für ihn erreichbare Fitness verfügt. Dann darf der Bundestrainer sagen: Bringe dich erst einmal in Form und komme dann wieder.
Hansi Flick hat im Fall von Niklas Süle genau das getan. Der Fall schlägt hohe Wellen, weil sowohl der Verein als auch das Umfeld des Spielers die Empörung des Betroffenen teilen, der argumentiert: Ich bin einer der besten Abwehrspieler des Landes. Wie ich das schaffe, ist meine Sache. Ich sollte berücksichtigt werden.
Hier aber irrt der Betroffene. In einem Hochleistungssegment seines Sports, das als Traum hunderttausenden von jungen Fußballern als Antrieb und Motivation dient, alles aus sich und ihrem Körper herauszuholen, ist es nicht seine Sache. Hier ist ein Athlet, der offensichtlich nicht maximal durchtrainiert ist und sogar regelmäßig mit dem Konsum von Fast Food und Ballermann-Lifestyle kokettiert, eine Provokation. Wenige Trainer kennen den begnadeten Verteidiger Süle besser als Hansi Flick. Wenige können einschätzen, was er wirklich zu leisten imstande wäre und wie viel andere Fußballer investieren, um nur in die Nähe dessen zu kommen, was er mit ein paar Kilo zu viel Wohlfühlgewicht leisten kann.
Wenn Süle die Botschaft versteht, wird aus ihm ein anderer Spieler
Selten hat Hansi Flick eine konsequentere Entscheidung getroffen als die, Niklas Süle erst wieder zu nominieren, wenn er auf eine Art an seiner Fitness arbeitet, wie sie für jeden ambitionierten Hobby-Marathonläufer, Fitness-Freak oder Jedermann-Radfahrer selbstverständlich ist. Wir reden hier nicht von Skispringen, Rhythmischer Sportgymnastik oder Hochsprung, wo die Grenze zur Magersucht gleichbedeutend ist mit der Grenze zur Weltklasse. Sondern über Fußball, wo auch ein Nationalspieler mal eine Bratwurst essen darf.
Wenn Niklas Süle die Botschaft verstehen sollte, würde ein Spieler aus ihm, den er sich womöglich selbst gar nicht vorstellen kann. Und er wäre dem Bundestrainer eines Tages zu großem Dank verpflichtet.