Die Gemeinde, das Jobcenter und die Lang AG bieten Perspektiven für Geflüchtete aus der Ukraine. Zwei haben so schon einen Job finden können.
Chance auf IntegrationMit Speeddating in Lindlar zu beruflichen Perspektiven für Geflüchtete
Fach- und Arbeitskräfte sind derzeit Mangelware, gleichzeitig gibt es aber auch zahlreiche Flüchtlinge, die integriert werden sollen. Zwei wichtige Schlüssel, damit die Integration gelingt, sind Sprache und Arbeit. Davon sind Tobias Lang, Geschäftsführer der Lang AG, Felix Schürmann vom Jobcenter Engelskirchen/Lindlar und Michael Eyer, Beigeordneter der Gemeinde Lindlar überzeugt.
Nach einem Speeddating im März hat die Lang AG Anfang Mai zwei Geflüchtete unbegrenzt eingestellt. Im vorigen Jahr flüchtete Aleksandr Taptsov mit seiner Frau und seinen beiden Kindern aus der Ukraine. Der 47-Jährige war dort selbstständig und verkaufte Damenbekleidung. Die Familie kam in Ründeroth unter, und nach einer Eingewöhnung stand für Aleksandr Taptsov fest, dass er arbeiten wollte und vor allem Deutsch lernen.
Beim Speeddating positiv aufgefallen
Den ersten Deutschkurs beendete er im Frühjahr. Die Arbeitserlaubnis hatte er da bereits erhalten. Das dauere in der Regel vier Wochen, gehe manchmal aber auch schneller, sagt Felix Schürmann, der beim Jobcenter Engelskirchen/Lindlar der Ansprechpartner für die Unternehmen ist.
Dann folgte im März das Speeddating. Man könne sehr schnell erkennen, wer motiviert und interessiert sei, sagt Friederike Merdan von der Lang AG, die einige der Bewerbungsgespräche führte. Und bei Taptsov sei das ebenso der Fall gewesen, wie bei Akin Tuncel, der ebenfalls seit Anfang Mai bei dem Spezialisten für Präsentationstechnik arbeitet.
Richtige Position stelle sich im Verlauf heraus
Firmenchef Tobias Lang erläutert seine Philosophie: „Wir besetzen keine Stellen, wir stellen Menschen ein“. Und das sei unabhängig von der bisherigen Qualifikation oder Ausbildung. „Wenn wir davon überzeugt sind, dass es passt, dann erfolgt eine unbefristete Anstellung“, sagt er. Wo im Unternehmen dann die richtige Position für den neuen Mitarbeiter ist, das muss sich erweisen. Er lernt erst einmal alle Abteilungen kennen.
Taptsov arbeitet aktuell in dem Bereich, in dem die Projektoren, die verliehen wurden und sich jetzt wieder im Wareneingang befinden, durchgecheckt werden. Gerade in der Präsentationstechnik gebe es eine sehr schnell Entwicklung und permanente Veränderung, auch er lerne jeden Tag, sagt Lang. Jeden Tag lernen und besser werden insbesondere bei der deutschen Spache will auch Aleksandr Taptsow, der froh ist, dass er endlich wieder sein eigenes Geld verdienen kann.
Integration als Chance für den Arbeitsmarkt
Und er hat ehrgeizige Ziele. Er wolle Chef der ukrainischen Zweigstelle von Lang werden, sagt der 47-Jährige mit einem Augenzwinkern. Da bei der Lang AG noch weitere ukrainische Mitarbeiter beschäftigt sind, lassen sich Kommunikationsprobleme schnell lösen. Aber auch viele andere Sprachen wie Albanisch, Persisch oder Türkisch könnten problemlos übersetzt werden, berichtet Merdan.
Bei rund 3,5 Millionen Arbeitskräften die in den nächsten zehn Jahren in Deutschland fehlen würden, sei Integration nicht nur eine Herausforderung, sondern vielmehr eine Chance. Um die zu nutzen, seien die kurzen Wege zwischen Gemeinde, Jobcenter und Firmen gut geeignet, ist Michael Eyer, Beigeordneter der Gemeinde Lindlar überzeugt.
Lang AG biete meist kurzfristige Bewerbungsgespräche
Das ist auch die Erfahrung von Felix Schürmann. Wenn er mit Unternehmen wie etwa der Lang AG telefoniere, dann gebe es meist kurzfristig ein Bewerbungsgespräch. Wie erfolgreich das sei und ob es eine Festanstellung gebe, das sei individuell unterschiedlich und hänge auch von der Motivation der Bewerber ab.
Dass das Modell der kurzen Wege, der direkten Bewerbung etwa per Speeddating, Schule machen sollte, davon sind Lang, Eyer und Schürmann überzeugt.
Kontakt zum Ansprechpartner für Firmen in Lindlar und Engelskirchen per Mail: Jobcenter-Oberberg.Engelskirchen@jobcenter-ge.de oder Telefon 0 22 63/968 782 60.
Kommentar von Michael Lenzen: Die kurzen Wege nutzen
Rund 3, 5 Millionen Arbeitskräfte werden nach Schätzung von Experten in den nächsten zehn Jahren in Deutschland fehlen. Der Mangel ist jetzt schon überall zu spüren. Während auf der einen Seiten die Unternehmen Mitarbeiter suchen, gibt es unter den Geflüchteten, die in Deutschland aufgenommen wurden und werden, auch Menschen, die gerne arbeiten würden.
Mangelnde Sprachkenntnisse, fehlende Arbeitserlaubnis, und andere Ausbildungen werden oft als Gründe gegen eine mögliche Anstellung ins Feld geführt. Dass es auch anders und vor allem auch relativ schnell geht, zeigt das Beispiel von Aleksandr Tapsov und der Lang AG. Aber auch andere Unternehmen in der Region haben gute Erfahrungen mit der Anstellung von Geflüchteten gemacht.
Die Motivation zu arbeiten, der Wille, Deutsch zu lernen, sind dabei wesentliche Faktoren. Vor allem wenn bürokratische Hürden wie etwa die Arbeitserlaubnis gemeistert sind. Der direkte Draht zwischen Jobcenter, Unternehmen und Gemeinde hat sich als geeignetes Mittel erwiesen, Geflüchtete und Arbeitgeber zusammenzubringen.
Das Beispiel sollte Schule zu machen, denn beide Seiten und auch die Gesellschaft profitieren, wenn die Integration funktioniert und Geflüchtete Arbeit und Perspektive haben.