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Falco vertelefonierte bei ihm 400 DMWipperfürths Wirt Jonny Johnen blickt zurück

Lesezeit 4 Minuten
Wirt Jonny und sein Sohn Carsten Johnen sitzen in seinem Lokal an einem Tisch.

Jonny und sein Sohn Carsten Johnen.

Es gibt viele Bezeichnungen für einen Mann wie Waldemar Johnen, den sie in Wipperfürth alle Jonny nennen: Urgestein, Institution oder „bekannt wie ein bunter Hund“. Kraftwerk wäre auch passend, denn wo er die Energie für ein solches Leben hernimmt, weiß er selbst nicht so genau.

Jonny Johnen hat ein besonderes Jubiläum zu feiern. Dieses Jahr – vor genau 50 Jahren – hat er in der Hansestadt seine erste Kneipe eröffnet, das legendäre „El Pescador“ in der Unteren Straße. 50 Jahre Gastronomie! Da bleiben zwei Dinge. Erstens: Jonny kennt jeden und jeder kennt Jonny. Als wir Jonny im Außenbereich der Penne treffen, dem Lokal, das mittlerweile sein Sohn Karsten führt, da wird gefühlt alle fünf Minuten jemand begrüßt und geschnackt. Der Hans, der Andi und die Gabi. „Bleibt es bei morgen?“ „Ja klar“. „Also bis dann“.

Ein Bus wurde zur Kneipe

Zweitens: Nach 50 Jahren Gastronomie hat man so einiges zu erzählen. Und Jonny erzählt, von der „Alten Post“, seiner zweiten Kneipe, „Jonny´s Pub“, wo die Wipperfürther Gymnasiasten ihr Abitur gefeiert haben, seinem „Drinkmobil“, einem Bus, den er der Kraftverkehr Wupper-Sieg abgekauft hat. 10 Tische, 36 Sitzplätze, Kühlanlage für 175 Liter Bier. Den verlieh Jonny Johnen an Kirmessen und Weihnachtsmärkte.

Schriftzug „Meddle“ auf rotgelben Hintergrund. Die Grafik sieht aus wie eine Disco-Kugel.

Das Meddle - eine legendäre Disco.

Schließlich das „Meddle“ in der Kaiserstraße, die erste Disco in Wipperfürth, die anfangs noch ein sperriges „Multimedia-Musiccentre“ mit im Namen führte. Um die Musik- und Lichtanlage zu kaufen, reiste Johnen eigens nach London, weil es da die neusten Sachen gab. Klar.

Die Zeit der freien Liebe

Nach einem kleinen Abstecher nach Lindlar über die Kneipe „Engpass“ stellte sich Johnen Ende der 70er seinem vielleicht größten Abenteuer und erwarb den Bergischen Hof am Marktplatz, die heutige Penne. Abenteuer deshalb, weil das Haus von 1699 eine echte Bruchbude war, zwei Jahre dauerte die Renovierung.

Das alte Gebäude, in dem die „Penne“ sitzt.

Die heutige „Penne“, früher der „Bergische Hof"

“Außerdem legte ihm die Stadt Wipperfürth Steine ihn den Weg, indem sie ihn bei der Versteigerung des Hauses so lange überbot, bis er ausstieg. 185 000 DM berappte die Stadt für den Schuppen, um ihn ein paar Monate später für 155 000 Mark wieder zu verkaufen. An Jonny Johnen. „Dieser Spaß kostete den Steuerzahler 30 000 DM“ stand damals in der Zeitung zu lesen.

Auf tausend Hochzeiten getanzt

Eigentlich hätte die Penne seine letzte berufliche Station werden sollen. 1997 übernahm sein Sohn und Jonny arbeitete bei ihm als Angestellter. Aber zwei Kumpels hatten Probleme mit einem Steakhaus und so übernahm Johnen 2009 nochmal für gut zwei Jahre das „Alte Amtsgericht“. Aber den heute 78-Jährigen auf seine Rolle als Wirt zu reduzieren, würde ihm nicht gerecht.

Ein alter Bus, der „Drinkmobil“ heiß.

Das „Drinkmobil“.

Obwohl er nur zwei Mal verheiratet war, tanzte der Mann auf tausend Hochzeiten und weiß entsprechende Anektdötchen zu berichten. 1981 hat mal so ein Österreicher ein paar Nächte bei ihm gepennt. 400 Mark hat der „Schweinehund“ in 12 Tagen vertelefoniert. Ein paar Wochen später wurde der Alpenländer als Falco mit dem Lied „Der Kommissar“ weltberühmt.

Fünf Jahre im Stadtrat

Jonny erzählt von Rockkonzerten, auf denen er war und schweigt über Frauenbekanntschaften („das war ja früher eine wilde Zeit damals mit freier Liebe und so“). In seiner Scheune steht eine Honda von 1962, die erste, die es in Deutschland gab, außerdem eine dänische Nimbus Baujahr 43 und man möchte nicht wissen, was sonst noch alles.

„Ich habe nie etwas weggegeben im Leben“, sagt er. Für die FDP hat Johnen fünf Jahre im Stadtrat gesessen, er besitzt vier Patente und einen Gebrauchsmusterschutz. Sein Buch über Bautechnik kann man noch heute in der Technischen Universität Berlin ausleihen, geschrieben hat er mehrere.

„Ich habe kein Handy und kein Internet, ich stehe mitten im Leben“

Seit 20 Jahren bespaßt er Kita-Kinder als Nikolaus. Die Kinder ziehen dann immer an seinem grauen Rauschebart und sind erstaunt, dass er echt ist. 40 Schafe hat er mal gehabt, jetzt sind es nur noch ein paar Hühner, damit er jeden Tag ein frisches Ei auf dem Tisch hat. Eine seiner großen Leidenschaften ist es, auf Flohmärkten alte Silberbestecke zu kaufen und die einschmelzen zu lassen. Dieses Hobby verfolgt er derart obsessiv, dass die Scheideanstalt in Pforzheim irgendwann eine eidesstattliche Erklärung verlangt hat, dass er das Zeug nicht geklaut hat, erzählt er lachen.

Ein alter Flyer, der eine Kasse auf rotem Hintergrund zeigt.

Eine Erinnerung an "Jonnys Pub".

Überhaupt hat es Jonny eher mit alten Dingen. Einmal im Leben habe er sich ein neues Auto gekauft, sonst immer nur alte Karren gefahren. Schon sein ganzes Leben lang hat er die gleiche Telefonnummer. Warum junge Leute stundenlang auf einen 7-Zoll-Monitor starren, kann Jonny überhaupt nicht verstehen. „Ich habe kein Handy und kein Internet, ich stehe mitten im Leben“, sagt er.

Deshalb liebt er wahrscheinlich auch seine Stadtführungen durch Wipperfürth, die er viele Jahre lang ehrenamtlich angeboten hat und die er gerade nicht machen kann, weil er nicht gut zu Fuß ist. Im Frühjahr wurde Johnen mehrfach am Rücken operiert und ist momentan auf Krücken angewiesen. Auch sonst ist er gesundheitlich angeschlagen. Aber der Mann, der da vor seiner alten Penne sitzt, versprüht eine Lebensfreude und Zuversicht, die ihresgleichen sucht. Ein echtes Urgestein eben.