Erling Haaland ist der klassischste Mittelstürmer der Gegenwart. Es dauerte aber, bis sein Trainer Pep Guardiola einsah, dass mit einem Neuner der Erfolg kommt.
Kommentar zum 7:0 für ManCityWie Haaland Trainer Guardiola eines Besseren belehrte
Die wilden, von einer ungezügelten Hyperaktivität angefachten Läufe zum Ball, die Erling Haaland am Dienstagabend der Welt präsentierte, waren eine der surrealsten Aufführungen der Fußballgeschichte. Es ist nicht neu, dass dieses Vermögen, dieser Ehrgeiz, dieser Wille und diese Gier in diesem Norweger von immer noch erst 22 Jahren ruhen.
Doch wenn er all das auf einmal aus sich herauslässt, ist eine Fünf-Tore-Saga wie die gegen Leipzig eben auch mal drin. Hinter diesem persönlichen Triumph steht selbstredend auch eine Mannschaft von Manchester City, aufgefüllt mit famosen Spielern, die dem Pressing-Diktat ihres Trainers folgen wie Jünger ihrem Heiland.
Und dennoch muss sich der bisweilen allzu verkopfte Pep Guardiola fragen lassen, ob er nicht all die Jahre irrte, als er der Welt mitteilen wollte, dass das Fußballspiel auch ohne Mittelstürmer funktioniert – ohne Männer wie Gerd Müller, Karim Benzema oder Zlatan Ibramhimovic, allesamt Helden ihrer Sportart.
Einst jagte er Ibrahimovic fort
Mit seinem Konzept der falschen Neun wollte Guardiola, der Ibramihovic einst aus Barcelona fortjagte, der Welt zeigen, dass dies der bessere, der erfolgversprechendere Weg ist. Was man sich als Barca-Trainer auch erlauben kann, wenn der falsche Neuner Lionel Messi heißt. In seiner Zeit bei Manchester City, die im Sommer 2016 begann, schaffte es Guardiola selbst mit dreistelligen Millionentransfers nie zum Champions-League-Triumph. Vielleicht auch, weil sein System und sein Spielprinzip auf ganz hohem Niveau dechiffriert ist.
Zumal bisweilen völlig verkopfte Fehlaufstellungen hinzukommen, wie etwa die, im Königsklassen-Finale von 2021 gegen Chelsea ohne Sechser anzutreten. Es endete mit einer Pleite. Nun also der Systemwechsel, die Belehrung, dass theoretische Erwägungen in der Praxis selten aufgehen. Nun also baut der Tiki-Taka-falscher-Neuner-Pep das Naheliegendste in seine City-Maschine ein – einen Super-Mittelstürmer. Und siehe da: Der Neuner trifft. Und trifft. Und trifft. Und trifft. Und trifft.
Auf diese Idee ist der deutlich minder, aber eben auch verkopfte deutsche Trainer Julian Nagelsmann auch gekommen, aber aus der Not heraus. Auch er wollte nach dem Abgang von Robert Lewandowski zeigen, welches Genie in ihm, dem Bayern-Trainer, schlummert.
Fünf offensive Kräfte teilen sich die Torsammler-Aufgaben schon irgendwie, wenn er sie richtig zusammenschraubt, dachte er sich. Und merkte: Ne, geht dann doch nicht. Und brachte mehr zufällig als gewollt den einzigen Mittelstürmer seines Kaders und feiert nun mit Eric Maxim Choupo-Moting große Erfolge.
Schon verrückt, wie fern es manchmal sein kann, das Naheliegendste zu machen.