Ex-Schumacher-KollegeMasepin erwägt Klage nach Formel-1-Rauswurf
Sakhir – Auf Fragen zu Verbindungen zwischen seinem Vater und Russlands Präsident Wladimir Putin weicht Nikita Masepin aus. Noch vor vier Tagen war der Moskauer der Formel-1-Stallrivale von Mick Schumacher beim US-Team Haas. Jetzt ist der 23-Jährige seinen Job in der Motorsport-Königsklasse los und erläutert in einem mehr als fünfminütigen Eingangsstatement seine Sicht auf die Kündigung.
„Gibt es im Sport überhaupt keinen Platz für Neutralität?“, will Masepin am Mittwoch bei einer Videokonferenz in Moskau wissen und spannt einen Bogen bis in die 80er Jahre, als mehrere Nationen nicht an den Olympischen Sommerspielen 1980 in Moskau teilnahmen. „Hat ein Sportler nicht nur das Recht auf eine Meinung, sondern auch das Recht, diese Meinung aus dem öffentlichen Raum herauszuhalten?“
Kein offizielles Statement zum Krieg in der Ukraine
Zum Ukraine-Krieg positioniert sich Masepin am Tag vor dem Start der offiziellen Testfahrten in Bahrain nicht. Diese Meinung entzieht er dem öffentlichen Raum. Stattdessen behält er sich rechtliche Schritte gegen seinen Rauswurf vor. „Es ist gut, sich alle Optionen offen zu halten“, befindet Masepin irgendwo in Moskau hinter einem schwarzen Schreibtisch sitzend. Zugleich stellt er klar: „Ich will nicht an einen Ort zurück, an dem man mich nicht will.“
Dieser Ort ist Haas - und eine Rückkehr ohnehin ausgeschlossen. Nach dem russischen Angriff auf die Ukraine hat der Rennstall am Samstag den Vertrag mit Masepin als zweitem Fahrer beendet. Außerdem trennte sich das Team vom russischen Titelsponsor Uralkali. Beim Bergbauunternehmen ist Masepins Vater Dmitri Miteigentümer, ihm werden enge Verbindungen zu Putin nachgesagt.
Masepin findet seinen Rauswurf „nicht fair“
„Was den gegenwärtigen Konflikt betrifft, habe ich meine Ansichten und meinen Standpunkt in meiner Erklärung dargelegt“, meint Nikita Masepin. Tatsächlich hat er es nicht getan. Vielmehr findet er, dass sein Rauswurf „nicht fair“ sei. „Es gab keinen rechtlichen Grund, der das Team dazu befähigt hätte, meinen Vertrag aufzulösen.“
Eine Chronologie der Ereignisse: Am 1. März verkündet der Motorsport-Weltrat, dass ein russischer Fahrer wie Masepin „bis auf Weiteres“ als neutraler Athlet unter „Fia Flagge“ starten darf. Am 4. März erklärt der Motorsport-Weltverband Fia, dass russische Fahrer einen Verhaltenskodex unterschreiben müssen, in dem sie sich unter anderem von Russlands Handeln in der Ukraine klar distanzieren.
„Ich wollte ja als neutraler Athlet starten“, erzählt Masepin und meint über die Verpflichtungserklärung: „Während wir das Schreiben durchgingen und Optionen prüften, weil es viele Klauseln beinhaltete, erhielt ich am nächsten Morgen in aller Frühe die Kündigung meines Vertrags.“ Er habe gar keine Zeit gehabt, „Ja zu sagen, ich wurde einfach gefeuert.“ Die Frage aber, die bei Masepin im Raum steht, ist: Kann jemand wie er überhaupt als neutral gelten?
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Nach Masepins Darstellung hat er von seinem Formel-1-Aus durch die offizielle Pressemitteilung erfahren. Mit Teamchef Günther Steiner habe er dazu gar keinen Kontakt gehabt. „Ich denke, dass ich mehr Unterstützung hätte haben sollen“, meint Masepin an Haas gerichtet, das auch noch wegen Transportproblemen erst verspätet in Bahrain testen kann. „Ich hätte mir nie vorgestellt, dass ich meinen Sitz hätte so früh verlieren können.“
Masepin will „das Kapitel in aller Klarheit schließen und das nächste mit Hoffnung beginnen.“ Vorher steht aber seine angedrohte Klage im Raum. Und auch Uralkali ist von der „einseitigen“ Beendigung des Sponsorings keineswegs erfreut. Das Unternehmen fordert die „sofortige Rückerstattung der von Haas erhaltenen Beträge“ für diese Saison. Das Unternehmen will nach eigener Aussage „seine Interessen im Rahmen der geltenden rechtlichen Verfahren“ schützen.
Die Rückerstattung soll in eine gemeinsame Stiftung mit Nikita Masepin einfließen. „We Compete As One“ will Athleten unterstützen, die aus politischen Gründen, „die außerhalb ihrer Kontrolle liegen“, von Spitzenwettbewerben ausgeschlossen sind.
„Unsere Tür steht jedem offen“, sagte Masepin und kündigte sein erstes Hilfsprojekt an: die russischen Sportlerinnen und Sportler, die nicht an den Winter-Paralympics in Peking teilnehmen durften. (dpa)