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Ehrenamt in KölnWegbegleiter für Kinder und Jugendliche dringend gesucht

Lesezeit 4 Minuten
Jugendliche halten ein Banner mit der Aufschrift „Ehrenamt“ in den Händen.

Auch in Köln und der Region werden mehr ehrenamtliche Aktive gebraucht, die helfen, die Angebote der Kinder- und Jugendhilfe zu sichern.

Die Nachfrage nach Hilfsangeboten steigt, doch auch in Köln ist die Kinder- und Jugendhilfe am Limit. Hoffnungsträger sind Ehrenamtliche, denen wir eine neue Serie widmen.

In Zeiten vielfältiger Krisen ist ehrenamtliches Engagement gerade in der Kinder- und Jugendhilfe geforderter denn je. Enorm viele junge Menschen brauchen Unterstützung bei der seelischen und sozialen Bewältigung der Pandemie-Folgen. Die Zahl der von Armut betroffenen Kinder und Jugendlichen steigt rasant, ebenso wie die der jungen Menschen mit Förderbedarf. Geflüchtete Jungen und Mädchen sind bei ihrer Integration auf Hilfe angewiesen. Und auch auf der „Baustelle Bildung“ gibt es einiges zu tun.

Doch die Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sind in Köln und der Region wie anderswo in der Republik am Limit: Infolge der Pandemie verstärkte sich die Nachfrage nach ihren Hilfsangeboten, zeitgleich kämpfen sie mit Kostensteigerungen durch Inflation, mit erhöhten Energiepreisen und Fachkräftemangel.

Ehrenamtliche: Hoffnungsträger oder Lückenfüller?

Hoffnungsträger sind in dieser angespannten Lage freiwillig Engagierte, die helfen, die dringend nötigen sozialen Dienstleistungen aufrechtzuerhalten, die benachteiligten jungen Menschen ein gesundes Aufwachsen und faire Bildungs- und Zukunftschancen ermöglichen.

Doch freiwillig Engagierte sind rar. Laut einer aktuellen Studie der Stiftung für Zukunftsfragen könnten sich zwar fast ein Drittel der Bundesbürgerinnen und Bundesbürger hierzulande ein ehrenamtliches Engagement vorstellen. Insbesondere die unter 30-Jährigen gaben an, bereit zu sein, sich freiwillig für das Gemeinwohl einzusetzen. Doch dieses Bekenntnis spiegelt sich nicht in den Engagements-Raten wider.

Auch Arbeitgeber sind in der Pflicht, ehrenamtliche Arbeit stärker anzuerkennen und zu fördern – etwa über flexiblere Arbeitszeiten. Die Politik könnte Anreize zum Beispiel durch kostenlose Haftpflichtversicherungen oder steuerliche Vorteile schaffen
Andrea Walter, Ehrenamtsforscherin von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in NRW

Tatsächlich ist bundesweit nur etwa jede und jeder Siebte wenigstens einmal pro Woche ehrenamtlich aktiv. Knapp zwei Drittel der Deutschen tun es gar nicht. Als Gründe für diese Diskrepanz zwischen möglichem und tatsächlichem Engagement nennt die Studie an erster Stelle den Zeitmangel aufgrund beruflicher und privater Verpflichtungen. Zudem hätten viele Menschen das Gefühl, beim Ehrenamt ausgenutzt zu werden, und bemängelten die fehlende Anerkennung seitens der Politik, der Unternehmen und der Gesellschaft.

Andere kritisieren, dass Ehrenamtliche mit ihrem Engagement Lücken ausfüllten, die entstünden, wenn der Staat sich aus der öffentlichen Daseinsfürsorge zurückzieht. Schließlich dürfe das Ehrenamt nur Ergänzung zu öffentlich finanzierten und professionellen Hilfen sein.

Großer Beitrag für das gesellschaftliche Miteinander

So viel zu den problematischen Seiten des Ehrenamts. Fest steht aber auch: Vor dem Hintergrund der aktuellen Krisen und Konflikte kann ehrenamtliches Engagement einen enorm großen Beitrag dazu leisten, den gesellschaftlichen Zusammenhalt und das Miteinander zu stärken. Weshalb wir ihm eine neue Serie widmen, in der wir in regelmäßigen Abständen mögliche Einsatzgebiete bei lokalen und regionalen Initiativen, Projekten und Organisationen vorstellen – sowie Menschen, die dort bereits aktiv sind.

