Nach einer mehr als 15-jährigen Karriere im DFB-Team tritt der Weltmeister von 2014 zurück.
Manuel Neuers AbschiedEine Einsicht, die Respekt verdient
Die Weltmeisterschaft 2026 in Nordamerika hätte ihn schon gereizt, teilte Manuel Neuer am Mittwoch in seiner Rücktrittsrede mit. Doch der Torhüter aller Torhüter hat nicht lange rechnen müssen, um zu erkennen, dass er beim Turnier in Mexiko, Kanada und den USA 40 Jahre alt gewesen wäre. Auch Weltmeister werden nicht jünger, und selbst wenn Neuer derzeit noch seine Leistungen bringt, war er klug genug, den Blick nach vorn zu richten. Und einzusehen, dass er nicht mehr besser werden wird. Eine Einsicht, die Respekt verdient.
Es war klar, dass Neuer selbst über den Zeitpunkt seines Rücktritts entscheiden würde, diesen Status hat er seit dem Titelgewinn in Rio sicher. Seit mehr als zehn Jahren also.
Neuer macht Platz für ter Stegen, der seit zwölf Jahren im Wartestand ist
Doch war ebenso gewiss: Bis zur WM 2026 hätte er noch viele Länderspiele absolvieren müssen. Zu viele offenbar, denn schon für die Partien im September hatte er absagen wollen. Neuer ist 38, als Torhüter des FC Bayern beschäftigt genug. Und auch seine familiäre Situation hat sich verändert. Der beste Torwart der Welt ist mittlerweile auch Vater. Womöglich wirkten auf ihn bislang unbekannte Kräfte ein, die ihn zu der Entscheidung bewegt haben, in einer Länderspielpause auch mal eine Pause einzulegen.
Sich als Keeper für die WM in zwei Jahren bereitzuhalten, wäre auch Marc-André ter Stegen nicht gerecht geworden. Der Keeper des FC Barcelona hat das große Pech, dass er zwar selbst einer der besten Torhüter der Welt ist, der beste jedoch unglücklicherweise ebenfalls aus Deutschland kommt. So ist ter Stegen vom Schicksal um eine glanzvolle Länderspielkarriere gebracht worden, ter Stegen hat weniger Länderspiele absolviert als zum Beispiel Emre Can. Mittlerweile ist der Torwart des FC Barcelona 32 Jahre alt; zwölf Jahre nach seinem Debüt im DFB-Trikot hat ter Stegen nun Aussichten auf seinen ersten WM-Einsatz. Es wäre ihm zu wünschen.
Ob es dann sogar mit der Krönung klappen wird, ist nach den Personalien der vergangenen Tage allerdings vollkommen ungewiss. Nach der Heim-EM waren bereits die Rio-Weltmeister Thomas Müller und Toni Kroos sowie am Dienstag İlkay Gündoğan zurückgetreten. Die komplette Führung der deutschen Elf muss nun neu aufgebaut werden: Julian Nagelsmann wird nicht nur einen neuen Kapitän benennen. Auch spielerisch braucht die Nationalmannschaft eine Evolution.
Bei der EM war vieles am deutschen Offensivspiel auf Kroos und Gündoğan ausgerichtet, und die Strategie funktionierte. Das lag auch daran, dass Nagelsmann für die Spieler, die ihm zur Verfügung standen, eine passgenaue Taktik entwickelt hatte. Nun muss der Bundestrainer neue Wege finden, um das Tor des Gegners anzugreifen. Die Erfahrung spricht dafür, dass ihm das erneut gelingen wird.
Defensiv wird Neuer keine Lücke hinterlassen, die ter Stegen nicht füllen könnte. Doch hat die Nationalmannschaft nun viel Routine in extrem kurzer Zeit verloren. Eine Herausforderung für den Bundestrainer, derer er sich nun früher annehmen muss als geplant.