Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Mehr als ein MarathonEine Reportage von der Bergischen 50

Lesezeit 5 Minuten
Man sieht eine Wandergruppe im Grünen. Der Himmel ist grau.

Bergische 50 - Eine Reportage von Claudia Kippels-Klug.

Die Autorin Claudia Kippels-Klug nimmt an der Bergisch 50 teil und schildert Ihre Erfahrungen auf der Wanderstrecke.

Es ist Samstagmorgen, 7 Uhr, es nieselt auf dem Wipperfürther Marktplatz. Mein Körper hätte sich gerne nochmal im Bett umgedreht, aber mein Kopf hat sich für heute vorgenommen, 50 Kilometer zu gehen.

Startschuss um 7 Uhr morgens

Wir wandern gerne am Wochenende mit Freunden um die 15 Kilometer, ein- bis zweimal im Jahr auch 30 Kilometer. Aber so weit bin ich noch nie gelaufen. Warum tut man sich so etwas an? Ich mache mich auf den Weg, um die Antwort zu finden. Um Punkt 7 Uhr fällt der Startschuss. Der ganze Trupp setzt sich in Bewegung, es geht zügig an der Wupper entlang stadtauswärts. Einige joggen, gerne hätte ich sie nach ihren persönlichen Zielen und Motivationen für heute gefragt, aber sie sind definitiv zu schnell für mich.

Ich komme mit vielen Menschen ins Gespräch. Susanne aus Sprockhövel fährt seit Jahren zu solchen Events. Sie hat viele Tipps für Touren und Apps für mich. Thomas aus Meinerzhagen möchte die Strecke in weniger als acht Stunden schaffen, wobei er die Berge als besondere Herausforderung sieht. Die Autobahnpolizei Bensberg ist mit 15 Beamten dabei, wie mir Hanna und Fred vom Team erzählen. Sie nutzen die „Bergische 50“ als sportliche Herausforderung und der Gemeinschaft wegen.

Die ersten fünf Kilometer zu Fuß

Unmittelbar nach dem Schild, das die ersten geschafften fünf Kilometer anzeigt, kommt mir Janina aus Radevormwald mit schmerzverzerrtem Gesicht entgegen gehumpelt. Ein falscher Tritt auf dem matschigen Feldweg, und schon ist es passiert: Sie rutscht aus, der rechte Fuß knickt um. An ein Weitergehen ist nicht zu denken. Bereits in der ersten Stunde ist der Traum vom Zieleinlauf für sie und ihre Freundin, die sie begleitet, vorbei. Die Enttäuschung ist riesengroß. Bereits im Januar hatten sich die beiden Frauen angemeldet und sich auf den Tag gefreut. Jetzt rufen sie den Shuttleservice.

Gegen 10 Uhr lässt der Nieselregen nach und das Wetter ist jetzt zum Wandern ganz angenehm. Der Nebel bleibt, aber die kühle, frische Luft tut gut. Einzig die aufgeweichten Wege machen manche Passagen rutschig.

Spendenaktion

An der Versorgungsstation bei Kilometer 25 steht ein kleiner Fanclub und feuert die Wanderer an. Es sind Mitarbeiter der Firma Elvermann aus dem Münsterland. Sie nutzen das Event für einen Sponsorenlauf, das heißt, jeder der 37 Starter hat sich vor dem Lauf Geldgeber gesucht, die jeden gelaufenen Kilometer unterstützen.

Nutznießer der Spende wird das Kinder- und Jugendhospiz Balthasar. Der Chef hat die Aktion unterstützt und übernimmt die Ausgaben für den Bus und trägt die Startgebühren, er kann sich später gemeinsam mit den Kollegen über 1850 gesponserte Kilometer freuen.

