Wie funktioniert eigentlich ein Bildungsgutschein?
Buxtehude/Nürnberg – Arbeitslos oder von Arbeitslosigkeit bedroht? Da kann es Sinn machen, sich beruflich neu zu orientieren - sprich: sich weiterzubilden oder eine Umschulung zu machen.
Bleibt die Frage nach der Finanzierung: Teilnahmegebühren sowie Fahrt- und Prüfungskosten können gehörig ins Geld gehen. Deshalb gibt es Möglichkeiten, sich finanziell fördern zu lassen.
Zum Beispiel mit einem Bildungsgutschein. „Mit einem solchen Gutschein bestätigt die zuständige Agentur für Arbeit oder das Jobcenter einem schriftlich, für sämtliche Weiterbildungskosten aufzukommen”, sagt Martina Westphalen, Beraterin beim Institut für Berufliche Bildung (IBB).
Bildungsgutschein beantragen - so gehts
Die Vorgehensweise ist so: Wer einen Bildungsgutschein haben möchte, muss ihn bei der zuständigen Agentur für Arbeit oder dem zuständigen Jobcenter beantragen. „Dies erfolgt in einem persönlichen Gespräch”, sagt Christian Ludwig von der Zentrale der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg.
In dem Gespräch lotet die Sachbearbeiterin oder der Sachbearbeiter aus, ob im konkreten Fall die Voraussetzungen für einen Bildungsgutschein erfüllt sind. So kann zum Beispiel einen Bildungsgutschein erhalten, wer erwerbslos, von Arbeitslosigkeit bedroht oder arbeitssuchend ist.
Auch Beschäftigte, die eine Fortbildung benötigen, um ihren Arbeitsplatz zu sichern, können berechtigt sein. Genauso können diejenigen einen Bildungsgutschein beantragen, die nach langer Krankheit oder nach einer Familienpause wieder in den Beruf einsteigen und sich dafür entsprechend qualifizieren wollen.
Voraussetzungen für den Bildungsgutschein
Eine grundsätzliche Voraussetzung für die Weiterbildungsförderung: „Sie muss notwendig sein, um den Antragsteller oder die Antragstellerin in den Arbeitsmarkt einzugliedern, eine drohende Erwerbslosigkeit abzuwenden oder einen fehlenden Berufsabschluss nachzuholen”, so Westphalen.
Bevor die zuständige Agentur für Arbeit den gewünschten Bildungsgutschein aushändigt, prüft sie auch, ob der Interessent oder die Interessentin für das anvisierte berufliche Ziel überhaupt persönlich geeignet ist.
„Dafür binden die Sachbearbeiter gegebenenfalls den Berufspsychologischen Service oder den Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit ein”, sagt Ludwig. Auch sollte man ausloten, ob es für die angestrebte Qualifikation einen Arbeitsmarkt gibt. „Hilfreich kann hier sein, dem Sachbearbeiter oder der Sachbearbeiterin entsprechende Stellenangebote zu präsentieren”, so Westphalen.
Kein Anspruch: Bildungsgutschein ist Einzelfallentscheidung
Ob ein Interessent den beantragten Bildungsgutschein bekommt oder nicht, ist immer eine Einzelfallentscheidung. „Einen Rechtsanspruch gibt es darauf nicht”, stellt Martina Westphalen klar.
Ein Rechtsanspruch kann laut Christian Ludwig allenfalls darauf bestehen, dass die Agentur für Arbeit oder das Jobcenter einem den nachträglichen Erwerb eines Berufsabschlusses oder eines Hauptschul- oder vergleichbaren Schulabschlusses mit einem Bildungsgutschein fördert.
Wichtig ist, vor einer Weiterbildung die Arbeitsvermittlung im Jobcenter oder Agentur für Arbeit anzusprechen. Nur die Weiterbildungen und Qualifizierungen, für die es von der Arbeitsagentur oder von dem Jobcenter eine schriftliche Genehmigung in Form eines Bildungsgutscheins gibt, können finanziell gefördert werden. „Das betrifft auch die Fahrtkosten”, sagt Ludwig.
Wie Martina Westphalen erläutert, muss die Weiterbildung zudem für das Gutscheinverfahren zugelassen, der Anbieter entsprechend zertifiziert sein.
Den passenden Kurs finden
der Bundesagentur für Arbeit suchen oder dies gemeinsam mit Vermittlern tun.
„Generell ist es immer sinnvoll, sich vor dem Gespräch mit der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter schon Gedanken zu machen, wo es hingehen soll und sich auch schon passende Möglichkeiten zu suchen”, so Christian Ludwig.
Bildungsgutschein versus AVGS
Und was ist ein Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein (AVGS)? „Während mit einem Bildungsgutschein die Arbeitsagentur oder das Jobcenter die Weiterbildung oder Umschulung bezahlt, finanziert eine der beiden Stellen mit einem AVGS Coachings, Maßnahmen oder eine private Arbeitsvermittlung”, erklärt Ludwig.
Ein Coaching kann beispielsweise für Existenzgründerinnen und Existenzgründer relevant sein. Einen Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein müssen Interessenten ebenfalls bei der Arbeitsagentur oder dem Jobcenter beantragen.
Im nächsten Schritt können sie dann zum Beispiel auf der Website der Bundesagentur für Arbeit nach passenden Angeboten suchen und anschließend dem jeweiligen Anbieter Interesse signalisieren.
Danach kontaktieren Interessenten wieder ihre Vermittlungsfachkraft, die prüft, ob die anvisierte Maßnahme einem beruflich weiterhilft und alle Voraussetzungen erfüllt sind. Ist dies der Fall, gibt es einen Bewilligungsbescheid. Die Arbeitsagentur oder das Jobcenter kommen also für die Kosten auf. Allerdings: Der AVGS ist immer eine Ermessensleistung - es gibt keinen Rechtsanspruch darauf.
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