Das Logo der neuen „wir helfen“-Serie, die über die Einsatzmöglichkeiten von ehrenamtlich Aktiven in Köln und der Region informiert, ist blau und rot gestaltet, zu sehen sind zwei große und drei kleine Strichmännchen, die sich an den Händen halten. Die Serie heißt Ehrensache. Freiwillige für die Kinder- und Jugendhilfe dringend gesucht.

Das Logo der neuen „wir helfen“-Serie, die über die Einsatzmöglichkeiten von ehrenamtlich Aktiven in Köln und der Region informiert.

Schließlich ergab die Studie auch, dass zwar viele bereit wären, sich zu engagieren, aber keine Vorstellung davon hätten, wo und wie genau. In dieser ersten Folge unserer Serie „Ehrensache“ soll es zunächst um den Status quo des Ehrenamts, um Zahlen und Fakten, aber auch um Möglichkeiten, es zu stärken, gehen.

So liefert der „Ehrenamtsatlas 2024“, eine repräsentative „Forsa“-Umfrage, neueste Zahlen zum Ehrenamt in NRW – und zeigt, dass sich Ehrenamtliche attraktivere Bedingungen, eine gesicherte Finanzierung, Bürokratieabbau, mehr Freiräume und mehr Wertschätzung wünschen. Sie haben sehr klare Vorstellungen, wie ihr Engagement dauerhaft gut gelingen kann: Es muss möglich, attraktiv und sichtbar sein.

Ehrenamt in NRW ist 20,9 Milliarden Euro wert

Die wichtigsten Zahlen der Studie in Kürze: Mit acht Millionen Erwachsenen, das sind 54 Prozent der Volljährigen, engagieren sich in NRW deutlich mehr Menschen ehrenamtlich als im Bundesdurchschnitt. Sie bringen dafür jeweils rund 208 Stunden im Jahr auf. Würde man ihnen allen den Mindestlohn zahlen, bekämen sie für ihr Engagement insgesamt 20,9 Milliarden Euro.

Die meisten Freiwilligen sind im Bereich „Sport“ aktiv (26 Prozent), in „Religion, Kirche und Seelsorge“ (21 Prozent) und der Nachbarschaftshilfe (18 Prozent). Für Kinder und Jugendliche setzen sich „nur“ 15 Prozent ein. Zehn Prozent unterstützen physisch, psychisch oder sozial Benachteiligte. Acht Prozent sind in der außerschulischen Bildungsarbeit für Jugendliche aktiv und sechs Prozent in der Flüchtlingshilfe.

Auch Arbeitgeber sind in Punkto Ehrenamt in der Pflicht

Wissenschaftlich begleitet hat die Umfrage Andrea Walter. Die Ehrenamtsforscherin von der Hochschule für Polizei und öffentliche Verwaltung in NRW betont: „Viele ehrenamtlich Tätige wünschen sich bessere Rahmenbedingungen. Ein starker Anreiz kann etwa die Möglichkeit zur digitalen Ausübung der Tätigkeit von zu Hause sein, was sich 33 Prozent wünschen. Auch Vergünstigungen, etwa beim ÖPNV, reduzierte Mitgliedsbeiträge in Bädern, Fitnessstudios oder ein Bonus bei der Rente wären starke Anreize.“

Die Forscherin sieht auch Arbeitgeber in der Pflicht, ehrenamtliche Arbeit stärker anzuerkennen und zu fördern – etwa über flexiblere Arbeitszeiten. Die Politik könne Anreize zum Beispiel durch kostenlose Haftpflichtversicherungen oder steuerliche Vorteile schaffen. Schließlich würde Wertschätzung laut Walter für viele Ehrenamtliche in guten Rahmenbedingungen und gelebter Anerkennung konkret.

Dazu passt, dass nur 41 Prozent Urkunden oder andere Ehrungen, die sie sich ans Revers heften können, für eine gute Wertschätzung hält. Knapp 80 Prozent würden sich aber durch eine Anrechnung ihres Engagements auf die Rente oder Freistellungen durch den Arbeitgeber wertgeschätzt fühlen – und 64 Prozent durch mehr Berichterstattung in regionalen Zeitungen.


Hier gibt's erste Infos rund ums Ehrenamt in Köln

  1. Kölner Netzwerk Bürgerengagement: Das städtische Angebot informiert unter anderem über Einsatzmöglichkeiten und Fortbildungen und bietet auf der Homepage eine digitale Ehrenamtsbörse samt Suchfunktion
  2. Kölner Freiwilligenagentur: Vermittlungs- und Entwicklungsagentur für bürgerschaftliches Engagement