Die Stimmung ist durchweg gut, alle sind hoch motiviert für die gute Sache und es ist ihnen nicht anzumerken, dass sie schon um 5 Uhr morgens in den Bus gestiegen sind, um die 150 Kilometer anzureisen. Langsam spüre ich meine Waden, ich gehe nicht mehr so schnell, aber sonst geht es mir gut. Am kleinen rechten Zeh macht sich eine Druckstelle bemerkbar. Ich denke an die Wanderer, die am Wegesrand sitzen und Pflaster auf ihre Füße kleben. Werde ich bald auch dazugehören?

Mittagspause mit Nudeln

Es geht weiter. Im Wald bei Kilometer 33 höre ich eine fragende Stimme hinter mir: „Wo ist eigentlich die Nudel?“ Ich muss schmunzeln, bald schon taucht „die Nudel“ in Gestalt einer Essensstation vor uns auf. Mit dem Wissen, jetzt schon zwei Drittel der Strecke geschafft zu haben, schmeckt die Nudel mit Tomatensoße gleich nochmal so gut! Das Anlaufen nach der Mittagspause fällt schwer. Ich spüre deutlich meine Beine, klammere mich an die Erfahrung, dass es bald besser wird.

Julia hat es härter getroffen. Sie ist kurz vor der Pause falsch aufgetreten, spürt jetzt einen stechenden Schmerz im Knie. Sie flucht. „Ich werde wahnsinnig, ich gebe doch jetzt nicht auf!“ Sie beißt die Zähne zusammen und geht weiter, gegen den Schmerz. Später geht es wieder besser, aber ein Stechen im Knie wird bis ins Ziel bleiben. Julia ist aus Westerland angereist, gemeinsam mit ihrer Schulfreundin Kathrin aus Lindlar und deren Schwester Nina aus Basel bilden sie das Team „Prosecco“. Die Drei feiern ihr Wiedersehen.

40 Kilometer geschafft

Ein Schild kündigt an, dass ich jetzt 40 Kilometer geschafft habe. Die Muskeln in meinen Beinen werden trotz Magnesium härter, ich laufe nicht mehr so rund. Unterhalten mag ich mich nicht mehr, setzte immer nur einen Fuß vor den anderen. Bei Kilometer 45 wird mir klar: Jetzt laufe ich nur noch fürs Ego. Ohne den Rahmen dieser Veranstaltung hätte ich längst abgebrochen.

Ob ich noch einmal mitmache? „Niemals“, schreien meine Beine, doch mein Kopf ruft: „Wahnsinn, was du heute geschafft hast!“
Claudia Kippels-Klug am Ziel nach 50 Kilometern

Im Ziel hole ich mir ein alkoholfreies Bier und lasse mich auf einen der Klappstühle plumpsen. Neben mir machen junge Leute noch Turnübungen. Es sind die „Akrobatic Allstars“ vom Hochschulsport Aachen. „Woher haben sie noch diese Energie?“, frage ich mich, während ich im Schneckentempo vom Marktplatz ziehe. Ob ich noch einmal mitmache? „Niemals“, schreien meine Beine, doch mein Kopf ruft: „Wahnsinn, was du heute geschafft hast!“

Ich bin mir sicher: In einer Woche, wenn meine Beine wieder still sind, wird die Antwort „Ja“ lauten. (Claudia Kippels-Klug)


Die Bergische 50 in Zahlen und Fakten

Mehr als 2900 Anmeldungen hat es für die „Bergische 50“ gegeben, 2658 Wanderinnen und Wanderer sind am Start. Angeboten wurden zwei Alternativen. Die Teilnehmer konnten wählen zwischen der „Bergischen 50“ und der „Bergischen 25“.

Der Schnellste der „Bergischen 25“ bewältige die Strecke in zwei Stunden und zwei Minuten. Nach rund vier Stunden und 35 Minuten war der erste Teilnehmer der „Bergischen 50“ im Ziel. Der Wanderevent fand bereits zum achten Mal statt, zum fünften Mal in der Hansestadt Wipperfürth. Der Ausrichter „Masterlogistics“ und die Stadt Wipperfürth haben den Vertrag bis 2028 verlängert. (cor)