Neun Monate nach der FlutIn Swisttal öffnen Restaurants neu
Swisttal – In Restaurants und Kneipen wird nicht nur gegessen und getrunken. Gerade in schweren Zeiten sind Gaststätten als Orte der Begegnung noch wichtiger als sonst. Das öffentliche Leben in Heimerzheim und Odendorf war durch die Flut im Juli 2021 ärmer geworden. Zerstörte und geschlossene Lokale haben schmerzhafte Lücken hinterlassen. Umso erfreulicher ist die Rückkehr zweier Betriebe, die zuvor rund neun Monate saniert wurden.
Solange haben die Gastgeber und ihre fleißigen Helfer mit Hochdruck daran gearbeitet, die Spuren des verheerenden Hochwassers zu beseitigen und den Neustart vorzubereiten. Auch wenn die Wunden, die die Flut hinterlassen hat, in Odendorf und in Heimerzheim noch lange sichtbar sein werden, sind die Rückkehr des Heimerzheimer Hotels und Restaurants „Klosterstuben“ sowie der Odendorfer Kultkneipe „Beim Büb“ Zeichen der Hoffnung.
„Klostertuben“ in Heimerzheim
Offiziell hat Familie Simic die „Klosterstuben“ am 9. April wiedereröffnet, aber bereits am Vortag bedankten sie sich bei den Helferinnen und Helfern mit Speisen und Getränken. „Die Unterstützung während der Tage und Wochen nach der Flut war überwältigend. Dafür wollten wir uns unbedingt noch einmal erkenntlich zeigen“, blickt Geschäftsführer Ljupko Simic auf den vergangenen Sommer zurück. Er führt den Betrieb seines Bruders Nedjeljko.
Im Erdgeschoss des Hauses stand das Wasser 20 Zentimeter hoch. Eine Etage tiefer jedoch war alles noch schlimmer. Im 400 Quadratmeter großen Keller, in dem fast die komplette Logistik angesiedelt ist, war nichts mehr zu retten. „Im Untergeschoss befinden sich unsere Heizungsanlage, die Lüftung, und von dort wird unser Haus mit Wasser und Gas versorgt“, umschreibt Simic das Ausmaß. Im Keller wurden zudem der Partyraum mit eigener Theke, die Kegelbahn, der Bierkeller und die erst kurz zuvor renovierten Toiletten zerstört.
Alle Küchengeräte zerstört
Dagegen nehmen sich die Schäden im Erdgeschoss geradezu bescheiden aus. Dort waren unter anderem der Eingangsbereich und der Boden betroffen. Überdies mussten nahezu alle Küchengeräte erneuert werden. Zum Glück blieben die Hotelzimmer verschont. Nachdem das Wasser mit Hilfe des THW abgepumpt worden war, kamen Hochdruckreiniger zum Einsatz.
Die folgende Sanierung war ein echter Kraftakt, was auch damit zusammenhing, dass die nötigen Handwerker nur schwer zu verpflichten waren. Inhaber Nedjeljko Simic war selbst täglich bis zur Erschöpfung im Einsatz. Die körperliche Belastung forderte ihren Tribut.
Simic musste im September an der Schulter operiert werden. Davon hat er sich zum Glück schnell erholen können. Dankbar ist Familie Simic vor allem für die unermüdliche Unterstützung der Sanitär- und Heizungsbaufirma Günther Zettelmeier. „Sie hat uns in allen schwierigen Situationen mit Rat und Tat zur Seite gestanden und hilft uns auch heute noch, wo sie nur kann“, berichtet Ljupko Simic erfreut.
Nicht nur die Flut hat Spuren hinterlassen
Der Bereich gegenüber der Theke wurde mit einer langen Sitzbank neugestaltet und die Theke erhöht. Darüber hinaus haben die Simics den Boden im gesamten Erdgeschoß neu gefliest. Mit der Resonanz während der ersten Wochen nach dem Neustart ist der Gastgeber bislang zufrieden. „Im Restaurant herrscht schon wieder reger Betrieb. Das Leben an der Theke nimmt hingegen erst allmählich wieder Fahrt auf“, sagt der Gastwirt.
