Kommentar zu Uli HoeneßDas Lebenswerk eines Finanzgiganten
- Nach mehr als 40 Jahren im Verein verlässt Uli Hoeneß den FC Bayern München im November.
- Unter seiner Führung entwickelte sich der Club zu einem Sport- und Finanzgiganten. Seinen Nachfolgern hinterlässt er damit ein riesiges Erbe.
- Weshalb der Abschied dennoch die womöglich größte Willensleistung des Uli Hoeneß ist. Ein Kommentar.
Köln – Als Uli Hoeneß am 1. Mai 1979 Manager des FC Bayern München wurde, hatte der Verein einen Jahresumsatz von zwölf Millionen Mark bei einem Schuldenstand von sieben Millionen und war hinabgesunken ins Mittelfeld der Bundesliga. Danach sollten die Bayern zwanzig Mal Deutscher Meister werden, elfmal DFB-Pokalsieger und zweimal Gewinner der Champions League.
Wenn Hoeneß im November nach mehr als 40 Jahren in der Verantwortung beim Rekordmeister als Präsident und Chef des Aufsichtsrats ausscheidet, hinterlässt er den mitgliederstärksten Sportverein der Welt, einen Giganten mit mehr als 600 Millionen Euro Jahresumsatz – nach Finanzkraft die Nummer vier der Welt.
Hoeneß war hier beliebt und dort verhasst
Das wird, ungeachtet persönlicher Verfehlungen, als Leistung des schwäbischen Metzgerssohns für immer stehen bleiben. Das geflügelte Wort vom „Lebenswerk“ hat seine volle Berechtigung. Man muss sich jedoch auch klarmachen, welches Erbe Hoeneß einer aus den Fugen geratenden Fußball-Welt hinterlässt.
Der FC Bayern hat seine Größe durch eigene Kraft und konsequente Strategie erreicht. Er hat seine Ausnahmestellung keinem Scheich, keinem Mehrheitsinvestor, keinem Markt mit unvorstellbaren Fernsehgeldern und keiner staatlichen Extra-Behandlung zu verdanken, wie das mit wenigen Ausnahmen für die beherrschenden Klubs in England, Spanien und Frankreich gilt.
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Die „Bayern-Seele“, die man nicht mögen muss, aber respektieren sollte, ist eng mit dem Temperament des Gemütsmenschen Uli Hoeneß verbunden. Wie sein Erschaffer ist der moderne FC Bayern mal aggressiv, mal gönnerhaft, mal bodenständig, mal größenwahnsinnig, hier beliebt und dort verhasst.
Seine Frau glaubte nicht an den Rücktritt
In seiner persönlichen Erklärung hat Hoeneß verraten, dass seine Frau Susi bis zur letzten Sekunde nicht an einen Rücktritt geglaubt habe. Genauso ging es der Öffentlichkeit. Deshalb ist der bloße Vollzug immer noch eine kleine Sensation – und womöglich die größte Willensleistung des Uli Hoeneß, der im Loslassen keine Erfahrung hat.
Nicht einmal die Gefängnisstrafe wegen Steuerbetrugs führte zu einer wahrnehmbaren Mäßigung seines Temperaments. Mit aller Entschlossenheit kämpfte sich Hoeneß zurück an die Schalthebel der Macht beim FC Bayern. Die Erkenntnis, dass er mit seinem Führungsstil und seiner Sicht auf den Fußball aus der Zeit zu fallen begann, kam ihm sehr, sehr langsam.
Eine letzte Handlung, die zu Hoeneß passt
Wir werden nie genau erfahren, ob Weisheit oder persönliche Verletzung angesichts der wachsenden Zahl von Kritikern im Klub den Ausschlag für den Rückzug gab. Aber auch dieser letzte Schritt spricht von Führung und Vermächtnis des Uli Hoeneß: Er konnte Oliver Kahn, den einst furchterregenden Torhüter, zum Kronprinzen bestimmen. Es hätte auch Philipp Lahm sein können oder Bastian Schweinsteiger. Dem von Hoeneß geprägten FC Bayern werden Figuren, die die Vereins- DNA in sich tragen und die Größe haben, seine Zukunft zu gestalten, nicht ausgehen.