ChancengleichheitGesundes Aufwachsen für alle!
Köln – „Gesundheit entsteht auch dadurch, dass die Gesellschaft, in der man lebt, Bedingungen herstellt, die all ihren Bürgerinnen und Bürgern Gesundheit ermöglichen“. Wie weit Wunsch und Wirklichkeit manchmal auseinanderliegen können, zeigt diese Definition der Weltgesundheitsorganisation (WHO) von Gesundheit. Denn im Alltag vieler – vor allem junger Menschen – stellen Armut, soziale Benachteiligung und mangelnde Bildung auch hierzulande ein erhebliches Gesundheitsrisiko dar, sind die Chancen auf ein gesundes Auswachsen unfair verteilt.
So haben 15 bis 20 Prozent unserer Kinder und Jugendlichen deutlich schlechtere Gesundheitschancen als der Rest ihrer Altersgenossen. Eine aktuelle DAK-Studie beweist eindeutig den Zusammenhang zwischen Armut, Bildung und Gesundheit – und zeigt: Je niedriger der Bildungsstatus und das Einkommen der Eltern, desto höher ist das Risiko, dass die Kinder krank werden. Das nüchterne Fazit der Autoren: „Die gesundheitliche Ungleichheit zwischen den Familien ist größer als gedacht. Es gibt nachweislich erhöhte Risiken für benachteiligte Kinder“ – die zudem über weniger soziale und kognitive Ressourcen verfügen, diese Gefahren abzuwehren oder auszugleichen.
So Können Sie helfen
Mit „wir helfen: weil alle Kinder eine Chance brauchen“ bitten wir um Spenden für Projekte, die benachteiligte Kinder und Jugendliche in der Region unterstützen und ihnen eine lebenswerte Zukunft ermöglichen. Bislang sind 1032138,62 Euro eingegangen.
Die Spendenkonten lauten:
„wir helfen e.V.“
Kreissparkasse Köln, IBAN:
DE03370502990000162155
Sparkasse Köln-Bonn, IBAN:
DE21 37050198 0022252225
Kontakt: „wir helfen“, Amsterdamer Straße 192, 50937 Köln,
0221/224-2840 (Spenden)
www.wirhelfen-koeln.de
Auch die „Kiggs“-Langzeit-Studie des Robert-Koch-Instituts zur gesundheitlichen Lage der Kinder und Jugendlichen in Deutschland ergab: Drei- bis 17-Jährige aus Familien mit niedrigem Sozialstatus sind häufiger stark übergewichtig (zehn Prozent) als Gleichaltrige aus sozial besser gestellten Familien (zwei Prozent) und sie sind weniger körperlich aktiv, das heißt, an weniger als zwei Tagen pro Woche mindestens 60 Minuten (15 gegenüber sechs Prozent).
Wir alle sind gefragt
Umgekehrt hängen Gesundheit und Wohlbefinden aber stark mit den gesellschaftlichen Chancen junger Menschen zusammen. Ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss – auch um den sozialen Frieden in unserem Land nicht zu gefährden. Dass hier die gesamte Gesellschaft gefragt ist – und nicht allein das Gesundheitswesen oder die Kinder- und Jugendhilfe, das bestätigt auch Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) in Köln: „Die Gesundheit aller zu erhalten, zu fördern oder wieder herzustellen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und erfordert das Engagement von vielen Verantwortlichen, zum Beispiel auch der Städteplanung und des Umweltschutzes.“
Denn: Bildung, Wohnumfeld, finanzielle und soziale Ressourcen haben erheblichen Einfluss auf die Gesundheit von Menschen, liegen aber primär nicht in der Verantwortung des Gesundheitssystems, so Thaiss.