„Vielleicht müssen die Menschen zunächst wieder lernen, enger miteinander in Kontakt zu treten. Wir haben schließlich nicht nur mit den Folgen der Flut zu kämpfen. Manch einer hat sich noch nicht wieder daran gewöhnt, dass viele Kontaktbeschränkungen mittlerweile aufgehoben worden sind.“ Schon in dieser Woche sollen die Gäste auch im Biergarten vor der Tür wieder Platz nehmen können.
Der „Büb“ ist zurück
Tina Kurth hatte die Wiedereröffnung ursprünglich mit dem 20-jährigen Bestehen verbinden wollen. Im Januar 2002 hatte sie den Betrieb von ihrem Großvater Josef „Büb“ Schäfer übernommen. Letztlich hat es dann doch drei Monate länger gedauert, bis die Sanierung „Beim Büb“ abgeschlossen und die Gaststätte startklar war.
Doch nun haben die Odendorfer ihr „Wohnzimmer“ zurück. Wie sehnsüchtig sie darauf gewartet haben, konnte die Gastgeberin schon in den ersten Tagen registrieren. Das runderneuerte Lokal ist beliebt wie eh und je. Die Menschen haben augenscheinlich einiges nachzuholen. Schließlich sind die Erlebnisse rund um die Flut längst noch nicht verarbeitet.
„Meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sagen, dass es vor allem im Thekenbereich lauter ist als früher“, schmunzelt die 43-jährige. Dabei sei rund um die Theke, so die Gastwirtin, auch schon die eine oder andere Träne vergossen worden.
Wie sehr die Flut in der Nacht vom 14. auf den 15. Juli 2021 den Ort und seine Bewohner getroffen hat, lässt sich anhand der Fotos im Flur der Gaststätte nachvollziehen. Die Bilder dokumentieren den Grad der Zerstörung. Doch nun kehrt ein Teil der Lebensfreude zurück. Auf einer der neu gestalteten Wände hat Kurth einige Liedzeilen des Songs „Nix wie bessher“ von BAP festgehalten. Sie geben die Stimmung in Dorf gut wieder.
Den Charakter bewahrt
Die Aufteilung der Räumlichkeiten ist geblieben, so dass das Lokal seinen Charakter bewahrt hat. „Beim Büb“ versteht sich weiterhin als eine Mischung aus Kneipe und Restaurant. Hier darf nach wie vor ebenso geknobelt wie lecker gespeist werden. Und doch ist der neue „Büb“ anders, deutlich moderner und weniger rustikal.
Die Flut hat schließlich fast alles mitgenommen. Geblieben sind nur wenige Utensilien wie ein alter Kupferstich mit Pferden. An der Theke gibt es acht Plätze. Dahinter ist ein offener Bereich mit dunkelbraunen Lederbänken und hellen Eichentischen.
Der Stil der Möbel und die Farbgestaltung setzt sich in den beiden Gasträumen fort. Nur die Terrasse ist noch nicht wiederhergerichtet. Immerhin stehen für die warme Jahreszeit auf der Odinstraße vor dem Eingang einige Tische und Bierbänke.
Die Ära der Kegelbahn ist auch in Odendorf vorüber. Von der Bahn sind nur noch die Außenwände übrig. Dafür verfügt Tina Kurth nun über ein geräumiges Spielzimmer für die jüngsten Gäste. Damit wird das Lokal künftig noch familienfreundlicher.
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„Bei aller Tragik, die die Flut verursacht hat, hat der erzwungene Neustart auch etwas Gutes. Ich hätte früher oder später sowieso renovieren müssen. Jetzt ist es eben früher und umfassender geworden“, sagt die Gastwirtin. Trotz des neuen Outfits herrscht Kontinuität. Das gilt nicht nur für das Konzept, sondern betrifft auch das Personal. „Ich konnte mein Team komplett zusammenhalten“, freut sich Tina Kurth.
Allerdings wird sich der Betrieb künftig auf fünf Tage wöchentlich beschränken. Montag und Dienstag sind ab sofort Ruhetage. „Meine jüngste Tochter ist fünf Jahre alt. Sie hat sehr genossen, dass ich zuletzt mehr Zeit mit ihr verbringen konnte. Davon möchte ich mir ein wenig bewahren. Schließlich hat die Flut uns allen gezeigt, was wirklich wichtig ist“, sagt die dreifache Mutter.