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Kölner WeltmeisterWie Littbarski seinen größten Traum durch Bestechung erfüllte

Lesezeit 3 Minuten
Littbarski dpa WM 1990

Die Weltmeistermannschaft von 1990 jubelt: Mit dabei die drei Kölner Pierre Littbarski (2. v. l.), Torwart Bodo Illgner (Mitte, hinten) und Thomas Häßler (1. v. r.). Der vierte Kölner, Paul Steiner, saß auf der Reservebank.

  1. Der ehemalige Profi des 1. FC Köln nutzte seine letzte Chance, Fußball-Weltmeister zu werden.
  2. Für seine Teilnahme an der Endrunde in Italien 1990 war dem Dribbelkünstler jedes Mittel recht.
  3. Ein beliebtes Gebräu nach deutschem Reinheitsgebot spielte dabei eine wichtige Rolle.
  4. Wir blicken zurück auf ein besonderes Kapitel Kölner Sportgeschichte.

Köln – Mr. Guten-Abend-Allerseits kennt kein Halten mehr. Seine Stimme überschlägt sich als Pierre Littbarski den Ball im niederländischen Strafraum annimmt, den Verteidiger umdribbelt, und freie Schussbahn hat. „Litti, komm tu ihn rein !“, brüllt Sportschaumoderator Heribert Fassbender auf der Pressetribüne im Mailander Giuseppe-Meazza-Stadion ins Mikro. Litti zieht ab, doch Keeper Hans van Breukelen lenkt den Ball um den Pfosten.

Die zweite Halbzeit im WM-Achtelfinale des Jahres 1990 mit dem holländischen Erzrivalen läuft. Die deutsche Elf führt mit 1:0, stellt das bessere Team. Für Littbarski, dessen Karriere sich als Kapitän des 1. FC Köln dem Ende zuneigt, bietet sich die letzte Chance endlich den ersehnten internationalen Titel zu holen.

Viele schmerzliche Niederlagen

Acht Jahre zuvor in Spanien erlebt die nationale Nummer Sieben die Niederlage im Endspiel gegen überlegene Italiener, vier Jahre später verfolgt der formschwache Kicker mit seinen legendären Säbelbeinen das Finale gegen Argentinien von der Bank aus. Angeführt durch den überragenden Diego Maradona setzen sich die Gauchos knapp mit 3:2 durch.

1988 erfolgt dann das Aus im eigenen Land in der Vorschlussrunde der Europameisterschaft ausgerechnet gegen die niederländische Elftal. Schmerzliche Niederlagen begleiten den kleinen, wendigen Mittelfeldstar der Kölner Geißböcke in den 80ern auf nationaler Ebene.

1990 dann soll es endlich gelingen. „Für uns Ältere war es die letzte Chance“, erinnert sich der gebürtige Berliner heute im Rückblick. Die Revanche in Mailand gegen das Oranje-Team gilt noch heute als legendär. Erst bespuckt der Holländer Frank Rikjaard den deutschen Stürmer Rudi Völler, darauf müssen beide vom Platz, dann erzielen Jürgen Klinsmann und Andreas Brehme die erlösenden Treffer.

Piere Littbarksi

Der ehemalige Nationalspieler und Japan-Legionär Pierre Littbarski.

Beim Halbfinale gegen England muss Litti wieder leicht angeschlagen auf die Ersatzbank. Nach dem gewonnenen Elfmeterkrimi will der Kölner Profi unbedingt im Endspiel gegen Argentinien auflaufen. Doch Bundestrainer Franz Beckenbauer hegt Bedenken: „Ich hatte eine spezielle Fehde mit dem Franz, weil der immer bemängelte, dass ich zu verspielt sei und zu wenig Tore machte“, erzählt Littbarski im Nachgang.

Deshalb begann der Nationalspieler zu tricksen. Gegenüber den Physiotherapeuten beteuert er, garantiert zu 100 Prozent fit zu sein: „Ihr könnt mir vertrauen, aber ihr müsst die Klappe halten.“ Er habe sie „bestochen mit Weißbier und gutem Zureden“, sagt der Ex-Profi heute.

Lothar Matthäus mochte Littis Musik nicht

Die schwierigste Hürde allerdings stellt der Bundestrainer dar. Klar versucht sich Littbarski im Training aufzudrängen, „aber machen Sie mal Franz Beckenbauer etwas vor, das ist nicht so einfach“.

Letztlich führen seine Bemühungen zum Erfolg. Mit seinem damaligen FC-Kollegen Thomas Häßler führt Dribbelkünstler Littbarski im Endspiel die Argentinier vor. „Littbarski, drei Mann lässt er stehen...und ....eijeijei...“, schallt es aus dem Fernseher. Mit dem Tor wird es dann doch nichts, aber ein anderer markiert den Sieg. Völler fällt, Elfmeter, Brehme versenkt. Deutschland ist Weltmeister. Pierre Littbarski ist Weltmeister.Feuerwerk, Pokalübergabe, ein glücklicher Spieler am Ziel seiner Wünsche.

Für die Siegesfeier hat Litti zwei Tapes zusammengestellt. „Die liefen permanent von elf Uhr abends bis sieben Uhr morgens“, sagt er. Marianne Rosenberg mit „Er gehört zu mir“. Gemeint war natürlich der Pokal. „We are the Champions“ von Queen durfte ebenso wenig fehlen. „Wie immer hat es allen Spielern gefallen“, erinnert sich Littbarski, bis auf den damaligen Kapitän Lothar Matthäus, „der hatte immer etwas an mir zu meckern und an meiner Musik natürlich auch“.

Auch heute noch erinnert Litti sich gerne an die Zeit in Köln. Als 18-jähriges Talent wollte er zunächst zu Hertha BSC Berlin: „Aber die wollten mich nicht.“ Zu klein hatten sie damals gesagt, „der muss erst mal ne Butterschnitte essen“. Sein Weg führte ihn nach Köln, wo er zum Nationalspieler reifte. „Das bleibt immer in Erinnerung, der FC Köln hat mir die Möglichkeit gegeben, die WM zu gewinnen, weil ich einfach alles hier gelernt habe.“