Anna Schweda vom Deutschen Jugendinstitut e.V. sieht das ähnlich: „Einzelmaßnahmen wie Kurse und Beratungen können in Einzelfällen zwar sinnvoll sein – vorausgesetzt sie setzen an den Gewohnheiten der jungen Menschen an und wirken nicht stigmatisierend. Insgesamt gesehen sind solche Maßnahmen aber wenig effektiv, denn sie beziehen sich oft nicht auf die konkreten Lebenswirklichkeiten und Probleme der Jungen und Mädchen.“
Die Erziehungswissenschaftlerin wirbt für Lösungen, die auch an den gesellschaftlichen Strukturen ansetzen. „Es ist wichtig, die Lebensumstände der Menschen so zu gestalten, dass es ihnen leichter fällt, Entscheidungen zu treffen, die sich positiv auf die Gesundheit auswirken können.“ Entscheidend sei dabei zum einen der Lebensstil, der in der Familie vorgelebt, aber mit zunehmendem Alter der Kinder immer unwichtiger wird. Es müssten vielmehr ihre Wohnumgebungen und Lebenswelten – wie Spielorte, Kitas und Schulen – gesundheitsorientierter gestaltet werden.
Nur Pommes am Schulkiosk
„Wenn zum Beispiel im Schulkiosk nichts anderes angeboten wird als Pommes und Schokoriegel, wird es immer Kinder geben, die regelmäßig darauf zurückgreifen“, kritisiert Schweda. Vor allem aber müssten junge Menschen selbst gefragt werden, „wie sich ihr Wohlbefinden steigern lässt.“ Ob und wie oft sie sich Kinder und Jugendliche in ihrer Freizeit bewegen, dafür sind nämlich neben der Motivation beispielsweise auch städtebauliche Gegebenheiten ausschlaggebend. Wie viele Grünflächen stehen zur Verfügung? Wie viele Sportangebote? Wie ist es um die Sicherheit im Stadtteil bestellt? Und wie um den Verkehr?
Arm macht krank
Eine wirksame Gesundheitsförderung müsste daher stärker als bisher die gesellschaftlichen Verhältnisse im Blick haben. Kinderschutzorganisationen und Sozialverbände fordern deshalb vom Gesetzgeber, Aktionen zu entwickeln, die bei der Beseitigung von Armut und sozialer Benachteiligung ansetzen – wie zum Beispiel die Einführung einer Kindergrundsicherung. Dabei geht es darum, Kindern und Jugendlichen direkt eine staatliche Leistung zur Sicherung ihres Existenzminimums zukommen zu lassen.
Hilfe von Anfang an
Auf kommunaler Ebene bemüht sich unter anderem das von der BZgA ins Leben gerufene Aktionsbündnis „Gesundheit für alle“ um eine faire Verteilung von Gesundheitschancen. Es unterstützt Städte und Gemeinden dabei, ihrer Selbstverpflichtung nachzukommen und sogenannte Präventionsketten auf- und auszubauen. Bei Präventionsketten geht es darum, Kinder, Jugendliche und ihre Familien vor Ort durch aufeinander abgestimmte Aktivitäten vorbeugend zu unterstützten. Zentrales Anliegen ist dabei, die beteiligten Frühen Hilfen, Kitas, Schulen und Jugendzentren miteinander zu vernetzen.
Dormagener Modell
Wie und vor allem dass Präventionsketten funktionieren, zeigt das „Dormagener Modell“. Seit 2006 wird in der nordrhein-westfälischen Stadt eine flächendeckende Präventionskette umgesetzt, um junge Menschen und ihre Familien so früh wie möglich und vor allem lückenlos zu unterstützen – von der Schwangerschaft bis zum Berufseinstieg des Kindes.
Die Stadt baut frühzeitig Kontakt zu allen Eltern auf, so dass Probleme rechtzeitig erkannt und gelöst werden können. Wenn nötig, werden die Kinder bis zu ihrer Ausbildung individuell begleitet und unterstützt. In Dormagen versammeln sich viele kommunalpolitische Akteure an einem Tisch, um gesundheitsfördernde Lebensbedingungen für Kinder in der Region zu entwickeln – mit dem Ergebnis, dass beispielsweise fast alle Kinder eine Kita besuchen. Wovon insbesondere sozial benachteiligte Kinder profitieren, unter anderem durch eine bessere Sprachentwicklung, die langfristig wichtig für den schulischen Erfolg ist – und für die Gesundheit.