Das Ergebnis der Spanien-Rundfahrt zeugt von einer unglaublichen Dominanz. Eine Seltenheit im Radsport.
Seltene DominanzSepp Kuss gewinnt die Spanien-Rundfahrt vor zwei Teamkollegen
In dem Moment, als das Trio aus einer Mannschaft am Samstag geschlossen und sich im Arm haltend über die Ziellinie in Guadarrama im Nordwesten der Autonomen Region Madrid rollte, war die Überraschung perfekt, und das galt gleich in mehrfacher Hinsicht.
Zunächst einmal war nun klar, dass der unwahrscheinlichste Profi aus dem Radsportherrscherhaus mit Namen Jumbo-Visma diese 78. Spanien-Rundfahrt, gewinnen würde – und zwar Sepp Kuss aus den USA, der zurzeit loyalste Helfer des Pelotons.
Im Mai chauffierte er bereits Primoz Roglic zum Giro-Sieg, im Juli Jonas Vingegaard zum zweiten Triumph bei der Tour de France, ehe er nun selbst die dritte dreiwöchige Rundfahrt des Jahres gewann, mehr oder weniger aus Versehen, dank einer mit dem Tagessieg auf der sechsten Etappe gekrönten Attacke – und zwar in der Gesamtwertung vor dem Dänen Vingegaard und dem Slowenen Roglic.
Eine Seltenheit im Radsport
Eine solche Dominanz ist eine Seltenheit im Radsport, drei Mann aus einem Team bei einer der drei Toprundfahrten in einem Jahr ganz vorne, das hatte es zuletzt 1966 durch das einehimische KAS-Team bei der Vuelta gegeben. Noch nie jedoch war es einer Mannschaft vergönnt, gleich alle drei Dreiwochen-Rundfahrten des Radsportkalenders innerhalb einer Saison für sich zu entscheiden.
Dazu sagte Kuss: „Ich bin sehr glücklich und es war großartig, wie wir das zu Ende gebracht haben.“ Diese Dominanz war auch möglich, weil Vorjahressieger Remco Evenepoel aus Belgien zwar insgesamt drei Etappen gewann, aber auf dem Weg hinauf zum Tourmalet am Ende der 13. Etappe über 27 Minuten verlor und danach als Gegner für die Jumbo-Phalanx ausfiel. Doch eine derartige Dominanz ist einerseits schädlich für einen Wettbewerb und weckt zweitens große Zweifel.
Vingegaard erklärt: „Wir verstehen die Skepsis. Die Leute sollten jedoch wissen, dass wir sehr viel opfern und sehr detailliert arbeiten.“ Er sei sich „100 Prozent sicher, meine zwei Kollegen nehmen nichts und für mich gilt das auch“. Alledings gibt es im Team den positiven Dopingfall des deutschen Profis Michel Heßmann, im Mai einer der Helfer des Siegers Roglic. Der Fahrer wurde mittlerweile suspendiert. Die Staatsanwaltschaft ermittelt in dieser Causa. Der französische Ex-Profi Jérôme Pineau brachte sogar Motordoping ins Spiel, wofür es bis zur Stunde allerdings keine Belege gibt.
Das alles zeigt: Kuss darf sich zwar freuen, aber ungetrübt ist diese Freude wahrlich nicht.