Einst stand die Dorfschule in Waldbröl-Hermesdorf. Jetzt erwacht sie im Freilichtmuseum Lindlar zu neuem Leben – inklusive der Tapete.
Eröffnung im FrühjahrDorfschule Hermesdorf bereichert das Freilichtmuseum Lindlar
Es waren nur ein paar Schnipsel. Tapetenreste – über 100 Jahre alt. Das überwiegend in hellen Braun- und Ocker-Tönen gehaltene Blumenornament hatte einst die Lehrerwohnung der Dorfschule in Hermesdorf geziert. Ein paar Reste hatten Anka Dawid-Töns und ihr Team vom LVR-Freilichtmuseum Lindlar vor dem Abbau und Wiederaufbau des 1861 als Dorfschule errichteten Gebäudes sichern können, ein Grafiker machte daraus eine komplette Mustervorlage, A+S Création die fertige Tapete.
Wenn im Frühjahr die Schule im Museum offiziell und endgültig für Gäste eröffnet wird, können diese nun selbst beurteilen, wie die Raumgestaltung Mitte des 19. Jahrhunderts ausgesehen hat. Drei der ehemaligen Lehrerräume tragen den originalgetreu rekonstruierten Wandschmuck nebst Bordüre. „Vielleicht“, lacht Anka Dawid-Töns, „kann der Förderverein ja eines Tages die Tapete als Sonderedition herausgeben.“
Vieles wurde beim Innenausbau der alten Dorfschule als museale „Schule des Lebens“ nach historischem Vorbild rekonstruiert, etwa die Fenster und Türen, oder der mit einem violettstichigen Rot lackierte Dielenfußboden. Vieles wurde auch restauriert, wie etwa das Treppenhaus oder die Eingangstür. „Wir hatten eine ganz hervorragende Quellenlage“, freut sich Anka Dawid-Töns, die das Projekt seit dem Start im Jahr 2014 wissenschaftlich betreut, auch museumspädagogisch aus dem Vollen schöpfen zu können.
Der Innenausbau der Dorfschule ist auf der Zielgeraden
Der handwerkliche Innenausbau ist auf der Zielgeraden, Lampen müssen beispielsweise noch gehängt werden und im Dachgeschoss wird noch verputzt, die farblich dreifach abgestufte Wandgestaltung im Erdgeschoss, dem einstigen Klassenzimmer, bedarf weiterer Überarbeitung. Ein Sockel aus Holz und darüber zwei Streifen in Braun und kräftigem Grün und einem weiteren helleren Grün zu Decke hin geben dem Raum einen wohnlichen Charakter, die gusseiserne Säule, die als Deckenstütze gilt, erhält ebenfalls noch einen grünen Anstrich.
Dieter Wenig, im Freilichtmuseum für den Bau verantwortlich, sorgt dafür, das Stil und Charakter des historischen Vorbilds erhalten bleiben. „Für die Wände haben wir, wie es damals auch gewesen ist, Ölfarbe verwendet, die wegen des saugenden Untergrunds aber mehrfach aufgetragen werden musste.“
Die Liebe steckt im Detail, aber auch in den Schätzen, mit denen die „Schule des Lebens“ aufwarten kann. Da ist etwa ein um 1900 gefertigter Abakus, der von einer Studentin des Instituts für Restaurierungs- und Konservierungswissenschaften der TH Köln restauriert worden ist.
Ein Schatz aber ist vor allem die Hermesdorfer Schulchronik, die von der Eröffnung im Jahre 1861 bis zur Schließung im Jahre 1961 geführt wurde. Diese Chronik, weiß die Museumspädagogin, ist vor allem auch kulturgeschichtlich von unschätzbarem Wert, beschreibt sie doch das gesamtgesellschaftliche, wirtschaftliche und politische Leben in der Umgebung von Hermesdorf für die Spanne eines kompletten Jahrhunderts.
Das Museumskonzept für die alte Dorfschule wird einen multimedialen Charakter haben, es wird zu den einzelnen Themenbereichen bebilderte Tafeln, Fotoausstellungen sowie auch Audio- und Filmsequenzen auf Abruf geben. Was die Ausstattung der Schule betrifft, kann das Freilichtmuseum auf einen reichhaltigen Fundus zugreifen, im Wesentlichen zur Verfügung gestellt von der Familie des früheren Waldbröler Stadtbrandmeisters Friedhelm Bals. Dessen Großvater Friedrich war über 40 Jahre lang Lehrer der Elementarschule, seine Bibliothek, sein Schreibtisch und weiteres Mobiliar ist noch komplett erhalten, ebenso unzählige Dokumente, wie etwa Zeugnisse.
Dar- und ausgestellt wird aber nicht nur das schulische Leben vergangener Tage, vielmehr spannt die Museumspädagogik einen Bogen bis in die Zukunft. So ist ein Raum der Bildungsagenda 2030 gewidmet, ein weiterer Raum befasst sich etwa mit dem Lernen in Afrika.
Vor allem aber sollen die Schulen der Region in das derzeit noch in den Feinheiten der Fertigstellung befindliche Programm für die Schule des Lebens einbezogen werden, Mitmachaktionen stehen hoch im Kurs.
Die Ersten, die mit dabei sind, sind natürlich die Kinder aus Waldbröl-Hermesdorf. Die Gemeinschaftsgrundschule von dort nimmt regen Anteil am Werden des Gebäudes, das vor ein paar Jahren noch den eigenen Schulhof zur Hauptstraße hin begrenzte.