StilkolumneNach einem Umzug – Wie stelle ich mich bei den neuen Nachbarn vor?
- Aber bitte mit Stil! In unserer Kolumne „Wie geht’s?“ dreht sich alles um das richtige Verhalten. Ob bei offiziellen Anlässen, beim Essen, im Gespräch oder vor dem Kleiderschrank.
- Protokollchefin i.R. Ingeborg Arians, Redakteurin und Modeexpertin Eva Reik, Restaurant-Chef Vincent Moissonnier sowie Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch schreiben abwechselnd über das richtige und stilvolle Auftreten.
- Diesmal erklärt Ingeborg Arians, wie man sich nach einem Umzug bei den neuen Nachbarn vorstellt.
Köln – Brot und Salz gelten als traditionelles Mitbringsel bei einem Umzug. Solche Rituale sind immer auch ein Hinweis auf das – oft unbewusste – Bedürfnis, bestimmten prägenden Lebenssituationen eine verlässliche Form zu geben. In einer mobilen Gesellschaft ist ein Umzug etwas viel Alltäglicheres geworden. Mit dem häufigeren Wechsel der Wohnumgebung hat sich auch die Bedeutung von Nachbarschaften verändert. Und natürlich ist auch hier das Miteinander viel weniger formell als früher. Das ist einerseits ein Segen, kann aber auch verunsichern: Man klingelt heute nach einem Einzug eben nicht mehr sonntagmorgens um 11 bei den Nachbarn, um sich vorzustellen. Aber was dann?
Ein paar Regeln können hilfreich sein: Die Initiative zur Begegnung zwischen neuen Nachbarn sollte von denen ausgehen, die schon da sind. Nicht zuletzt, weil sie wissen, was in der Umgebung üblich ist. Am besten ist eine Willkommensgeste direkt in der Einzugsphase, während die Neuen sozusagen noch beim Ausladen des Umzugswagens sind. Ihnen dann im Vorbeigehen „Hallo“ zu sagen und ihnen vielleicht tatsächlich Brot und Salz zu schenken, verpflichtet zu nichts: Niemand würde erwarten, mitten im Tohuwabohu des Einzugs von den neuen Nachbarn hereingebeten oder gar bewirtet zu werden.
Neue Nachbarn: Brot als Symbol
Brot als „das“ Grundnahrungsmittel und Salz als traditionelles Symbol für Wohlergehen und Reichtum (das „weiße Gold“ des Mittelalters) sollen den Wunsch signalisieren, dass die Beschenkten im neuen Heim immer alles zur Verfügung haben mögen, was sie zu einem guten Leben brauchen.
Zur Person
Foto: Michael Bause
Ingeborg Arians, geboren 1954, hat Sprachen und Volkswirtschaftslehre studiert und ist Dipl.-Übersetzerin für Französisch, Spanisch und Englisch. Von 1986 bis 2019 war sie Leiterin der Abteilung Repräsentation und Protokoll im Amt der Oberbürgermeisterin der Stadt Köln. In dieser Zeit arbeitete sie für insgesamt vier Oberbürgermeister und die amtierende OB Henriette Reker.
Auf das Willkommen der Nachbarn können die Neuen in gestufter Form reagieren. Ein Dankeschön und ein „kommen Sie doch demnächst mal vorbei“ ist die nächstliegende Möglichkeit. Wobei eine solche Einladung von beiden Seiten rheinisch interpretiert werden kann: unverbindlich. Die nächste Stufe sind kurze schriftliche Mitteilungen an die unmittelbaren Nachbarn: „Wir sind neu hier, heißen soundso und freuen uns aufs Kennenlernen. Wenn Sie mögen, klingeln Sie einfach mal bei uns. Einen Kaffee oder ein Kölsch haben wir immer da!“ Auch hier gilt: Vieles darf, nichts muss. Man kann aber auch zurückhaltender agieren und in den typischen Momenten der Begegnung – im Hausflur, am Briefkasten oder am Gartenzaun – kurz das Gespräch suchen.
„Wie geht’s?“
In unserer Kolumne beantworten vier Experten abwechselnd in der Zeitung Ihre Fragen zum stilsicheren Auftreten in allen Lebenslagen. Ingeborg Arians, Protokollchefin der Stadt Köln a.D., weiß, wie man sich bei offiziellen Anlässen richtig verhält. Journalistin Eva Reik kennt sich bestens aus mit Mode und der passenden Kleidung zu jeder Gelegenheit. Vincent Moissonnier, Chef des gleichnamigen Kölner Restaurants, hat die perfekten Tipps zu Tischmanieren ohne Etepetete. Und Anatol Stefanowitsch, Professor für Sprachwissenschaft, sagt, wie wir mit Sorgfalt, aber ohne Krampf kommunizieren. (jf)
Senden Sie uns Ihre Fragen bitte per Mail an:Stilkolumne@dumont.de
Aus dem Gesagten dürfte schon klar sein: Es gibt kein Muss für Neuzugezogene, ihre Nachbarn förmlich zum Einstand einzuladen. Auch zur Housewarming-Party für die eigenen Freunde brauchen die Nachbarn nicht auf die Einladungsliste zu stehen. Allerdings kann es – gerade in hellhörigen Häusern – günstig sein, die Nachbarn einzubeziehen und so womöglich Missstimmungen gleich in der ersten Phase des Miteinanders zu vermeiden. Auch macht das zwanglose Kennenlernen auf einer Party es einfacher, sich später in kleineren oder auch größeren Notfällen an die Nachbarn zu wenden.
Wie weit sollte der Kreis der Nachbarschaft am Anfang gezogen sein? Hier empfiehlt sich der „Paketboten-Radius“: Nehmen Sie mit den Personen in Ihrer Nähe Kontakt auf, bei denen Lieferdienste mutmaßlich eine an Sie adressierte Sendung abgeben würden.