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US-ImpfverweigererIm Vergleich zu Rodgers ist die Kimmich-Debatte Kindergarten

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Rodgers Bild

Köln – In den Vereinigten Staaten von Amerika ist alles größer, greller und dramatischer als bei uns in Deutschland, deshalb ist auch das aktuelle Impf-Drama des Profis-Sports größer, greller und dramatischer. In der Hauptrolle: Aaron Rodgers, der Quarterback der Green Bay Packers, sportlich durchaus vergleichbar mit dem deutschen Protagonisten Joshua Kimmich, aber in seiner gesellschaftlichen Bedeutung weit darüber hinausgehend.

Rodgers (37) ist eine Figur wie aus einem Quentin-Tarantino-Film: Held, Rächer, Werbe-Ikone und Showstar in einem. Der Jubel, mit dem der Footballer seine vielen Touchdown-Pässe zelebriert – ein angedeuteter Gürtel-Umschnall-Griff – ist zur Teil der amerikanischen Sportkultur geworden. Rodgers hat eigene Radioshows, verdient Millionen mit Selbstvermarktung, erscheint in Filmen und Serien bei so genannten Cameo-Auftritten gern als er selbst – unter anderem in Game of Thrones. Dass er mit der populären Schauspielerin Shailene Woodley verlobt ist, rundet das Bild des omnipräsenten Supermannes ab.

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Leider hat der Supermann ein Problem. Es geht über den bloßen Umstand hinaus, dass er sich einer Impfung gegen das Coronavirus verweigert, letzte Woche positiv getestet wurde und deshalb für das Spiel gegen die Kansas-City-Chiefs als Quarterback ausfiel. Aaron Rodgers hat die Öffentlichkeit in dieser Angelegenheit massiv getäuscht. Im Sommer erzählte er bei einer Pressekonferenz, er sei gegen das Virus immunisiert. Was er nicht sagte: Diese „Immunisierung“ war Teil einer privaten homöopathischen Behandlung, mit der er die Impfung umgehen wollte.

Die National Football League (NFL) lehnte diese Einstufung ab, schwieg aber zu diesem Thema lange Zeit beharrlich. Rodgers garantiert ihr als Superstar Aufmerksamkeit und Umsatz. Für ihn gelten andere Regeln, die auch in der Bestrafung deutlich wurden: 300.000 US-Dollar für die Packers und je 14.650 Dollar für Rodgers und seinen Mitspieler Allen Lazard, weil sie als ungeimpfte Footballer an der Halloween-Party des Teams teilgenommen hatten. Für einen Sport-Krösus, der sich in der Mitte eines mit 134 Millionen US-Dollar dotierten Vierjahresvertrages befindet, eine nicht fühlbare Petitesse. Weniger als ein Strafzettel für Falschparken im Leben eines Normalbürgers.

Aaron Rodgers: „Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe“

Als sich Rodgers jetzt in der populären Pat McAfee-Show im TV an einer Entschuldigung versuchte („ich übernehme die volle Verantwortung für meine irreführenden Kommentare“) wich er keinen Millimeter von seiner Haltung zum Thema Impfen ab: „Ich stehe zu dem, was ich gesagt habe, und den Gründen, aus denen ich die Entscheidung getroffen habe.“ Offenbar fürchtet der NFL-Champion, die Impfstoffe könnten seine Zeugungsfähigkeit beeinträchtigen. Für solch eine Nebenwirkung gibt es bis zum heutigen Tag nicht das geringste wissenschaftlich haltbare Indiz.

Die Verweigerung hat für Rodgers allerdings eine reale Nebenwirkung. Im aufgeklärten Teil der US-amerikanischen Öffentlichkeit – also für etwa 50 Prozent der Bevölkerung - steht er als Täuscher und Trottel da, der das moralisch ohnehin beschädigte Nationalheiligtum Football weiter belastet. ESPN-Starmoderator Stephen A. Smith sieht in ihm eine „nationale Peinlichkeit“. Das einflussreiche Magazin „Sports Illustrated“ geißelte die Selbstverliebtheit des Teilzeit-Moderators der legendären Rate-Show „Jeopardy!“ mit den Worten: „Das Problem ist, dass Aaron Rodgers glaubt, alle Antworten zu haben.“

Hier gleicht der Quarterback in seiner sektenhaften Selbstüberhöhung einem Weltstar wie Novak Djokovic, der glaubt, für ihn gälten andere Naturgesetze, nur weil er viele Wettkämpfe gewinnt. Der serbische Tennis-Profi hatte vor seinem Sieg beim Masters-Turnier in Paris alle bedeutenden Medien des Planeten als gesteuert bezeichnet und erklärt, seine Wahrheit aus eigenen Quellen zu beziehen. Rodgers wiederum fragt offen: „Wenn diese Impfung so großartig ist, warum erkranken dann Menschen, obwohl sie geimpft sind?“ Als Antwort auf die Frechheit dieser gespielten Naivität hat „Sports Illustrated“ zwei Gegenfragen parat: „Wenn Aaron Rodgers so ein großartiger Quarterback ist, warum wirft er dann Fehlpässe?“ Und: „Wenn es so großartig ist, Gemüse zu essen, warum bekommen manche Vegetarier dann Krebs?

Im Vergleich dazu bewegt sich die Debatte um den fußballspielenden Impfzweifler Joshua Kimmich in Deutschland auf einer Ebene, die an Unaufgeregtheit kaum zu überbieten ist. Und dann gibt es noch die anderen rund 50 Prozent der US-Bevölkerung, die Donald Trump um ein Haar als Präsidenten wiedergewählt hätte. Für sie ist der Held Aaron Rodgers größer denn je.