Leverkusener AthletinWie Katharina Bauer ihren WM-Traum trotz Defibrillator lebt
- Dank einer persönlichen Einladung des Weltverbandes kann Stabhochspringerin Katharina Bauer an der Leichtathletik-WM in Doha teilnehmen.
- Die 29-Jährige schreibt Geschichte: Bauer ist die erste Athletin mit implantiertem Defibrillator, di an einer WM teilnimmt.
- „Der Defi stört mich überhaupt nicht mehr“, sagt sie – auch wenn es einen heftigen Zwischenfall gab.
Leverkusen – Die Saison war beendet, der Trainer im Urlaub, Katharina Bauer enttäuscht. Ihr Ziel, die WM-Qualifikation, hatte die Leverkusener Stabhochspringerin nicht erreicht. Nach einem Bandscheibenvorfall im Frühjahr hatte die 29-Jährige die WM-Norm nicht geschafft.
Doch dann kam die große Überraschung: Eine persönliche Einladung des Welt-Leichtathletik-Verbandes (IAAF) zu den Titelkämpfen vom 27. September bis 6. Oktober in Doha. Damit geht für Bauer ein Traum in Erfüllung. Und sie schreibt Geschichte: Sie wird die erste Athletin mit einem implantierten Defibrillator sein, die an einer Leichtathletik-WM teilnimmt.
Das Gerät, das ihr im Notfall das Leben retten soll, war Bauer im April 2018 implantiert worden, weil die Extraschläge ihres Herzens, die sie seit ihrer Kindheit begleiten, außer Kontrolle zu geraten drohten. Ob sie ihre Karriere würde fortsetzen können, war unklar. Doch die Athletin und ihre Leverkusener Coach Leszek Klima ließen sich von dem kleinen Kasten unter Bauers linkem großen Rückenmuskel nicht irritieren, schließlich hatte Bauer mit ihrem Sieg bei den deutschen Hallen-Meisterschaften 2018 erst kurz vor der Herz-Operation den bis dahin größten Erfolg ihrer Karriere gefeiert. Sie wollte weiter machen. Wollte noch höher hinaus. Wollte weiter von einer Olympiateilnahme träumen.
„Der Defi stört mich überhaupt nicht mehr“
Also lernte sie, das Gerät in ihrem Körper, das ihrem Herzen im Notfall einen lebensrettenden Stromstoß verpassen soll, zu ignorieren. „Mein Herz hat sich total stabilisiert, es geht mir gut“, sagt Bauer. Und: „Der Defi stört mich überhaupt nicht mehr.“ Einmal allerdings rief sich der kleine Kasten im vergangenen Jahr vehement in Erinnerung. Bauer bekam eine physiotherapeutische Behandlung mit einem Elektrostimulator. Das war mit den Ärzten abgesprochen und sollte eigentlich nicht zu Problemen führen. Doch der Defibrillator war der Meinung, ein Herzkammerflimmern oder ähnliches erkannt zu haben. „Da ging das Ding an, und ich bin quer durch den Raum geflogen“, erzählt Bauer. Passiert sei ihr nichts. „Aber angenehm war es nicht, das in wachem Zustand zu erleben.“ Normalerweise versetzt so ein Defibrillator seinem Träger ja nur einen Stromstoß, wenn der wegen eines Herzstillstandes bewusstlos geworden ist.
Saisonbestleistung bei 4,30 Meter
Sportlich lief es nach der Herz-OP gut für Bauer. Nicht mal ein Jahr später, in diesem Februar, schaffte sie 4,55 Meter, wurde bei den deutschen Hallen-Meisterschaften Zweite und qualifizierte sich für die Hallen-EM in Glasgow. Für sie ein riesiger Erfolg, auch wenn sie dort mit 4,40 Metern als 14. das Finale verpasste. Kurz danach der Bandscheibenvorfall. Die vorolympische WM-Saison schien gelaufen, bevor sie überhaupt angefangen hatte.
Doch Bauer ließ sich auch von so ein paar lädierten Wirbelkörpern und irritierten Nervenbahnen nicht aufhalten. Es reichte nicht für die WM-Norm von 4,56 Metern, doch sie arbeitete bis zuletzt an ihrer Form, wollte nicht, dass die 4,30 Meter als Bestleistung für diesen Sommer stehen bleiben.
Deshalb sagte Bauer auch sofort zu, als ihr kurzfristig das WM-Ticket angeboten wurde. Die IAAF ist bestrebt, bei ihren Weltmeisterschaften volle Teilnehmerfelder zu haben, im Stabhochsprung sind das 32 Athleten. Wenn es nicht genug Normerfüller gibt, spricht der Verband anhand eines Rankings persönliche Einladungen aus. Und für diese Rangliste zieht die IAAF Leistungen des gesamten Jahres heran, also auch aus der Hallensaison, in der Bauer 4,55 Meter geschafft hatte.
Bauers Trainer Leszek Klima hat seinen Urlaub in Polen sofort klaglos unterbrochen und ist zurück nach Leverkusen geeilt. Dort absolviert Bauer nun vor dem Abflug nach Doha noch letzte Trainingseinheiten. „Katharina ist in guter Form, und sie ist motiviert“, sagt Klima. Bei Bauer selbst klingt das so: „Ich bin voll on fire.“