Von 19-jährigem Alcaraz vorgeführtZverev „wütend“ auf ATP nach Finale in Madrid
Madrid/Köln – Hilflos, planlos, chancenlos: Im Reich des neuen Sandplatzkönigs Carlos Alcaraz stand Alexander Zverev auf vollkommen verlorenem Posten. Der Olympiasieger verlor das Finale von Madrid gegen Spaniens Teen Sensation mit 3:6, 1:6 und wartet weiter auf seinen ersten Titel 2022.
Zverev war gegen das explosive Spiel des 19-Jährigen viel zu langsam, er fand kein Mittel gegen die Drop Shots, die 160 km/h schnelle Vorhand und wurde phasenweise zum Statisten degradiert. Sein dritter Titel in Madrid nach 2018 und 2021 war zu keiner Zeit realistisch.
Alcaraz wird am Montag von Platz neun auf sechs der Weltrangliste vorrücken, für die French Open ist er spätestens nach seinem vierten Titel in diesem Jahr einer der ganz großen Favoriten. Zverev, die Nummer drei der Welt, wird sein Spiel auf ein ganz anderes Level hieven müssen, um auf der roten Asche von Roland Garros auch nur in die Nähe des so ersehnten ersten Grand-Slam-Titels zu kommen.
Senkrechtstartet Alcaraz für Zverev zu schnell
Von Beginn an ließ Alcaraz keinen Zweifel an seinen Ambitionen. Der Senkrechtstarter des Jahres war schnell auf den Beinen, er spielte kraftvoll und effizient und ließ den behäbig wirkenden Zverev vor allem mit seinen gefürchteten Drop Shots ein ums andere Mal ins Leere laufen. Zverev wirkte konsterniert, stand viel zu weit hinter der Grundlinie und wurde vom schnellen Spiel des Spaniers schlichtweg überrumpelt. Nach dem Break zum 4:2 und 31 Minuten ging der erste Satz mit 6:3 an Alcaraz.
Im zweiten Satz änderte sich das Bild nicht. Zverev reihte Fehler an Fehler, sein erster Aufschlag kam nicht, er war zu langsam, seine wenigen Netzangriffe waren viel zu schlecht vorbereitet, er stand kaum einmal richtig zum Ball. Breaks zum 2:1 und 4:1 entschieden das Match, Alcaraz führte Zverev regelrecht vor und verwandelte nach nur 62 Minuten seinen vierten Matchball - dank eines Doppelfehlers von Zverev.
Alcaraz bezwang auch Djokovic in drei Sätzen
Tags zuvor hatte Alcaraz den Weltranglistenersten Novak Djokovic in einem atemberaubenden Dreisatz-Match bezwungen und seine Landsleute in der ausverkauften Caja Magica in einen Freudentaumel versetzt. „Dass jemand in seinem Alter so souverän, so mutig, so entschlossen spielt, ist bemerkenswert“, sagte Djokovic: „Er hat diesen Sieg mehr als verdient.“
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Als erster Spieler überhaupt warf Alcaraz nacheinander Rafael Nadal und Djokovic auf roter Asche aus einem Turnier. „Er kann alles erreichen“, sagte Nadal, und das findet Alcaraz auch: „Ich sehe keine Grenzen für mich. Ich fühle mich bereits für die Topspieler in jedem Turnier, in jedem Match, auf jedem Belag.“
In diesem Jahr hat der 19-Jährige bereits acht Siege gegen Top-Ten-Spieler in seiner Bilanz, auf Sand ist Alcaraz mit seinen Turniersiegen in Barcelona und nun in Madrid seit zehn Matches ungeschlagen - eine mehr als beeindruckende Visitenkarte für die French Open (22. Mai bis 5. Juni).
Zverev kritisiert späte Ansetzungen in Madrid: „Absolute Schande“
Alexander Zverev hat nach seiner Demontage unterdessen zum Schlag gegen die ATP ausgeholt. Die Arbeit der Spielerorganisation in der abgelaufenen Woche sei „eine absolute Schande“ gewesen, sagte Zverev, der sich konkret auf die späte Ansetzung seiner Matches im Viertel- und Halbfinale bezog. „Vor zwei Tagen bin ich um vier, halb fünf ins Bett gekommen, am Tag darauf dann um 5.20 Uhr“, beschwerte sich der Hamburger: „Wenn jeder normale Mensch um vier und dann um fünf Uhr ins Bett geht, wird es schwer, überhaupt nur richtig wach zu werden.“ Wenn man so lange wach sei, sei man sprichwörtlich „am nächsten Tag tot“.
Mit einer solchen Hypothek ein Finale gegen Alcaraz (19) zu spielen, der für den sechs Jahre älteren Zverev „im Moment der beste Spieler der Welt ist“, sei „schwierig“ gewesen. Auf dem Court habe er bei eigenem Aufschlag und bei den Grundschlägen „keine Koordination“ gehabt, auch habe er leichte Bälle verschlagen.
All dies mache ihn „wütend“, erklärte Zverev nach dem nur 62-minütigen Match. Zugleich schränkte er ein, dass er am Sonntag selbst bei vollkommener Frische Alcaraz „wahrscheinlich nicht geschlagen hätte“. Dieser wiederum erklärte nach dem Madrid-Triumph seinen Verzicht auf das Masters in der kommenden Woche in Rom. Er wolle bei den French Open in Paris (22. Mai bis 5. Juni) „bei 100 Prozent“ sein, sagte Alcaraz. (oke, sid, dpa)